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Anzeige und Ächtung

Ein Facebook-Kommentar, in dem die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa übelst beleidgt wird, sorgt für mehrerlei Konsequenzen.
Brigitte Foppa
Foto: Grüne Verdi Verc

Es war nicht das erste und vermutlich wird es nicht das letzte Mal bleiben. Vorige Woche ist die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa auf Facebook übel beleidigt worden – in einem Kommentar auf der Facebook-Seite des Freiheitlichen Jugend-Sprechers Oscar Fellin. Dieser kritisiert die Grünen für ihre Haltung in der Flüchtlingspolitik, die Forderung, “Migranten aus Griechenland” aufzunehmen als “Dienst am eigenen Gutmenschen-Wählerklientel”. Darunter taucht folgender Kommentar auf, gepostet von einem Account eines gewissen Bernd R.: “die Foppa konn fünfe nemmen,am besten guatbestückte Männer,dass sie amol so richtig hergnuman weard.”

Nachdem Tageszeitung Online am Freitag darüber – samt Screenshot des Kommentars – berichtet, brandet eine Welle der Empörung auf. Von politischen Kollegen und Gegnern, von Frauen sowie Männern erfährt Brigitte Foppa Solidaritätsbekundungen. Auch vom Freiheitlichen Parteiobmann Andreas Leiter Reber. Als er von dem “widerlichen Kommentar” erfahren habe, habe er den Jugendsprecher seiner Partei umgehend informiert, so Leiter Reber. Fellin habe ihn dann gelöscht und den Verfasser blockiert. Außerdem habe sich Fellin bei Brigitte Foppa gemeldet “und sich entschuldigt, diesen Kommentar nicht eher gesehen zu haben”.

Zugleich wird die Grüne Landtagsabgeordnete von vielen Seiten eindringlich darum gebeten, den Kommentar zur Anzeige zu bringen. “Bitte lass es an Konsequenzen nicht fehlen, damit unserer Gesellschaft endlich klar wird, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist”, appelliert die SVP-Frauensprecherin Renate Gebhard. Das wird sie auch tun, teilt Foppa am Samstag mit: Sie werde sich an die Postpolizei wenden – als Zeichen von Zivilcourage, aus Solidarität mit anderen Frauen und zur Prävention. Mit dem Dank für den Zuspruch, stellt die Grüne auch folgendes fest: “Das vielstimmige Statement gegen diesen Vorfall zeigt, dass sich etwas bewegt hat. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit war frau ganz allein mit diesen Kommentaren.

Die Nachricht, dass Foppa Anzeige erstatten wird, wird auf Facebook nicht nur wohlwollend kommentiert, die Grüne als selbst Schuld an dem Hasskommentar dargestellt: “Dann miasat sie 80% von da bevölkerung unzoagn weil se alle so denkn”, “Sonst hat sie was drauf? 5 hätte sie sowieso nie bekommen…”, “Liebe Frau Foppa,wenn Sie sich für die Einheimischen einsetzen würden,dann währe es zu diesem Post nicht gekommen,aber Sie setzen sich in Zeiten wie diesse für die falschen Menschen ein,sprich Flüchtlinge die wir jetzt nicht brauchen können (…)”.

Für Markus Lobis ist die Zeit gekommen, zu handeln. Der gebürtige Brixner, der unter anderem als Moderator und Kommunikationscoach tätig ist, hat, gemeinsam mit anderen, eine “Initiative gegen sexualisierte Gewalt und die Verrohung der Kommunikation” ins Leben gerufen, die am Montag Abend starten wird. #esreichtorabasta, so der Slogan. “Es soll eine Initiative aus der Zivilgesellschaft für die Zivilgesellschaft sein”, so Lobis. Das Ziel: einen Prozess der Ächtung gegenüber den Verfassern von Hasspostings anstoßen. “Es müssen ihnen Grenzen aufgezeigt werden, sie müssen wissen, dass ihr Handeln nicht ohne Konsequenzen bleibt.”

 

Aus einem ersten Zoom-Meeting, das am Montag (18. Jänner) um 17 Uhr und in Absprache mit Brigitte Foppa stattfindet, sollen eine Handvoll Webinare entstehen, bei denen Expertinnen und Experten zu Wort kommen sollen, so die Idee. “Am Ende könnte ein Forderungskatalog oder eine Petition zum Thema Kommunikation im öffentlichen Raum stehen”, erklärt Lobis, der die Initiative als “soziokulturelles und soziokommunikatives Experiment” sieht.

Inwieweit sieht der Kommunikationsfachmann auch Medien in der Verantwortung, stärker gegen Hasskommentare – in ihren Online-Foren und auf ihren Social-Media-Kanälen – vorzugehen? “Reglementierung merzt negative Meinungen nicht aus. Kommentare selektiv löschen oder zensieren löst das Problem nicht, sondern stößt vielmehr einen gruppendynamischen Prozess gegen das Medium selbst an”, meint Lobis.

 

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Lollo Rosso Mo., 18.01.2021 - 10:50

Und welcher normale Mensch hat um 17 Uhr an einem Werktag Zeit, da teilzunehmen? Wenn da mehr herauskommt als eine Gschaftelei, dann bin ich überrascht.

Mo., 18.01.2021 - 10:50 Permalink
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Heinrich Zanon Mo., 18.01.2021 - 12:04

Brigitte Foppa soll die Anzeige ohne weitere Bedenken erstatten und sie sollte vor allem den Strafprozess, der gegen den Urheber des Kommentars vermutlich eingeleitet werden wird, durchstehen, ohne auf Entschuldigungen oder auf die Bereitschaft des Täters zu irgendwelchen billigen Sühneleistungen (beispielsweise zu einer Spende) hereinzufallen.
Entgleisungen wie im Anlassfall rechtfertigen und erfordern endlich einmal eine seriöse strafrechtliche Ahndung, auch zum Zweck der Abschreckung. Das Gericht könnte meines Erachtens den Vorfall durchaus als schwerwiegend beurteilen und sich nicht zu besonderer Milde veranlasst sehen.
Frau Foppa verdient jede Solidarität.

Mo., 18.01.2021 - 12:04 Permalink
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Markus Lobis Mo., 18.01.2021 - 21:44

Antwort auf von Heinrich Zanon

Diese Bewertung ist hoch interessant und ich teile sie vollinhaltlich. In den allermeisten Fällen werden diese Fälle allerdings in der Vorermittlung eingestellt, weil Facebook mit Hinweis auf US-amerikanische Gesetzgebung die Zusammenarbeit verweigert und nicht bestätigt, dass die Identität des Kontoinhabers XY mit der des Bürgers XY übereinstimmt, den die Strafverfolgungsbehörden als Urheber vermuten.

Mo., 18.01.2021 - 21:44 Permalink