Gesellschaft | Analyse

Teststrategie im Test

Jetzt sollen Mailänder Forscher klären, was der Corona-Massentest Ende November gebracht hat. Der Auftrag beläuft sich auf 39.500 Euro.
Corona-Screening
Foto: Othmar Seehauser

Was hat der Corona-Massentest Ende November, bei dem sich über 360.000 Südtiroler einem Antigen-Schnelltest unterzogen haben, von denen 1 Prozent positiv resultiere, gebracht? An dieser Frage, die auch von der salto-Community eifrig diskutiert wurde, scheiden sich nach wie vor die Geister. Fest steht, dass die Infektionskurve seither nicht wie prognostiziert abgeflacht ist. Jetzt soll die Frage in Mailand wissenschaftlich geklärt werden. Die Führungsspitze des Sanitätsbetriebs hat das Forschungszentrum CERGAS an der Bocconi-Universität beauftragt, “die Auswirkung und das Kosten-Nutzenverhältnis der Teststrategien bezüglich des Covid19” zu beleuchten. Der Auftrag wurde Anfang der Woche vergeben. Für eine Summe von 39.500 Euro.

Als Grund für die Analyse gibt die Sabes-Führung an, dass man dabei sei, nach dem Antigen-Massentest vom November “die Zweckmäßigkeit von weiteren Screening-Eingriffen zu überprüfen”. Dazu wolle man zunächst über die konkreten Auswirkungen des Antigen-Screenings vor zwei Monaten auf das örtliche Gesundheitssystem sowie das Kosten-Nutzenverhältnis der Initiative Bescheid wissen. Um dann die Details für die Teststrategie der nächsten Monate festzulegen: Welche Tests sollen zur Anwendung kommen? Wie oft und in welchem Umfang soll getestet werden? Wie schauen die “konkreten operativen Modalitäten” aus?

Das Forschungszentrum CERGAS (Centro di richerche sulla gestione dell’assistenza sanitaria e sociale) wurde 1978 mit dem Ziel gegründet, Studien und Forschungsprojekte zum Gesundheitssystem zu entwickeln. Seit 2017 ist es an der SDA School of Management der Bocconi angesidelt. Im Laufe des Jahres habe CERGAS “ausführliche Kompetenzen im Bereich der Gesundheitspolitik und des Health Technology Assessment erworben” und bereits am 11. Dezember 2020 ein Angebot samt Vertragsentwurf vorgelegt, heißt es in dem Sabes-Beschluss. Das Angebot von 39.500 Euro liegt unter der Schwelle von 40.000 Euro, ab der der Auftrag hätte ausgeschrieben bzw. andere Anbieter hinzugezogen werden müssen. Daher konnte die Sabes-Spitze den Auftrag direkt an CERGAS vergeben.

Die Summe von 39.500 Euro wird in zwei Raten bezahlt: eine erste von 11.850 Euro am Vertragsabschluss, eine zweite von 27.650 Euro nach Projektabschluss. Angelegt ist es auf vier Monate, also bis Ende Mai.

Im Landtag liegen indes mehrere Anfragen der Opposition zu den Massentests auf: Team K, Grüne, PD und Alto Adige nel Cuore wollen unter anderem auch wissen, wie viel das Screening tatsächlich gekostet hat. Die Antworten stehen allesamt noch aus.

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Don Quijote Do., 21.01.2021 - 12:13

Vielleicht können dann auch einige Fragen geklärt werden, die sich aus den Aussagen bei der Landesmedienkonferenz CORONAVIRUS vom 11.12.2020 ergeben haben.
Generaldirektor des Sanitätsbetriebs Florian Zerzer: "Ein kleines Rechenbeispiel: Wir müssen davon ausgehen, dass 5 % von diesen Menschen Krankenhausbetreuung notwendig gehabt hätten, das bedeutet rund 180 Betten, die allein für diese positiv getesteten Menschen notwendig gewesen wären. Und wenn dann noch eine Stufe tiefer gehen: 10 % dieser Personen hätten aller Wahrscheinlichkeit nach intensiv betreut werden müssen, d. h. weitere 18 Intensivbetten."
Frage: Hat ein positives Testergebnis einen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf?

"Wenn Sie nun dieses Rechenbeispiel von Markus Falk weiterspinnen und sagen, diese 3.615 Menschen hätten in 20 Tagen - und ich habe hier eher defensiv gerechnet – rund 75.000 weitere Menschen infizieren können; das bei einem Reproduktionsfaktor, der defensiv gerechnet von mir mit 1,3 angenommen würde. Dann hätten wir von einigen Tausend Betten gesprochen."
Frage: Wenn nun, wie vom Biostatistiker Markus Falk berechnet, zum damaligen Zeitpunkt ca. 36.000 Personen infiziert waren und nur ca. 3.600 entdeckt, wieviele Menschen hätten dann infiziert werden müssen?

Biostatistiker Markus Falk: "Wenn man vor dem Massentest 20 Personen zufällig ausgewählt hat, zum Beispiel beim Einkaufen (wenn die Geschäfte damals offen gewesen wären), dann hätte man ca. in einem Viertel der Fälle einen Infektiösen angetroffen. Mittlerweile sind es ca. 6,8 %."
Frage: Warum waren es beim Massentest dann nur 1 %, die positiv getestet wurden?

Do., 21.01.2021 - 12:13 Permalink
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Thomas Unterwinkler Do., 21.01.2021 - 13:29

Ein Beitrag zur seinerzeit bei uns kontrovers diskutierten Frage nach der Anzahl der Falsch-Positiven kommt aus Wien:
Bei der jüngsten Runde der dortigen Massentests waren von 130.467 Antigen-Tests 264 positiv = 0,2%. Von diesen 264 positiven Antigen-Tests waren nach der (dort obligatorisch vorgesehenen) PCR-Überprüfung 28 falsch-positiv = 10,6%. Demnach waren von ALLEN Tests 0,02% falsch-positiv.
NB: Es handelt sich hierbei um keine Studie, sondern um eine statistische Angabe des Sprechers von Gesundheitsstadtrat Hacker.

Do., 21.01.2021 - 13:29 Permalink
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Klemens Riegler Fr., 22.01.2021 - 14:12

Antwort auf von Thomas Unterwinkler

... und wieviele waren Falsch-Negativ? 0,2% Infizierte scheint mir dann doch etwas wenig. Da gibt die Statistik leider nichts her, denn dann hätte man ja alle mit PCR nachtesten müssen. Und selbst dort gibt es eine Fehlerquote.
Sinn von Massentests? laut derzeitigem Stand ist es wohl nur jener, einige Infizierte heraus zu fischen, die man sonst nicht finden würde. Und dass selbst die Politik immer wieder etwas lernen kann.

Fr., 22.01.2021 - 14:12 Permalink
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Don Quijote Do., 21.01.2021 - 14:59

Ein weiterer Beitrag zu den seinerzeit auch kontrovers diskutierten Falsch-Negativen (Infizierte, die nicht als solche erkannt werden) ist im Ärzteblatt Deutschland vom 18. Jänner 2021 zu lesen.
Studie: Antigentests schlagen nur bei höherer Konzentration von SARS-CoV-2 an.
Im Vergleich zur PCR-Reaktion betrug die Sensitivität bei den verschiedenen Tests nur 24 bis 50 %. Die relativ geringe Trefferrate könnte auf die niedrige Viruskonzentration in den Abstrichen zurückzuführen sein.
In den Proben mit einer höheren Viruskonzentration in der PCR erzielten die Antigen-Schnelltests eine Sensitivität von 76 bis 100 %.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/120275/Studie-Antigentests-schla…
Frage: Sind Antigen-Schnelltests geeignet für Massentests?

Do., 21.01.2021 - 14:59 Permalink
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Klemens Riegler Fr., 22.01.2021 - 14:22

Antwort auf von Don Quijote

Ein Teil der "Fehlerquote" ist sicherlich auch auf die Testentnahme selbst zurück zu führen. Soweit ich mich erinnere müsste beim Antigen-Set 10 Sekunden "gebohrt" werden um die vom Hersteller angegebene Sensitivität zu erreichen. Und bei wem wurde 10 Sekunden gebohrt? (= 10 x Einundzwanzig sagen). PCR soll diesbezüglich weniger "empfindlich" sein, da es ja auch viel weniger Viruslast für die Auswertung braucht.

Fr., 22.01.2021 - 14:22 Permalink
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Martin Koellen… Fr., 22.01.2021 - 19:36

Antwort auf von G. P.

Im bugiardino steht:
"Insert a sterile swab into the nostril of the patient so that the swab reaches the depth equal to distance from nostrils to outer opening of the ear. Rotate the swab 3-4 times against the surface of the nasopharyngeal and withdraw the swab from the nasal cavity."

Fr., 22.01.2021 - 19:36 Permalink