Gesellschaft | Olympia

Ohne Tricolore und Mameli?

Italien drohte “keine Fahne, keine Hymne” bei Olympischen Spielen. Heinz Gutweniger hoffte bis zuletzt auf die Regierung. Die hat in einer Last-Minute-Aktion eingelenkt.
Olympische Jugendspiele 2018
Foto: CONI

So wie andere Sportfunktionäre von einer Katastrophe sprechen, will Heinz Gutweniger am Montag Abend nicht. Noch nicht. Als Präsident des lokalen Ablegers des Italienischen Nationalen Olympischen Komitees CONI ist Gutweniger über die “figuraccia planetaria”, wie das, was sich auch am Dienstag Morgen noch abzeichnete, in den italienischen Medien bezeichnet wurde, bestens im Bilde: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will Italien bzw. das CONI suspendieren. Was das bedeuten würde, weiß Heinz Gutweniger nur allzu gut. Bereits bei den Olympischen Spielen in Tokio im heurigen Sommer könnten die italienischen Sportler als neutrale Athleten antreten: “Keine Hymne, keine Fahne.”
Nur wenn die Regierung einschreitet, kann das Debakel noch abgewendet werden. Die Sitzung des IOC, auf der der Ausschluss beschlossen werden soll, findet am 27. Jänner statt. Doch in Rom herrscht politisches Chaos. Der Rücktritt von Ministerpräsident Giuseppe Conte steht bevor.

 

Reform als Politikum

 

Hintergrund der geplanten Suspendierung ist die Reform des CONI, die das Parlament mit dem Haushaltsgesetz für 2019 abgesegnet hat. Die Regierung Conte I und Sportminister Vincenzo Spadafora (M5S) haben das Italienische Olympische Komitee dem Ministerium für Sport und Gesundheit unterstellt und die Inhouse-Gesellschaft des Wirtschaftsministeriums CONI Servizi Spa in “Sport e Salute Spa” umbenannt. Die Aktiengesellschaft kümmert sich vor allem um die Entwicklung des Sports in Italien – nun untersteht sie der direkten Kontrolle der Politik. CONI-Präsident Giovanni Malagò lief von Anfang an Sturm gegen die Reform. Auch Heinz Gutweniger sah darin “ein reines Politikum”, mit dem “die Regierung die Machtverhältnisse verschieben will”.

Im IOC sah man durch die Reform die Autonomie des CONI untergraben, die alle Nationalen Olympischen Komitees laut Art. 27 der Olympischen Charta wahren müssen. Noch wenige Stunden vor der entscheidenden Sitzung bestätigten CONI-Funktionäre italienischen Medien, dass die Suspendierung unausweichlich sei. “Es steht auf der Kippe”, meinte hingegen der Südtiroler CONI-Präsident am Montag Abend, als salto.bz nachfragte, was der drohende Ausschluss des CONI für die künftigen Olympiaden und die Teilnahme der italienischen Athleten, aber auch für die Winterspiele Mailand-Cortina 2026 bedeuten würde. Denn mit der Suspendierung durch das IOC sind auch finanzielle Beiträge verbunden, die entfallen würden.

 

“Figuraccia” abgewendet

 

“Es ist noch verfrüht, eine Aussage zu treffen”, zeigte sich Gutweniger zurückhaltend. “Conte könnte das Reform-Gesetz noch im Sinne des IOC-Statuts abändern.” Wirklich daran glauben wollte kaum jemand. Doch es kam anders. Auf der allerletzten Sitzung des Kabinetts Conte 2 hat der Ministerrat am späten Dienstag Vormittag ein Gesetzesdekret verabschiedet, das die Autonomie des CONI gewährleisten bzw. wieder herstellen soll. Nur gut eine Stunde später hat sich Giuseppe Conte zu Staatspräsident Sergio Mattarella begeben, um seinen Rücktritt offiziell zu machen.

Dank der Last-Minute-Intervention der Regierung dürfte die Suspendierung des CONI mit all den – für das Prestige der Sportnation Italien äußerst unliebsamen – Folgen, vom Tisch sein. Die Entscheidung des IOC fällt, wie erwähnt, am morgigen Mittwoch, 27. Jänner. Für den heutigen Dienstag um 18 Uhr hat CONI-Präsident Malagò eine Pressekonferenz zu den jüngsten Entwicklungen einberufen. Am Vormittag informierte er den IOC-Präsidenten Thomas Bach: “La legge è ok, l’autonomia è salva”, habe Malagò am Telefon ausgerichtet, meldet die Nachrichtenagentur ANSA. Bach habe geantwortet: “Ich bin sehr froh.”

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G. P. Di., 26.01.2021 - 16:24

Es entbehrt nicht einer gewissen "Tragikomödie", dass ausgerechnet der Südtiroler Heinz Gutweniger sich um die Tricolore und die Mameli sorgt. Wie war das nochmal mit dem Stockholm-Syndrom …?

Di., 26.01.2021 - 16:24 Permalink
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Harald Knoflach Di., 26.01.2021 - 16:31

Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Einen sehr sehr langen.
Was im 21. Jahrhundert eigentlich ein Fortschritt und erstrebenswert sein sollte - nämlich die Entnationalisierung von sportlichen Wettkämpfen, die wieder die individuelle sportliche Leistung in den Mittelpunkt rückt - wird hier als Katastrophe und Debakel bezeichnet.

Di., 26.01.2021 - 16:31 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 26.01.2021 - 17:21

"Die Reihen fest geschlossen, wir sind zum Tod bereit", so heißt es frei übersetzt im Lied von Mameli. Das mit den fest geschlossenen Reihen kann ich dem Gutweniger noch abkaufen, das gibt es ja auch in dem von ihm sicher ebenso geschätzten Horst-Wessel-Lied, das auf dem Mameli-Lied beruht, aber dass er wirklich deswegen zum Tode bereit ist, wage ich zu bezweifeln. Aber behaupten kann man ja viel.

Di., 26.01.2021 - 17:21 Permalink
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Quo Vadis Südtirol Di., 26.01.2021 - 18:08

Täuscht es mich, oder sind die "italienischen" Wintersportler mit den größten und auffälligsten Nationalsymbolen unterwegs? Überdimensionale Flagge am Arm, ITA auf dem Rücken so groß..., alle anderen scheinen mir wesentlich dezenter und zurückhaltender unterwegs zu sein. Um sachliche und ehrliche Einschätzung, wie es andere beobachten, wäre ich dankbar. Vielleicht täusche ich mich ja wirklich. Südtiroler mit Stockholm-Syndrom müssen nicht unbedingt antworten. Da kommt nichts Neues.

Di., 26.01.2021 - 18:08 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 26.01.2021 - 19:43

Antwort auf von Quo Vadis Südtirol

Also die Abkürzungen auf dem Rücken sind bei allen Standard, egal ob GER, NORGE, ITA oder FRA. Was die Nationalfarben betrifft, sind wohl Frankreich, Polen, Österreich und Schweden am auffälligsten, bei diesen ist der ganze Rennanzug eine Nationalflagge. Bei Deutschland ist Schwarz-Rot-Gold auch zur Genüge zu sehen.

Di., 26.01.2021 - 19:43 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Di., 26.01.2021 - 19:22

Dem CONI geht es doch nur um das eine, um das es immer geht, Geld, und zwar viel Geld! Einem Malago' oder Gutweniger geht "tricolore und mameli" doch am Arsch vorbei, die wollen einfach nur das Geld der IOC.
Bei den meisten teilnehmenden Sportlern schaut es wahrscheinlich anders aus, ob es einem nun gefällt oder nicht.

Di., 26.01.2021 - 19:22 Permalink