Politik | Brixen

Peinliche Vergangenheit

Die Opposition im Brixner Gemeinderat protestiert mit einer gemeinsamen Pressemitteilung und Aktion gegen die Absage einer Gemeinderatssitzung. Die brisanten Hintergründe
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Foto: upi
Der Vorwurf ist hart. „Es ist Aufgabe der Gemeinderatspräsidentin, die korrekte Ausführung der Tätigkeiten des Gemeinderats zu gewährleisten, und zwar unter Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen“, heißt es in der gemeinsamen Presseaussendung. Darunter finden sich  die Unterschriften von acht Brixner Gemeinderäten. Es ist ein parteiübergreifendes Bündnis mit Seltenheitswert. Unterzeichner sind Sabine Mahlknecht und Ingo Fink (Team K), Verena Stenico und Markus Frei (Grüne Bürgerliste), Antonio Bova (Fratelli d’Italia), Maurizio Sabbadin (Insieme per Bressanone), Egon Gitzl (Freiheitliche) und Stefan Unterberger (Südtiroler Freiheit).
Auslöser der gemeinsamen Aktion der gesamten Brixner Opposition ist das Vorgehen der Regierungsmehrheit. Gemeinderatspräsidentin Renate Prader (PD) hat vor wenigen Tagen schriftlich die Absage der Gemeinderatssitzung mitgeteilt, die für Donnerstag dieser Woche einberufen war. Der offizielle Grund: „Fehlende Tagesordnungspunkte.
 

Es ist ein Schachzug der Mehrheit, der zumindest merkwürdig anmutet. Vor allem, wenn man den Hintergrund kennt. Denn die Oppositionsvertreter erinnern in ihrer Aussendung daran, dass für diese Sitzung 6 Anfragen, 3 Beschlussanträge sowie eine Interpellation eingereicht worden sind. Darunter findet sich auch eine politische Initiative, die den Brixner Koalition in arge Verlegenheit bringen könnte.
In der Presseaussendung heißt es: „Einer Klärung bedarf insbesondere die Interpellation der Oppositionsparteien zur Position des Bürgermeisters und des Stadtrats hinsichtlich der Übertragung von Verantwortung an Gemeindeverwalter, welche mit rechtskräftigem Urteil einen Strafzumessungsantrag in einem Strafverfahren vereinbart haben - wobei es hierbei um erschwerten Betrug sowie Falschbeurkundung gegenüber der öffentlichen Verwaltung gegangen ist.
Es geht dabei um die im Dezember 2020 erfolgte  Ernennung von Ferdinando Stablum zum Vizebürgermeister der Stadt Brixen. Stablum war nach dem Rücktritt des amtierenden Vizebürgermeisters Alberto Conci in den Gemeinderat nachgerückt. Stablum hat 2008 aber auf strafrechtlicher Ebene einen Vergleich wegen Falscherklärung und Beihilfe zum Betrug abgeschlossen. Der heutige Brixner Vizebürgermeister hat demnach gefälschte Berichte eines Brixner Ex-Bahnpolizei Chef ans Land bestätig, mit dem dieser rund 149.000 Euro an Fördermittel vom Land unrechtmäßig eingestrichen hat. Es gibt dazu auch ein Urteil des Rechnungshofes.
Für die Brixner Opposition ist die Sachlage augenscheinlich. Die SVP-PD-Regierungsmehrheit um Bürgermeister Peter Brunner will dieser peinlichen Diskussion im Gemeinderat ausweichen. Deshalb die Absage der Sitzung.
 
 
Die Angelegenheit muss sobald wie möglich geklärt und bereinigt werden, und zwar im Rahmen einer parlamentarischen Debatte, an welcher sich alle gewählten Volksvertreter*innen beteiligen und ihre Stellungnahmen dazu abgeben können“, sagen jetzt die Einbringer dieser Interpellation.
Und sie gehen auf Angriff über. Laut Gesetz muss der Gemeinderat innerhalb von 15 Tagen einberufen werden, wenn ein Fünftel der Mitglieder das schriftlich verlangt. Diesen Antrag hat jetzt die geeinte Brixner Opposition gestellt.
Wenn Politik nicht nur von den Mehrheitsparteien gemacht werden soll, dann ist der Opposition der Platz einzuräumen, der ihr zusteht“, heißt es in der gemeinsamen Aussendung. Und weiter: „Anfragen, Beschlussanträge und Interpellationen sind wesentliche Beteiligungs- und Kontrollinstrumente und sollten zeitnah behandelt werden – ohne Beteiligung und parlamentarische Debatte bleibt von Demokratie wohl nicht viel übrig.“
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Ingo Dejaco Di., 26.01.2021 - 15:51

Die einzige Verlegenheit, die ich hier erkennen kann ist, dass Vertreter der Opposition über die angeblich so peinliche Vergangenheit des Vize BM schon bei jener Gemeinderatssitzung, wo dieser bestätigt wurde, gewusst haben, aber nichts gesagt haben. Hintennach aber großes Geheule. Wenig glaubwürdig.

Di., 26.01.2021 - 15:51 Permalink
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Ingo Dejaco Mi., 27.01.2021 - 16:27

Antwort auf von Martin Mayr

Als Gemeinderat sollte mir zustehen zu beurteilen, ob eine Sitzung mit 4 Diskussionspunkten (die Anfragen werden auch schriftlich beantwortet), die keine unmittebaren Verwaltungsauswirkungen haben, notwendig ist. Normalerweise haben wir im Schnitt mindestens 15 bis 25 Diskussionpunkte auf der TO.

Mi., 27.01.2021 - 16:27 Permalink
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Martin Mayr Mi., 27.01.2021 - 17:40

Antwort auf von Ingo Dejaco

Sicher steht Ihnen dies als Gemeinderat zu. In meinen Augen ist allerdings im Januar 2021 eine Gemeinderatssitzung - über einen im Dezember 2020 ernannten VB, der einen Vergleich wegen Falscherklärung und Beihilfe zum Betrug gegenüber der ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG abgeschlossen hat (sic) - mehr als gerechtfertigt, auch wenn es der einzige Tagesordnungspunkt wäre. Finden Sie die Ernennung von Herrn Stablum als VB - mit seiner strafrechtlichen Vorgeschichte - als angebracht?
Bitte ersparen Sie sich die Antwort „... jeder macht Fehler...“ zumal diese Delikte die VB Stablum verglichen hat, keine Kavaliersdelikte darstellen, sondern m.M.n. eine kriminelle Geisteshaltung voraussetzen.

Mi., 27.01.2021 - 17:40 Permalink
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Manfred Gasser Do., 28.01.2021 - 17:35

Antwort auf von Ingo Dejaco

Führt ein Vergleich eigentlich zu einer Vortstrafe? Eigentlich egal, wer einen Vergleich eingeht, hat eine Straftat begangen, und hat in einem öffentlichen Amt nichts zu suchen. Immer fest auf die "italienischen Verhältnisse" schimpfen, und selbst keinen Deut besser, bravo SVP.

Do., 28.01.2021 - 17:35 Permalink
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Martin Mayr Do., 28.01.2021 - 21:58

Antwort auf von Ingo Dejaco

Keine Argumente mehr Herr Dejaco? Meine Meinung zur Rechtfertigung der Sitzung habe ich Ihnen schon mitgeteilt. Aber Sie können beruhigt sein, ich kann gut verstehen warum Sie als braver Parteisoldat versuchen diese Sache nicht im GR diskutieren zu müssen. Schämen Sie sich überhaupt nicht Herrn Stablum mit Ihrer Stimme zum VB verholfen zu haben, obwohl er einen Vergleich wegen FALSCHERKLÄRUNG und BEIHILFE ZUM BETRUG gegenüber der ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG abgeschlossen hat?
Sie brauchen mir nicht antworten. Da Sie bei der SVP sind kenne ich die Antwort schon.

Do., 28.01.2021 - 21:58 Permalink
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Martin Mayr Fr., 29.01.2021 - 00:13

Antwort auf von Ingo Dejaco

Sie selbst bestreiten die Sinnhaftigkeit der Sitzung (siehe Ihren Kommentar 14:05 Uhr)! Sie versuchen einzig und allein - als braver Parteisoldat - vom eigentlichen Thema abzulenken. Und das Thema ist der Umstand der Ernennung (auch Durch Sie), von Herrn Stablum zum VB.
Was die Fortführung der Diskussion anbelangt, so bin ich mit Ihnen einverstanden diese nicht fortzuführen. Mit jemanden wie Sie, der einen Herrn der solche Delikte verglichen hat zum VB wählt und dann die Sinnhaftigkeit einer Sitzung nach ca. einem Monat der Wahl bestreitet, hat es wirklich keinen Sinn zu diskutieren.
PS Verstehe beim besten Willen nicht warum Sie Herr Stafflers Kommentar erwähnen, zumal Herr Staffler meinem Verständnis nach die Sinnhaftigkeit einer Sitzung - im Gegensatz zu Ihnen - befürwortet.

Fr., 29.01.2021 - 00:13 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 28.01.2021 - 22:05

Antwort auf von Ingo Dejaco

Eine Gemeinderatssitzung zur Behandlung dieser heiklen Angelegenheit hätte sehr wohl Sinn. Der Gemeinderat ist ja dazu da, dass er nicht nur Beschlüsse des Stadtrates unbesehen absegnet, sondern dass er auch darüber diskutiert. Deswegen sind die Leute ja gewählt worden. Man kann daher einer Gemeinderatssitzung nicht die Sinnhaftigkeit absprechen. Dann könnte man ja gleich auf den Gemeinderat verzichten und die SVP allein entscheiden lassen. Das Argument, dass eine Diskussion überflüssig ist, weil die Opposition ja eh' keine Mehrheit hat, habe ich in meiner Tätigkeit im Gemeinderat oft genug gehört. Trotzdem glaube ich immer noch an den Wert der Demokratie, und dazu gehört meiner Meinung nach die Diskussion dazu.

Do., 28.01.2021 - 22:05 Permalink
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Ingo Dejaco Do., 28.01.2021 - 23:18

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Lieber Hartmuth, zur Wiederholung: Der Punkt kommt sowieso auf den Gemeinderat, es geht einzig um die Frage ob im Jänner (eigene Sitzung) oder im Februar, aber, wo oben erwähnt, die Personalie Vize BM Stablum wurde bereits diskutiert!!! Ich habe nicht gesagt, dass die Diskussion überflüssig ist, sondern dass es keine eigene Sitzung im Jänner braucht, weil das SCHON diskutiert wurde und man das genauso gut auch im Februar behandeln kann.

Do., 28.01.2021 - 23:18 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 30.01.2021 - 17:37

Antwort auf von Ingo Dejaco

Die Verschiebung einer doch recht wichtigen Diskussion lässt unwillkürlich den Verdacht aufkommen, dass man eine Aufarbeitung der unseligen Geschichte vermeiden will. Leider ist ja über den Fall noch nicht diskutiert worden, so dass durchaus Diskussionsbedarf besteht. Die Mehrheit hat wohl gehofft, dass sich niemand an die Ereignisse vor 20 Jahren erinnert, und beinahe wäre diese Rechnung auch aufgegangen. Es ist nur eine der vielen Leichen im Keller der SVP in Brixen. Wann wird endlich darüber diskutiert, ob man den Kriegsverbrecher Gennaro Sora weiter als Ehrenbürger haben will. Für den Kriegstreiber Battisti hat sich die SVP ja schon ausgesprochen, so dass man wohl auch den Giftgasmörder Sora gerne weiterhin ehrt.

Sa., 30.01.2021 - 17:37 Permalink
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△rtim post Di., 26.01.2021 - 16:27

Dümmer geht immer, hat sich bei ihrer Begründung
"Fehlende Tagesordnungspunkte.“
da wohl die Gemeinderatspräsidentin Renate Prader (PD) gedacht. Bei diesem Diskussions- und Klärungsbedarf spricht das leider nicht gerade für sie, weder für als Person noch als überparteiliche Gemeinratspräsidentin.

Di., 26.01.2021 - 16:27 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 28.01.2021 - 15:10

Die Angelegenheit Stablum ist mehr als peinlich, sie ist sozusagen hochnotpeinlich. Es handelt sich ja um eine strafrechtlich relevante Angelegenheit. Peinlich ist es für die SVP, wenn die gesamte Angelegenheit Giua neu aufgerollt wird, weil da ja auch die SVP eine sehr zweifelhafte Rolle gespielt hat. Es ist um viel Geld gegangen, das durch allerlei Tricks dem Land bzw. dem Landeshauptmann entlockt wurde, wobei natürlich auch das private Umfeld eine Rolle gespielt hat. Da deckt man lieber den Mantel des Schweigens darüber, und dann kommt die böse Opposition und will darüber reden, obwohl auch schon der "Brixner" dem Stablum einen Heiligenschein verpasst hat. Unverschämt.

Do., 28.01.2021 - 15:10 Permalink