Chronik | Fall Tenti

Bestätigtes Urteil

Das Oberlandesgericht hat im Berufungsprozess das Urteil gegen die ehemalige Landesbeamtin Katia Tenti und den Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare bestätigt.
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Foto: upi
Wir werden auf jeden Fall vor das Kassationsgericht ziehen“, sagt Carlo Bertacchi. Der Bozner Strafverteidiger vertritt den Bozner Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare in einem langwierigen Strafverfahren, das seit heute um ein Kapitel reicher ist.
Das Oberlandesgericht Trient, Außensektion Bozen hat am Dienstag in der Berufsverhandlung das Urteil erster Instanz bestätigt. Am Bozner Landesgericht waren Dalle Nogare und die ehemalige hohe Landesbeamtin Katia Tenti im Juli 2019 wegen Offenbarung und Nutzung von Amtsgeheimnissen oder Beihilfe dazu (Art. 326/3) und wegen Beeinflussung der Wahlfreiheit in einem Auswahlverfahren (Art. 353 bis Strafgesetzbuch) verurteilt worden.
Tenti erhielt zwei Jahre Haft, Dalle Nogare 2 Jahre und drei Monate. Zudem wurde die Landesbeamtin im Wartestand für diese Zeit von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen.
Während man Katia Tenti mildernde Umstände zuerkannt hat und die Strafen auf Bewährung ausgesprochen wurden, gewährte man Antonio Dalle Nogare keine Bewährung.
Damit wurde ein Verfahren in erster Instanz abgeschlossen, das mit einer Eingabe des damaligen Bozner M5S-Gemeinderates Alberto Fillippi bei der Bozner Staatsanwaltschaft Ende 2012 begonnen hatte. Im Mittelpunkt stand dabei die damalige Ressortdirektorin und rechte Hand von Wohnbau-Landesrat Christian Tommasini, Katia Tenti und der Bozner Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare. Die beiden waren zur damaligen Zeit ein Paar. Der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern gelang es durch modernste Abhörtechnik nachzuweisen, dass Tenti Inisiderinformationen und Dokumente weitergeben hat, die Dalle Nogares Unternehmen bei einer 25-Millionen Ausschreibung des Wohnbauinstitutes zum Bau von 100 Mittelstandswohnungen in Bozen zum Sieg verhelfen sollte. Nach mehreren Anzeigen und den ersten Ermittlungsergebnissen wurde die Ausschreibung vom Wobi annulliert.
Im Prozess gegen Katia Tenti und Antonio Dalle Nogare kam es dann zu einem langen und harten Schlagabtausch zwischen Oberstaatsanwalt Giancarlo Bramante und dem Verteidigerpool um Carlo Bertacchi. Am Ende setzte sich aber die Anklage in fast allen Punkten durch.
Es dauerte fast ein Jahr bis Richter Carlo Busato im Frühjahr 2020 die Urteilsbegründung hinterlegte. Und auch im Berufungsverfahren kam es zu mehreren Verzögerungen.
Der Prozess sollte eigentlich bereits im Herbst 2020 am Oberlandesgericht starten. Doch zum Porzess-Auftakt erklärte sich mit Manfred Klammer, einer der drei Richter für befangen. Mit einer durchaus kuriosen Begründung: Seine Kinder seien mit Kindern der Angeklagten bekannt.
So ging erst jetzt die Berufungsverhandlung über die Bühne. Am Dienstag hat der Richtersenat, Silvia Monaco als Vorsitzende, Oswald Leitner und Claudia Montagnoli das Urteil in erster Instanz voll bestätigt. In spätestens 90 Tagen wird die Urteilbegründung vorliegen.
Es ist für mich keine Überraschung“, reagiert Anwalt Carlo Bertacchi auf den Schuldspruch, „wobei ich dieses Urteil, wie schon in erster Instanz für falsch halte“. Liegt die Urteilsbegründung vor, werden man den Weg an dem Höchstgericht bestreiten.
Dabei spricht die Zeit für die Angeklagten. Denn die Straftaten für die Tenti und Dalle Nogare verurteilt wurden, könnten noch vor dem Ende der Kassationsverhandlung verjähren.

 

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Martin Daniel Mi., 24.02.2021 - 10:22

Um das Recht auf eine angemessene Prozessdauer zu verteidigen, kämpfen an vorderster Front gegen eine Reform dieser Verjährung Forza Italia (BERLUSCONI...), Italia Viva (RENZI!), Lega (SALVINI...) und natürlich die diversen Transformationen des christdemokratischen Zentrums ... wahrscheinlich im Namen der christlichen Vergebung.
Über diese politischen Manöver schreibt Roberto Scarpinato im Fatto Quotiano am 5.12.2020: “in Italia esiste un’illegalità di massa trasversale che include reati fiscali, patrimoniali, edilizi, nonché una vastissima gamma di reati dei colletti bianchi […] una quota significativa della società civile la cui forza di condizionamento si dispiega in tanti modi […] in parte anche nell’ostacolare nella dialettica politica il varo di leggi adeguate o nel compromettere l’efficacia di quelle approvate”.
Vor einigen Wochen brachte es Richter Gian Carlo Caselli im Corriere noch klarer auf den Punkt: Der Mechanismus der Verjährung schafft in Italien eine Zweiklassenjustiz - eine für die Vermögenden, die mit teuren Anwälten ihre Prozesse in die Verjährung zu führen "vermögen", und alle anderen.

Mi., 24.02.2021 - 10:22 Permalink