Politik | Steuergerechtigkeit

Der EU - Rat ist gefordert

Wenn internationale Konzerne wie Apple oder Amazon in der EU weniger Steuern zahlen als ein mittlerer Gewerbebetrieb -
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 und aufgrund des EU-Primärrechts im Rechtsstreit mit der EU-Kommission siegen, dann besteht dringender Reformbedarf beim Primärrecht. Dieses hat (Verträge von Lissabon) der EU-Rat (also die Vertreter der nationalstaatlichen Regierungen) ausverhandelt - und dementsprechend spiegelt es die Rolle der Nationalstaaten als Handlanger mächtiger Lobbies. So haben sie sich die Festsetzung der direkten Steuern vorbehalten, um im Wettbewerb gegeneinander um Unternehmensansiedlungen mit Vergünstigungen werben zu können. Der bedauerliche Endeffekt ist dann, dass sie weniger Steuern einnehmen als es möglich wäre und die anderen überhaupt leer ausgehen. Der EP-Abgeordnete Othmar Karas hat anlässlich des Urteils zugunsten von Apple/ Irland den jährlichen EU-weiten Steuerentfall daraus mit 825 Milliarden Euro beziffert. Der EU-Rat ist daher gefordert, der Kommission die Bereitschaft zur Änderung des Primärrechts dahingehend zu signalisieren, dass sich die nationalstaatlichen Regierungen für die Ratifizierung eines modifizierten Primärrechts einsetzen, um so ihrem nationalstaatlichen Amtseid zu entsprechen, zum Wohl der Bevölkerung zu wirken.

Neben der EU-weiten Harmonisierung der direkten Steuern sind auch Maßnahmen gegen Steuerflucht, Geldwäsche und Bilanzbetrug dringend notwendig. Dafür ist das Verbot von Beschränkungen des Kapitalverkehrs zu Drittstaaten abzuschaffen, das in Artikel 63 des Vertrags zur Arbeitsweise der EU  enthalten ist. Daneben ist es erforderlich, dass sich die Mitgliedsländer zur Transparenz von Vermögen, wahren Besitzverhältnissen von Firmen und Stiftungen verpflichten und freien Kapitalverkehr nur zu Staaten gestatten, die sich zu den gleichen Transparentregeln verpflichten. 2016 haben Obermayer/ Obermaier in "Panama Papers" den jährlichen Steuerentfall in der EU durch Verschleierung der Besitzverhältnisse über Scheinfirmen und deren getürkte Bevollmächtigte auf 1 Billion € geschätzt. Auch die Unterwelt nutzt dieses System zur Geldwäsche, die bisherigen Maßnahmen waren wirkungslos, wie die 2020 publik gewordenen Daten von FinCEN (US-Behörde gegen Geldwäsche etc.) zeigen. Dabei war (wie bei "Panama Papers") zu sehen, dass auch angesehene Banken immer wieder mit in die Transaktionen verwickelt sind. Die fehlende Kontentransparenz ("Bankgeheimnis") hat auch die zwei Bilanzbetrugsskandale ermöglicht, die 2020 aufgeflogen sind (Wirecard in D., Commerzialbank in Ö.). In beiden Fällen haben die jeweiligen Bilanzprüfer entgegen bestehender internationaler Standards die Verifizierung angeblicher Guthaben nicht entsprechend durchgeführt bzw. nicht klargelegt, dass ihnen die Verifizierung nicht möglich war.

Nachdem es um Fehlbeträge geht, die jährlich in der Größenordnung des 7-Jahres-Programms des EU-Rates von 2020 liegen, sollte der EU-Rat über seinen Schatten springen. Es hätte auch internationale Beispielswirkung, etwa hinsichtlich des Geldabflusses aus unterentwickelten Staaten.

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Thomas Benedikter Sa., 06.03.2021 - 10:21

Österreich hat am 25.2.2021 beim EU-Rat der Wirtschaftsminister den Weg frei gemacht und den Kommissionsvorschlag für Steuertransparenz unterstützt. Ohne Brexit würde man überigens in dieser Sache überhaupt nicht weiterkommen. Es muss aber eine qualifizierte Mehrheit Im Rat zustande kommen, sonst geht nichts weiter. Wie du schreibst, wäre die Steuertransparenz im Interesse der EU-Finanzen überfällig. Sie könnte allein mit Mehreinnahmen den gesamten Corona-Recovery-Fund von 750 Mrd. Euro gegenfinanzieren.
Aber leider sollen die geplanten Transparenzregeln nur für große Konzerne (mehr als 750 Mio. Umsatz) und wenige Steuersümpfe gelten. Das wird viele Schlupflöcher offen lassen. Da müssen Bürger und Steuerzahler dran bleiben und diesen Missstand endlich an der Wahlurne sanktionieren.

Sa., 06.03.2021 - 10:21 Permalink