Wirtschaft | Medien

Kevin Kostner & die Amigos

Der Sanitätsbetrieb macht Videos mit zwei Südtiroler Kabarettisten und verkauft sie „exklusiv“ an Athesia. Freunderlwirtschaft made in Südtirol.
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Foto: Sabes
Die Ankündigung aus dem Hause Athesia am vergangenen Wochenende war deutlich.
Am Samstag wird auf dem Onlineportal STOL unter dem Titel „Gemeinsam für ein Happy End: Mit Humor durch die schwere Zeit“ verkündet, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb für die Kampagne „Abstand – Hygiene- Maske“ zwei bekannte Zeitgenossen als „Botschafter“ mit ins Boot geholt habe.
Kevin Kostner, der Grödner Hotelier mit oft ganz speziellen Ansichten, sowie Joe von Afing, Liebhaber von tiefer gelegten Autos und schnellen Kurvenfahrten, unterstützen den Südtiroler Sanitätsbetrieb als Erzähler in einer neue PR-Kampagne des Sanitätsbetriebes.
Hinter diesen beiden Kunstfiguren stecken die beiden Südtiroler Schauspieler und Kabarettisten Lukas Lobis und Thomas Hochkofler. „Die Schauspieler hinter den Figuren sind den Südtirolern vor allem als Comedians und den STOL-Usern als Moderatoren der „Wöchenschau“ bekannt“, wird im Athesia-Onlineportal erklärt.
Offiziell sind Kevin & Joe diesmal aber für den Südtiroler Sanitätsbetrieb im Einsatz. Sie sollen in kurzen, humorvollen Videos das ernsthafte Thema des Schutzes vor der Pandemie als Märchenerzählung an die Frau und den Mann bringen.
Wie die Sonntagszeitung „Zett“ einen Tag vor dem Start der Kampagne schreibt, „werden die Videoclips in den nächsten Wochen jeweils Montag exklusiv auf STOL veröffentlicht werden“. Am Montag ging der erste Clip online.
Eine öffentliche Institution füttert völlig einseitig einen privaten Medienkoloss mit Content, zahlt dafür viel Geld und trocknet gleichzeitig ganz bewusst alle anderen Konkurrenzmedien aus.
Was man nicht sagt: Mit dieser Kampagne wird ein System im Südtiroler Sanitätsbetrieb fortgeschrieben, das sehr nahe an den Begriff Freunderlwirtschaft kommt.
Denn eine öffentliche Institution füttert völlig einseitig einen privaten Medienkoloss mit Content, zahlt dafür viel Geld und trocknet gleichzeitig ganz bewusst alle anderen Konkurrenzmedien aus.
 

Die Idee

 
Für uns ist diese Kampagne wirklich ein Herzensanliegen“, sagt Lukas Lobis auf Nachfrage zu Salto.bz. Vor Monaten kam die Anfrage des Sanitätsbetriebes zu einer Videokampagne, in der das ernste Thema humoristisch angegangen werden soll. „Lachen ist Atemholen“, meint Lobis, „und ich denke, das brauchen wir in dieser Phase einfach alle“.
 
 
 
Der Auftrag ging an die Brixner Kreativagentur „Frei und Zeit, wo Arno Dejaco und Lukas Lobis gemeinsam das Konzept entwickeln und die Videos fix und fertig an den Auftraggeber liefern. Gedreht wurden bisher vier Folgen. Jetzt sollen weitere vier Videos folgen. Auch auf Italienisch, unter anderem mit der Satiretruppe von „Cababoz“.
Dabei war von Anfang an ein erklärtes Ziel, die Videos möglich breit zu streuen. „Wir wollten eine möglichst große Verbreitung dieser Kampagne erreichen“, sagt Lobis. Nach Informationen von Salto.bz haben die Macher darauf auch von Anfang an offen gedrängt. Einen Einfluss auf die Verbreitungsstrategie haben sie aber nicht.
 

Einseitige Verbreitung

 
Das ist die Aufgabe des Sanitätsbetriebes. Die dortigen Ämter engagierten sich dann anfänglich auch in diese Richtung. So holte man unter anderem auch bei Salto.bz ein Angebot zur Veröffentlichung der Videos ein. Am Ende wurde die Vergabe aber „von oben“ gestoppt und man traf die Entscheidung, die Videos ausschließlich auf STOL zu veröffentlichen.
 
 
Wohlweislich gegen Bezahlung. Für Athesia ist ein einträgliches Geschäft. Man bekommt gratis einen Inhalt, kann ihn mit Werbung bestücken und macht zudem eine mehr als gute Figur. Denn es entsteht der Eindruck, dass die Videos eine Fortsetzung der Videoreihe der Comedy ist, die sie früher für das Haus Athesia gemacht haben.
Dazu kommt, dass man mit diesen Videos besonders viele Klicks generieren kann, die das wichtigste Kriterium bei der Verteilung der Gelder der öffentlichen Medienförderung durch das Land sind.
Dass dieser einseitige Einsatz von Steuergeldern nicht ganz koscher ist, weiß man auch im Sanitätsbetrieb. Deshalb veröffentlicht man die Videos auch auf den Facebook- und YouTube-Seiten des Südtiroler Sanitätsbetriebes.
Wohlweislich genau 9 Stunden nachdem sie im Athesia-Portal STOL online gegangen sind.
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gorgias Di., 09.03.2021 - 19:59

Antwort auf von Pafeiler Matthias

so wie ich das verstanden habe muss die öffentliche hand zahlen, da es sich um eine informationskampagne handelt.

eigentlich ist es ein skandal, denn jedes medium müsste wohl froh sein gratis wie man es heute nennt: content zu bekommen, denn durch den unterhaltungswert stellen sie für die medien einen inhaltlichen mehrwert dar.

hier hätte man doch an alle deutschen internetportalen rangehen können und sagen, dass man unter bestimmten bedingungen, wie bewerbung und positionierung auf dem eigenen medium, die inhalte zur verfügung bekommt - ansonsten gibt es andere die diese gerne benutzen.

angebote einholen? ich lache, dass ist nicht eine dieser öden informationskampagnen mit denen man sonst im zug zwangsbeglückt wird.

Di., 09.03.2021 - 19:59 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 10.03.2021 - 07:39

Antwort auf von Pafeiler Matthias

Die Videos erhält Athesia kostenlos vom Sanitätsbetrieb, für deren Veröffentlichung muss der Sanitätsbetrieb die Athesia auch noch zahlen. So ist es gemeint.
Interessant wäre es zu wissen wer "von oben" die Veröffentlichung auf anderen Online-Plattformen gestoppt hat. Denn das ist der eigentliche Skandal.

Mi., 10.03.2021 - 07:39 Permalink
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Profil für Benutzer Dietmar Holzner
Dietmar Holzner Di., 09.03.2021 - 17:46

Wenn das Ziel war, "eine möglichst große Verbreitung zu erreichen", dann dürfte es konsequenterweise nicht heißen "entweder das eine ODER das andere Medium" sondern nur "UND". Aber vermutlich wurde das Säbelrasseln des einen Mediums präventiv ins Angebot aufgenommen...

Di., 09.03.2021 - 17:46 Permalink
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Martin Ancient Mi., 10.03.2021 - 10:09

Es soll in Südtirol tatsächlich Menschen geben, die STOL oder andere Medien der Athesia-Gruppe nicht frequentieren - mich miteingeschlossen. Ein solches Unterfangen ist aufgrund der erdrückenden Präsenz nur unter großen Anstrengungen möglich. Nebenbei ein Auszug aus dieser Medienmacht:
# Tageszeitungen (Alto Adige, Dolomiten -> kleiner Exkurs siehe unten*),
# Bezirksblätter (Der Vinschger, ...)
# Wochenzeitungen und Magazine,
# Kleinanzeigenblättern und Webseiten (second-hand.it),
# Online-Portale (STOL, Suedtirolnews, SportNews),
# Radiosendern,
# Werbeagenturen (First Avenue, Südtirol Online Marketing)
# usw.

Wobei ich mir durchaus bewusst bin, dass ich jeden einzelnen dieser Dienste in irgendeiner Form mit meinen Steuergeldern mitfinanziere ohne sie je zu konsumieren oder zu frequentieren.

Und dann kommt ein öffentlicher Dienst, wiederum auch mit meinen Steuern finanziert, und schenkt (definitiv unterhaltsamen und daher attraktiven) Content an einen defacto Monopolisten unter gezieltem Ausschluss (ich vertraue hier Herrn Franceschini) aller anderen Medien, bezahlt auch noch für die Veröffentlichung und nimmt willentlich in Kauf, dass ein Teil der Südtiroler Bevölkerung von der Kampagne nichts oder wenig (in Form von Werbung der Athesia für diese Videos - ich dachte im Übrigen, das wäre eine exklusive Produktion der Athesia) mitbekommt. Fehlt nur noch, dass die Videos hinter der Paywall landen - es würde mich nicht wundern.

Naja, man muss am Ende Herrn Lobis recht geben: "SIE werden immer dreister".

*wie mir berichtet wurde, ist der ältere der Ebner-Brüder letzte Woche (kann auch öfter vorkommen, ich weiß es nicht), obwohl Präsident der Athesia-Gruppe, als Gastkommentator (!!) aufgetreten - und bevor jetzt wieder die Fanboys/girls starten: ja, ich weiß, dass er kein reguläres Mitglied der Redaktion ist, aber da wird einem schlicht und einfach etwas vorgegaukelt.

Mi., 10.03.2021 - 10:09 Permalink