Gesellschaft | Covid-19-Impfung

ImpfsPass

Warum die meisten der aktuellen Impfpassdiskussionen verfrüht und nicht zielführend sind.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
ImpfsPass
Foto: Gerd Altmann

Ein Jahr ist es nun her, dass ein neues Virus, von dem wir heute immer noch nicht mit 100 %iger Sicherheit herausgefunden haben woher es kommt, unsere Lebensgewohnheiten auf den Kopf gestellt hat. Seine Ausbreitung hat unsere Gesellschaft vor neue Herausfoderungen gestellt, da die hohe Hospitalisierungsrate unsere Gesundheitssysteme überlastet hat. Dabei wurde uns schnell von vielen politischen Führern unserer westlichen Demokratien die Durchimpfung der Bevölkerung als einziger Ausweg präsentiert. Da sich die meisten Menschen ein zurück in ihre alten Gewohnheiten wünschen und andere Konzepte bis dato nicht umsetzbar scheinen, wird über einen Impfpass, eine verpflichtende Impfung, eine Sonderbehandlung für Geimpfte und viele weitere ähnliche Ideen debattiert. All diese Vorschläge zielen darauf ab, die Impfung gegen Covid-19 direkt oder über die Hintertür verpflichtend zu machen und dies in einem Dokument festzuhalten.

Die Diskussionen darüber sind mitlerweile in der breiten Bevölkerung omnipräsent und meist werden die Teilnehmer in Impfbefürworter und Impfgegner eingeteilt und in die jeweilige Schublade gesteckt.

Da ich mich keiner dieser beiden Gruppen vollinhaltlich angehörig fühle und man Sachlichkeit meist vermisst, werde ich in den weiteren Zeilen versuchen eine grobe Schilderung über die Impfstoffe, deren Zulassung und Wirkung wiederzugeben und daraus meine persönlichen Schlüsse zu ziehen.

Die Entwicklung und Zulassung

Für eine schnellere Entwicklung und Zulassung einiger Impfstoffkandidaten und Medikamente hat das EU-Parlament einige Auflagen für die in Verkehrbringung genetisch veränderter Organismen (GVO) vorübergehend ausgesetzt (damit z.B. klinische Studien auch ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden konnten) und die Impfstoffkandidaten in einem beschleunigten Verfahren (sog. Rolling-Review-Verfahren) bewertet. Dabei werden die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den verschiedenen Studienphasen laufend an die EMA (europäische Arzneimittelagentur) übermittelt und von dieser bewertet. So ist es möglich die Zeitachse bis zur bedingten Zulassen wesentlich zu verkürzen.

Stand heute hat die EMA mithilfe dieses Verfahrens Impfstoffe von drei verschiedenen Herstellern bedingt zugelassen. Diese Art der Zulassung kann bei einem öffentlichen Gesundheitsnotstand angewendet werden, ist zeitlich auf ein Jahr begrenzt und der Hersteller ist verpflichtet noch fehlende Daten nachzureichen. Werden alle notwendigen Hürden in dieser Zeit genommen, erhält der Hersteller eine dauerhafte Zulassung. Ändert sich hingegen das Nutzen-/Risikoprofil oder werden noch notwendige Daten nicht innerhalb bestimmter Fristen nachgereicht, so kann ein Impfstoff vom Markt genommen werden. Teilweise wurden für die Impfstoffherstellung Technologien verwendet, die seit ca. 30 Jahren in der Forschung angewandt werden, bis dato aber noch nie in der Humanmedizin zugelassen wurden.

Die Verabreichung und Wirkung

Wir wissen, dass...

  • alle Impfstoffe in 2 Dosen verabreicht werden
  • in den Impfgruppen kanp 60 – 95% weniger sympthomatische Fälle festgestellt wurden
  • die Impfung Personen ab 16 Jahren injiziert werden kann
  • über schwangere oder stillende Frauen zu wenig Daten vorliegen um die Auswirkungen bewerten zu können
  • Menschen mit bestimmten Allergien von einer Impfung abgeraten wird

Wir wissen nicht...

  • ob geimpfte Personen das Virus in sich tragen bzw. weitergeben können
  • wie lange die Schutzwirkung anhält
  • ob die Impfungen gegen die verschiedenen Varianten genauso wirksam sind

Fazit

Ich bin der Meinung, dass es ja nach persönlichen Umständen gute Gründe sowohl für als auch gegen eine Impfung gibt. So geht man z.B. von einer hohen Wirksamkeit aus, kennt aber das Nutzen-/Risikoprofil noch nicht vollends und weiß nicht ob eine Virusweitergabe weiterhin möglich ist.

Was Themen wie Impfpass o.Ä. betrifft, so möchte ich grundsäztlich festhalten, dass man auf Basis der aktuellen Daten und des aktuellen Wissensstandes eine möglichst breite Diskussionen führen sollte. Dies gilt wohlgemerkt für alle Themen, denn ergebnisoffene Diskussionen sind ein Fundament unserer Demokratien und tragen wesentlich dazu bei, dass sich unser Leben im Sinne aller weiterentwicklen kann.

Bei Covid 19 und vielen damit zusammenhängenden Themen vermisse ich persönlich diesen offenen Diskurs und, damit zusammenhängend, erkenne ich eine Verhärtung der Fronten. Die dadurch entstehenden, zum Teil extremer werdenden, Positionen schaden unserer Gesellschaft und wir entfernen uns noch weiter von Lösungen, die von allen mitgetragen werden.

Bei den aktuellen Diskussionen über einen Impfpass, einer "gesundheitlichen Greencard" o.Ä., die in vielen Ländern der EU und hierzulande bereits entbrannt sind, fehlt mir ein sachlicher und breit angelegter öffentlicher Diskurs. Persönlich ist es für mich anhand des aktuellen Wissensstandes nicht nachvollziehbar, warum solche Themen in den höchsten politischen Gremien forciert werden. Deshalb sollten unsere Politiker und wir alle diesbezüglich einen Gang zurück schalten und weiterhin jede/n seine persönliche Entscheidung treffen lassen, denn alles andere ist m.M.n. aktuell fehl am Platz und nimmt Zeit und Energie in Anspruch die man besser nutzen könnte.

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Profil für Benutzer Elisabeth Garber
Elisabeth Garber Di., 09.03.2021 - 13:45

Wenn man einen kritischen Artikel schreibt, sollte man m.M.n. mindestens auf dem neuesten Stand sein.
"Wir wissen, dass...
• alle Impfstoffe in 2 Dosen verabreicht werden"
Das stimmt so nicht, es gibt bereits Impfstoffe, die ein einmaliges Impfen erlauben. Ausserdem werden Personen mit durchgemachter bzw. aktenkundiger Covidinfektion nur einmal geimpft. Es gibt auch weitere Ungenauigkeiten unter dem Punkt "Wir wissen nicht..." Die Studien laufen, man weiss durch Datenerhebungen zumindest teilweise zu verschiedenen Punkten sehr wohl einiges...die Daten ändern sich laufend - so wie in jeder Turbo-Forschung.
Insgesamt (für mich) ein kontraproduktiver Heissluft-Beitrag zum Thema Impfen und Impfpass mit zum Teil nicht zutreffenden Aussagen zur Faktenlage, da keinerlei Präzisierungen zu den angeführten Punkten ( Wissen/Nicht-Wissen) gemacht werden.
Bin für jeden Weg, der uns aus der Seuchen situation führt und ohne Wenn und Aber eine Befürworterin des Impfpasses - wie auch immer dieses Dokument geführt werden wird (Testergebnisse oder Impfung/en).

Di., 09.03.2021 - 13:45 Permalink
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Profil für Benutzer Benjamin Schupfer
Benjamin Schupfer Di., 09.03.2021 - 22:36

Antwort auf von Elisabeth Garber

Die Daten stimmen so sehr wohl, wurden gestern von der Seite der EMA erhoben und sind somit brandaktuell. Anhand dieser Daten sollten wir unsere Möglichkeiten bewerten und dann jeder für sich persönlich eine Entscheidung treffen können.
Sollte sich die Datenlage und somit der Zulassungsstatus ändern kann man einen Schritt weiter gehen. Solange dies nicht der Fall ist finde ich solche Debatten verfrüht und unverhältnismäßig.

Di., 09.03.2021 - 22:36 Permalink
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Profil für Benutzer Manfred Klotz
Manfred Klotz Mo., 22.03.2021 - 17:57

Antwort auf von Benjamin Schupfer

Herr Schupfer, nein, Ihre Behauptungen sind zum Teil falsch (etwa jene zu den 2 Dosen, oder das fehlene deRisiko/Nutzen-Profil oder die Bezeichnung als "Impfpass"). Es nützt auch nichts wenn Sie sie wiederholen.
Sie behaupten zudem von sich weder ein Impfbefürworter noch ein Impfgegner zu sein. In Wahrheit ergibt sich aus Ihrem Fazit, dass zweiteres der Fall ist. Sie sollten damit offen umgehen und nicht falsche Prämissen in der Raum stellen.

Mo., 22.03.2021 - 17:57 Permalink