Gesellschaft | Covid-Pandemie

Offener Brief einer „elternmüden“ Mutter

Ich kann die Klagen und das Jammern a priori der Eltern einfach nicht mehr hören, wenn es darum geht, einen Fünf-Minuten-Nasenbohrertest durchzuführen.
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Foto: Unsplash

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, sehr geehrter Herr Landesrat Achammer, liebe Südtiroler Eltern von schulpflichtigen Kindern,

auch ich darf mal kurz verärgert sein! Mit der Welt, der Situation, dem Covid-Virus an sich, den Menschen, die Regeln aufstellen, die schwer nachzuvollziehen sind, den Menschen, die sich prinzipiell gegen alles querstellen, was nicht in ihr Weltbild passt, den Kindern im Fernunterricht, die mich derzeit als Mutter/Lehrerin/Hausaufgabenhilfe/technische Fachfrau und Versorgerin in einer Person sehen, einfach mit allem - und nur ganz kurz. Dann geht’s wieder.

Ganz ehrlich – wer möchte in dieser Zeit mit politischen Entscheidungsträgern tauschen, welche a priori alles falsch machen? Egal, in welche Richtung die Entscheidungen, die Maßnahmen gerichtet werden, immer gibt es Aufschreie, Gegenstimmen, Besserwisser, selbst erklärte Spezialisten in allen Fällen und in jedem Bereich. Nein, tauschen möchte ich nicht. Und ich bin auch keine Fachfrau, die Alternativen bzw. effizientere Lösungswege vorschlagen könnte mit der Garantie, dass diese dann auch Wirkung zeigen.

Ich bin nur eine Mutter von fünf schulpflichtigen Kindern im Alter von vierzehn bis sechs Jahren, sprich 1., 2. und 3. Klasse Mittelschule und 1. und 4. Klasse Grundschule, die müde ist von den vielen selbstdeklarierten Fachmüttern und -vätern, welche aufschreien, wenn die eigenen Kinder beim rasanten Ansteigen der Infektionen – eigentlich ja auch zum Selbstschutz der eigenen Familie – in den Fernunterricht gestellt werden, eine Form der Bildungsvermittlung, die ehrlich gesagt, auch bei mir nicht auf Zustimmung stößt. Die dann aufschreien, wenn der Fernunterricht nicht 1:1 dem Präsenzunterricht entspricht – wohlwissend, dass zu viel Computerpräsenz im kindlichen Alltag nicht förderlich ist - und die zu guter Letzt nochmals aufschreien, wenn als Voraussetzung für die Garantie des Präsenzunterrichts ein simpler Nasenbohrertest zum Vorschlag gebracht wird, dessen physische und psychische Auswirkungen und Folgen (untermauert mit Studien, Statistiken, u.v.a.) mehr den Eltern zu schaffen machen scheinen als den Kindern selbst.

Ja, auch ich habe bereits mehrmals Politiker und Entscheidungsträger auf den entferntesten Planeten unseres Sonnensystems geschickt – Neptun, wie ich aus dem Fernunterricht meiner Tochter gelernt habe –, habe haareraufend Gedankensprünge zwischen dem Lehrsatz von Pythagoras, dem Leben Alexander des Großen, dem Aufbau des Sonnensystems und den Fragen: Was koche ich heute? Wann findet der Online-Musikunterricht statt? Wie lautet nochmal das Passwort für den MicrosoftTeams-Account meines Sohnes? Wie kann ich ein pdf-Dokument beschreibbar machen? Habe ich heute eigentlich schon gegessen? gemacht, habe diesen „vollgestopften“ Alltag manches Mal mit Humor, häufiger aber mit einem Gefühl der Überforderung, des Gefühls des Allein-Gelassen-Seins und der Verbitterung gelebt. Nebenbei habe ich im Geheimen so manches Dankeslob an meine ehemaligen Lehrer*innen geschickt, dafür, dass sie mir eine einigermaßen fundierte Allgemeinbildung in allen Bereichen des Lebens zu vermitteln wussten – die einstige Aussage: „Das brauche ich im wahren Leben sowieso nicht mehr“, nehme ich vollständig zurück!

Ja, und auch ich sehe die „Nebenwirkungen“ des Fernunterrichts an meinen Kindern, die Antriebslosigkeit, die sich so langsam breit macht, der Verlust von einem geregelten Tagesablauf, vom Bedürfnis, ein soziales Leben mit Freunden zu führen, der ansteigende Aggressionspegel meiner pubertierenden Jungs, die zuhause ohne den Kontakt zu ihrem Freundeskreis kein altersentsprechendes Ventil für ihr Innenleben finden.

Und gerade deshalb darf auch ich etwas verärgert sein! Weil ich die Klagen und das Jammern a priori der Eltern einfach nicht mehr hören kann, wenn es darum geht, einen Fünf-Minuten-Nasenbohrertest durchzuführen, um unseren Kindern die Alternative des Fernunterrichts zu ersparen. Die sich beklagen, wenn der aktuelle Unterricht nicht mehr derselbe ist wie vor der Pandemie. Wenn nicht alles so läuft, wie man es eben seit Lebzeiten gewohnt war und wenn der Schule ein negatives Zeugnis bezüglich des Krisenmanagements ausgestellt wird, ohne zu bedenken, welche Leistung Lehrer*innen als Garanten eines einigermaßen „normalen“ Alltags für unsere Kinder gerade in dieser Zeit der Unsicherheit erbringen.

Vielleicht ist es auch Zeit, dass wir Eltern uns wieder bewusstwerden, dass die Erziehung unserer Kinder in unseren Händen liegt, unsere Hauptaufgabe als Elternteil ist und nicht, wie es vielleicht in jüngster Vergangenheit immer mehr zum Trend wurde, Aufgabe der Schule. Schule sollte doch in erster Linie Bildung vermitteln und sich nicht den Mantel der Elternrolle überstülpen müssen, um uns als eigentliche Hauptakteure in diesem Lebensszenarium Eltern-Kind zu entlasten und uns Verantwortung abzunehmen.

Vielleicht sollten wir diese Zeit eben dazu nutzen: Wertschätzung denen zu geben, die unseren Kindern in dieser Zeit Tag für Tag zur Seite stehen, die ihnen Alltäglichkeit in dieser außergewöhnlichen Zeit schenken und die meiner Meinung nach gerade jetzt die Unterstützung und den Zuspruch von uns Eltern benötigen, denn Zusammenarbeit ist immer produktiver als Angriff und Kampfansage, auch wenn es nur verbal ist.

Deshalb höre ich jetzt auf, ein bisschen verärgert zu sein, und bin dankbar dafür, dass meine Familie gesund ist, dass ich in dieser Zeit des Fernunterrichts mein Allgemeinwissen in allen Bereichen enorm erweitern konnte, dass sich das Niveau meines technisches Know-hows von „Anfängerstatus“ auf „Fast-Standard“ gesteigert hat und dass meine Kinder wieder in die Schule gehen können und soziales Leben hautnah spüren können, ohne das „kalte“ Medium der digitalen Welt als Brücke benützen zu müssen, dankbar für Lehrer*innen, die den Präsenzunterricht ermöglichen und ihr Bestes dabei geben.

Und irgendwann werde ich dann auch wieder eine Rakete auf den Planeten Neptun schicken, um die von mir dorthin Verfrachteten auf unseren Planeten zurückzubringen.

(Iris Falkensteiner, Bozen, Mutter von fünf schulpflichtigen Kindern, die der Schule als Institution in dieser Zeit auch einmal Danke sagen möchte.)

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Manfred Klotz Fr., 26.03.2021 - 08:06

Antwort auf von Eva Pircali

Sie sind der beste Beweis dafür, dass Coronaskeptikern, -leugnern oder wie man sie sonst bezeichnen will, jeder Funken Realitätssinn fehlt. Dafür haben sie ihn mit ätzender Arroganz getauscht.
Wenn Sie sich - wie Sie behaupten - seit vielen Jahren mit Prozessen der Massenmanipulation beschäftigen, haben Sie an sich selbst ein hervorragendes Studienobjekt.

Fr., 26.03.2021 - 08:06 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.03.2021 - 10:43

Erlauben Sie nur einen kleinen Schupfer in Hinblick auf die von Ihnen eingebrachte „Logik“. Sie schreiben: „Weiters stellen sich eben viele Eltern die Frage, dass wenn die ganze Klasse als negativ getestet wurde, dennoch die Maskenpflicht während des Unterrichts aufrecht bleibt. Das ist nicht logisch nachvollziehbar“.
Natürlich ist es das. Es gibt dazu 4 „logische“ Anmerkungen:
1. es gibt falsche Testergebnisse;
2. es gibt nicht korrekt durchgeführte Tests;
3. jemand kann noch unter der Wahrnehmungsschwelle des Testes infiziert sein;
4. jemand kann sich nach dem Unterricht außerhalb der Schule infizieren und am morgen zur Schule gehen.
Im Sinne der *Prävention*, wie diese z.B. auch das Arbeitssicherheitsgesetzt (81\2008) verlangt (!), ist also im Sinne des gemeinschaftlichen Schutzes aller die Maskenpflicht weiterhin gefordert.
Natürlich kann man - und es geschieht ja auch von einer kleinen Minderheit - Corona und Wirksamkeit der Masken und anderer Maßnahmen leugnen: aber auch diese Menschen wollen sicher nicht brasilianische Verhältnisse bei uns, und so schützen wir diese - gleichsam gegen deren Abneigung der Prävention - einfach mit.

Do., 25.03.2021 - 10:43 Permalink
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Peter Gasser Do., 25.03.2021 - 21:59

Antwort auf von Ludwig Thoma

Nein.
Aber wohl noch eine Zeit lang. Sicher noch dieses ganze Jahr.
Schauen Sie nach Deutschland und Österreich: das steht auch uns noch bevor, die britische Variante wird auch bei uns noch „durchmarschieren“; es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies bei uns anders sein wird.
Eine ehrliche Diskussion in Politik und Gesellschaft wie in Deutschland gibt es bei uns leider nicht.

Do., 25.03.2021 - 21:59 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Do., 25.03.2021 - 22:03

Sie sagen es, es bleibt schwierig, und da hilft nur Prävention.
Und die Hoffnung, dass uns Urlaubsreisende keine böse Mutation (z.b. die brasilianische) ins Land bringen: dann ginge leider alles wieder von vorne los.
Unvernünftig genug wären wir dazu... leider.
Es ist wie es ist (gemacht wird).

Do., 25.03.2021 - 22:03 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 29.03.2021 - 07:51

Herr Frei, Ihre Aussage zur Empfehlung der WHO ist falsch. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt das Nachtesten dann, wenn das Testergebnis NICHT mit dem klinischen Zustand übereinstimmt. D.h. wenn eine negativ getestete Person typische Symptome aufweist oder umgekehrt.

Mo., 29.03.2021 - 07:51 Permalink
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Elisabeth Garber Mo., 29.03.2021 - 09:10

Laut Norbert Dall'Ò von der FF (Mittagsmagazin, 27.03.'21/Rai BZ) sind solche Geisteshaltungen & deren obsessive Verbreitung mit Schuld an der Covid-Situation.
Das entspricht gänzlich meiner Meinung. Endlich hat es einmal jemand so richtig unverblümt und detailliert an- und ausgesprochen.
Die Zeitgenossen alla Oettl/Frei/Mair und Followers sind blind vor Angst, Hass, Wut und wirren Überlegungen. Sie zündeln und behindern u.a. basale Maßnahmen und deren Wirkungen in einer ohnehin chaotischen Situation und Stimmung. Bekanntlich der beste Nährboden für allerlei Apostel und Sektiererei.
Unter dem Deckmantel von Grundrechten, Demokratie und Diktatur wird JEGLICHE Art(!) von persönlichem Frust und nicht zuletzt Oppositions-Politik ausgelebt. Zum Nachteil aller.

Mo., 29.03.2021 - 09:10 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Mo., 29.03.2021 - 10:00

"Most PCR assays are indicated as an aid for diagnosis, therefore, health care providers must consider any result in combination with timing of sampling, specimen type, assay specifics, clinical observations, patient history, confirmed status of any contacts, and epidemiological information."

Wie würden Sie das übersetzen? Soll noch ein Test gemacht werden, oder soll auf den aktuellen Zustand des Patienten geschaut werden?

Mo., 29.03.2021 - 10:00 Permalink
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Profil für Benutzer Manfred Klotz
Manfred Klotz Mo., 29.03.2021 - 12:43

Nein Herr Frei, Sie liegen vollkommen falsch. Selbst wenn Sie auf Ihrer Behauptung bestehen, wird sie dadurch nicht wahrer. Sie können nicht Englisch stimmt's? Jedenfalls nicht zur Genüge.
"Where test results do not correspond with the clinical presentation, a new specimen should be taken". Das ist der springende Punkt.

Mo., 29.03.2021 - 12:43 Permalink