Wirtschaft | Sanität

Billige Tests aus Lugano

Die Ausschreibung für die Nasenflügeltests hat mit einem Abschlag von fast 52 Prozent ein Unternehmen aus Lugano gewonnen. Das Angebot fällt deutlich aus dem Rahmen.
Nasenflügeltest
Foto: Sabes
Thomas Widmann hatte Recht und der Autor dieser Zeilen lag daneben.
Vorvergangene Woche hatte der Gesundheitslanderat im Morgengespräch von RAI Südtirol angekündigt, dass der Sanitätsbetrieb insgesamt 5 Millionen sogenannte „Nasenflügeltests“ ankaufen werde, um sie in den nächsten Monaten einzusetzen. „Der Test kostet, wenn man nur wenige kauft, 4,5 Euro“, erklärt der Sanitätslandesrat damals, „ich bin überzeugt, dass die Angebote viel, viel niedriger sind. Das heißt zwischen 3 und 4 Euro“.
Dass Thomas Widmann damit (fast) richtiglag, zeigt jetzt das Ergebnis der Ausschreibung.
Der Südtiroler Sanitätsbetrieb hat am 25. Februar eine öffentliche Markterhebung zum Ankauf von 2,4 Millionen sogenannter Nasenflügeltest gemacht. Bis zum 12. März bekundeten 42 Unternehmen ihr Interesse. Am 25. März beschloss der Sanitätsbetrieb dann ein „Rahmenabkommens mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern für die dringende Lieferung von immunchromatographischen Schnelltests für die qualitative Bestimmung des Antigens des Virus SARS- CoV-2 auf Nasenabstrichen mit selbstdurchführbarer Abnahme“ abzuschließen.
Der Beschluss sieht vor, dass man insgesamt sechs Firmen zur Direktvergabe einlädt. Entscheidend ist dabei allein der Preis. Festgelegt wird auch, dass 35% der Lieferung vom Erstplatzierten gekauft werden, 25% vom Zweitplatzierten, 20% vom Drittplatzierten, 10% vom Viertplatzierten, 7% vom Fünftplatzierten und 3% vom Fünftplatzierten.
Der Sanitätsbetrieb legte einen Abschreibungsbetrag von insgesamt 11.496.000 Euro fest. Das sind 4,79 Euro pro Test. Man geht davon aus, dass die Firmen darauf einen deutlichen Abschlag machen werden.
 
 
Am 2. April hat der Sanitätsbetrieb jetzt den Zuschlag für die Lieferung erteilt. Dabei waren die Abschläge so groß, dass man sich Einiges an Geld erspart. Denn der Zuschlag erfolgte letztlich um insgesamt 7.922.880 Euro.
Der Großteil der Angebote liegt dabei genau in dem Bereich vom dem Thomas Widmann sprach. Den zweiten Platz in der Ausschreibung also 25 Prozent der Gesamtliefermenge hat sich das Unternehmen Relab Srl aus Genua gesichert. Die Firma wird 600.000 Tests um 3,69 Euro pro Stück liefern. Es folgen auf Platz 3 und 4 zwei großen Pharmaunternehmen: Abbott und Roche verlangen genau 4 Euro pro Nasenflügeltest und werden jeweils 360.000 Stück liefern. Das Mailänder Unternehmen Siemens Healthcare Srl verlangt 4,10 Euro pro Testkit und bekam den Zuschlag für 168.000 Stück. Das Schlusslicht bildet die Trentiner Unifarm SPA, die für einen Nasenflügeltest 4,29 Euro verlangt und 72.000 Stück davon liefern wird.
Deutlich aus der Reihe fällt nur der Sieger der Ausschreibung. Das Unternehmen „Pikdare Spa“ liefert 840.000 Nasenflügeltest um 2,18 Euro pro Stück. Das ist Abschlag von fast 52 Prozent auf den Ausschreibungspreis.
Bei der Pikdare SPA handelt es sich um ein Großhandelsunternehmen für Medizin- und Pharmaprodukte und Zubehör in Casnate con Bernate bei Como. Das Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von 200.000 Euro wurde 2017 gegründet und hat fast 400 Angestellte.
Alle Aktien der Pikdare sind derzeit an insgesamt 37 Banken aus der gesamten Welt verpfändet. Darunter ein Teil (37igstel) auch an die Südtiroler Volksbank. Diese Pfändung dürfte auf eine Bankenfinanzierung zurückzuführen sein. Denn dem Unternehmen geht wirtschaftlich gut. Laut Bilanz hat die Pikdare 2019 einen Umsatz von 133,7 Millionen Euro und einen Gewinn nach Steuern von 15,4 Millionen Euro gemacht.
 
 
Einziger Gesellschafter der Pikdare SPA ist die „Medical Technology and Devices SA“ (MTD). Es handelt es sich hierbei um eine 2016 gegründete Schweizerische Societé Anonym mit Sitz in Lugano. Das Unternehmen, das von italienischen Wirtschaftstreuhändern geführt wird, operiert weltweit als Großhändler von medizin-technischen Zubehör. Finanziell gespeist wird die MTD-Gruppe etwa vom Investmentfond „Inverstindustrial“ des amerikanisch-italienischen Managers Andrea C. Bonomi, der bereits Präsident des Lenkungsausschusses der Banca Popolare di Milano und Verwaltungsrat beim Kaffee-Hersteller Gruppo Illy oder der Mediengruppe RCS Mediagroup war.
Spätestens nächster Woche werden die Nasenflügeltests flächendeckend in Südtirols Schulen beginnen. Dann wird sich zeigen, ob die 2,18-Euro-Tests ihr Geld wirklich wert sind.
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Georg Holzer Mi., 07.04.2021 - 09:49

Hat Herr Widmann und der Sanitätsdirektor vor der Bestellung den Beibackzettel der Nasenflügelschnelltests nicht gelesen, dass die Nasenflügeltests nur angewand werden können, wenn die von Fachkräften in Schutzausrüstung gemacht werden?

Absatz im Beibackzettel:

"– Der Panbio™ COVID-19 Ag Rapid Test Device ist nur für den professionellen Gebrauch bestimmt und dient als Hilfsmittel zur Diagnose einer SARS-CoV-2 Infektion;
– Negative Ergebnisse müssen mit klinischen Beobachtungen, Patientenanamnesen und epidemiologischen Informationen abgeglichen werden.
– Zusätzlich benötigte Materialien: Persönliche Schutzausrüstung (Laborkittel, Gesichtsmaske, Gesichtsschutz /Schutzbrille und Handschuhe), Biohazard-Abfallbehälter
– Diese Gebrauchsanweisung ist von einer ausgebildeten, medizinischen Fachkraft strikt zu befolgen, um genaue Ergebnisse zu erzielen."

Wie soll das gehen? oder man verteilt doch die in China gelagerte Ware...

Mi., 07.04.2021 - 09:49 Permalink
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Hubert Kofler Mi., 07.04.2021 - 17:55

Wo werden diese Nasenflügeltests eigentlich hergestellt? China . . . .?!
Toll Banken und Großhandelsunternehmen werden quer finanziert mit Steuergeldern.

Mi., 07.04.2021 - 17:55 Permalink
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Don Quijote So., 11.04.2021 - 16:56

"Spätestens nächster Woche werden die Nasenflügeltests flächendeckend in Südtirols Schulen beginnen. Dann wird sich zeigen, ob die 2,18-Euro-Tests ihr Geld wirklich wert sind."
Ab morgen wären wir dann in der nächsten Woche.
Frage: Wie wird sich das dann bei diesen Tests zeigen? Und wie schaut's da bei anderen Nasenflügelschnelltests aus?
Beim Nachtesten der Positiven mit PCR hat man gesehen, dass ein Test von dreien falsch-positiv ist. Wie teilt sich das auf die unterschiedlichen Tests auf?
Viel wichtiger wäre aber zu erfahren, wie viele Tests falsch-negativ sind. Oder anders ausgedrückt, wieviele infizierte Personen nicht erkannt werden, sich in falscher Sicherheit wiegen und gerade deshalb zum Problem werden. Gibt es dafür Auswertungen?

So., 11.04.2021 - 16:56 Permalink