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Lahmendes Zugpferd

Nach dem Ausfall der Wintersaison bietet sich im heimischen Tourismussektor ein düsteres Bild. Umsätze, Beschäftigung und Investitionen sind auf Eis, das Klima negativ.
Tourismus
Foto: Othmar Seehauser

Von der zweiten Welle überrollt. So fühlt sich der heimische Tourismussektor. Nach dem vorzeitigen Aus der Wintersaison im März 2020, dem Aufatmen im Sommer brachte die erneute Verschärfung der Infektionslage und die Ausbreitung der neuen Virus-Varianten ab dem Herbst nur mehr schlechte Nachrichten: Die Absage der Wintersaison 2020/21 verursachte erneut schwere Verluste für die Unternehmen des Gastgewerbes. Außerdem wirkt sich der Ausfall negativ auf Beschäftigung und Investitionen aus. Das bestätigt das Wirtschaftsbarometer des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen.

Zwischen November 2020 und Januar 2021 sanken die Nächtigungen um 94 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum der Wintersaison 2019-20. Das sind rund 5,4 Millionen Übernachtungen weniger. Betrachtet man das gesamte Jahr 2020, so verzeichnen die Beherbergungsbetriebe einen Rückgang um fast 12 Millionen Nächtigungen bzw. 35,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders dramatisch ist die Abnahme der ausländischen Gäste. Deren Übernachtungen haben sich fast halbiert.
Fast alle Unternehmer im Gastgewerbe berichten von einem Rückgang des Geschäftsvolumens im Jahr 2020. Zu Jahresende hat sich die Situation noch einmal verschlechtert: Die Unternehmen melden einen durchschnittlichen Umsatzverlust im Vergleich zu den Vorjahresmonaten von 59 Prozent im November und von 78 Prozent im Dezember.

 

Die Aussichten für 2021 sind nicht besser. Aufgrund der ungünstigen Entwicklung der Pandemie und der Ausbreitung neuer Coronavirus-Varianten erwarten heuer mehr als sieben von zehn Unternehmen weitere Umsatzrückgänge. Darüber hinaus geht die Mehrheit der Unternehmen von einer Abnahme der Investitionen aus und viele rechnen mit einer weiteren Verschlechterung der Rahmenbedingungen, insbesondere in Bezug auf Kosten, betriebliche Wettbewerbsfähigkeit und Zugang zu Krediten.
Was die Rentabilität betrifft, so entsprechen die Erwartungen für das Jahr 2021 weitgehend der Lage im vergangenen Jahr. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen gehen auch heuer von einem unbefriedigenden Betriebsergebnis aus. Besonders schlecht ist das Geschäftsklima in den tourismusintensiven Bezirken Salten-Schlern, Pustertal und Eisacktal.

 

Der Ausfall der Wintersaison hat auch gravierende Auswirkungen auf die Beschäftigung, insbesondere bei den Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeitern. Zwischen November 2020 und Februar 2021 waren im Südtiroler Tourismus durchschnittlich nur etwa 13.700 unselbständig Beschäftigte tätig, was einer Halbierung im Vergleich zum gleichen Zeitraum der vorherigen Wintersaison entspricht. Für 2021 erwarten die Unternehmen einen weiteren Rückgang der Beschäftigung.

 

“Der Tourismus ist seit Jahrzehnten ein für Südtirol wichtiger Entwicklungs- und Wohlstandsmotor und sorgt gerade im ländlichen Raum für Beschäftigung und Einkommen. Angesichts dieser schweren Krise ist es jetzt dringend notwendig, den gesamten Tourismussektor finanziell massiv zu unterstützen”, kommentiert Handelskammer-Präsident Michl Ebner, kommentiert diese Zahlen. Und HGV-Präsident Manfred Pinzger meint: “Die Ergebnisse des Wirtschaftsbarometers sind deutlich genug. Die Gastwirte und ihre Mitarbeiter sind sehr verunsichert und sehen kaum Perspektiven. Die Politik muss darauf reagieren, etwa mit konkreten, klaren und umsetzbaren Öffnungskonzepten im Tourismus, wie sie Eurac Research, IDM und HGV ausgearbeitet haben.”