Proteste 2
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Gesellschaft | Covid-Proteste

Droht der Sturz ins Chaos?

Bei Covid-Kundgebungen in Rom, Mailand und Neapel kam es gestern zu gewalttätigen Übergriffen. Droht das Chaos?

Italiens angespannte Covid-Atmosphäre eskaliert. Am gestrigen Dienstag kam es vor der Abgeordnetenkammer bei einer Kundgebung von Gastwirten gegen die Schliessung ihrer Lokale erstmals zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Die Polizei in Kampfaustrüstung mit Helmen, Schlagstöcken und Schutzschilden setzte Tränengas ein. Die Demonstranten antworteten mit Sprechchören: "Siamo imprenditori, non delinquenti." Unter den Teilnehmern an der Kundgebung befanden sich auch Mitglieder von Casa Pound und Forza Nuova. Es war nicht die einzige Demonstration. Bei Neapel blockierten aufgebrachte Wanderhändler die Autobahn und zeigten Spruchbänder mit der Aufschrift "Non ce la facciamo più".

 

 

Am Mailänder Hauptbahnhof demonstrierten Wanderhändler und Busunternehmer mit einer nicht genehmigten Kundgebung gegen die Einstellung ihrer Tätigkeit. Rund 100 Fahrzeuge blockierten die Via Pisani vor dem Bahnhof. Die Lage droht zu eskalieren. So dauerte etwa die Blockade der Autobahn bei Neapel über 10 Stunden und wurde erst abgebrochen, als eine Vertretung der UGL von der Regierung Zusagen erhalten hatte. Für ein vierstündiges Chaos sorgte auch die Blockade am Mailänder Hauptbahnhof. Dass diese Proteste – wie vor dem römischen Palazzo Montecitorio – auch von rechtsextremen Bewegungen wie Casa Pound geschürt und unterwandert werden, ist ein weiteres Alarmsignal.

 

Die Statistiken zeigen auch, dass von der Corona-Krise Frauen ungleich mehr betroffen sind als Männer.

Der Verlust des Sozialprodukts durch die Covid-Schliessungen wird auf über 150 Milliarden geschätzt. 38 davon betreffen die Gastbetriebe, 100 den Fremdenverkehr. Die Statistiken zeigen auch, dass von der Corona-Krise Frauen ungleich mehr betroffen sind als Männer: Im vergangenen Dezember waren von 101.000 Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, 99.000 Frauen. Die Statistik bestätigt: Im Corona-Jahr 2020 kamen in Italien auf vier neue Arbeitslose drei Frauen. Unter den am meisten betroffenen Berufsgruppen sind Geschäftsinhaber, Wanderhändler und Friseure.

 

 

Die gestrigen Kundgebungen und teilweise gewalttätigen Ausschreitungen sind ein Warnsignal. Die Polizei wurde vor der Abgeordnetenkammer mit Wurfgeschossen bedacht und mit "Giù il casco"-Chören zum Abnehmen der Helme aufgefordet. Der Corriere della Sera ortet in der battaglia tutti contro tutti ein bedrohliches Symptom: "La pandemia ha esasperato la spaccatura, trasformando i garantiti in tifosi acritici del lockdown – conta solo la salute, il resto seguirà – e gli autonomi in negazionisti o minimizzatori. Una guerra tra poveri – anzi tra ex-benestanti – combattuta a colpi di stereotipi: 'fannulloni' contro 'evasori' stipendiati contro autonomi, garantiti contro abbandonati a se stessi."

Wohin dieses gefährliche Gemisch führt, hat sich bei den gestrigen Kundgebungen deutlich gezeigt.

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Thomas Huck Mi., 07.04.2021 - 11:18

Ganz egal ob die Demonstranten recht haben oder nicht, das Richtige fordern oder nicht, dagegen werden weder Impfungen noch Gesetze helfen. Eine solche Stimmung ist Sprengstoff für eine Gesellschaft und es wird viel länger bleiben als eine Pandemie.
Vermutlich würden noch viel mehr Leute demonstrieren, wären die Demos nicht so radikal bzw. von rechten Bewegungen koordiniert.

Mi., 07.04.2021 - 11:18 Permalink
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Christian I Mi., 07.04.2021 - 11:54

Antwort auf von Thomas Huck

"Vermutlich würden noch viel mehr Leute demonstrieren, wären die Demos nicht so radikal bzw. von rechten Bewegungen koordiniert." Ganz ihrer Meinung. Diese Regierung zeigt sich als Löwe mit denen die bis jetzt Körper und Geist aufgegeben haben um zu Helfen wo und wann sie nur konnten! Doch bei den viel wichtigeren Themen macht diese Regierung die Schnecke...

Mi., 07.04.2021 - 11:54 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 07.04.2021 - 13:56

""Die Polizei in Kampfaustrüstung mit Helmen, Schlagstöcken und Schutzschildern ..."" Mich würde interessieren, warum die Polizei "Schutzschilder" verwendet. Was ist auf diesen Schildern zum Schutz der Polizei geschrieben? Ich würde aus Polizist z. B. "Vade retro" als Motto wählen. Noch sinnvoller wäre es, wenn die Polizei anstatt der Schutzschilder Schutzschilde benützen würde. Die helfen mehr gegen Wurfgeschosse.

Mi., 07.04.2021 - 13:56 Permalink
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Frei Erfunden Do., 08.04.2021 - 09:53

Mit Herrn Draghi erlebt der Neoliberalismus einen neuen boost.

Der Finzanzsektor muss glaubhaft zur Kasse gebeten werden,
Steueroaesen müssen trocken gelegt werden.
Telekommunikation muss verstaatlicht werden weil Grundrecht.
Das öffentlich rechtliche Fernsehen muss wieder seinem Bildungsauftrag nachkommen und unabhängig agieren können.

Europa bedient weiterhin seine Eliten, wen wunderts, dass rechtslastige Parteien wieder ihren Aufschwung erleben.

Do., 08.04.2021 - 09:53 Permalink
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David Gebhardi Fr., 09.04.2021 - 08:36

Die Frage, die bis jetzt noch niemand beantwortet hat oder will ist: Was ist das Ziele der Einschränkungen dieser Pandemie? Zu glauben, dass das Ziel die Reduzierung der Inzidenz ist, um die Intensivstationen zu erleichtern, ist mit Verlaub, nicht glaubhaft. Was ist also das Ziel? Die Kundgebungen zeigen, dass vieles zu klären ist und vieles ist nicht verstanden worden. Also bitte, bevor hier irgendjemand gegen die Ungehorsamkeit einzelner, stark betroffener Personen sich warm redet, wäre es langsam an der Zeit, uns alle uneingeschränkt zu informieren und zwar transparent!

Fr., 09.04.2021 - 08:36 Permalink
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Peter Gasser Fr., 09.04.2021 - 09:37

Antwort auf von David Gebhardi

Sie schreiben:
„Zu glauben, dass das Ziel die Reduzierung der Inzidenz ist, um die Intensivstationen zu erleichtern, ist mit Verlaub, nicht glaubhaft“.
Gerade darin sind doch Kausalität und Logik und damit „Ziel“ gut erkennbar.

Worin sehen Sie dann das Ziel?
Woran spekulieren Sie abseits sichtbarer Kausalität? Das geht jetzt aus Ihrem Beitrag leider nicht hervor...

Fr., 09.04.2021 - 09:37 Permalink
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David Gebhardi Fr., 09.04.2021 - 13:51

Antwort auf von Peter Gasser

Ich bin nicht derjenige, der das Ziel definieren muss. Das müssen unsere Politiker tun! Ich möchte nur gerne verstehen, was das Ziel dieser Einschränkungen ist? Eine einfache Frage, nur antwortet niemand darauf; ob in Italien, Deutschland, Frankreich ... KEINER!

Fr., 09.04.2021 - 13:51 Permalink
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Peter Gasser Fr., 09.04.2021 - 14:05

Antwort auf von David Gebhardi

Da verstehe ich Sie jetzt nicht:
in allen dreien von Ihnen genannten Staaten ist das Ziel klar kommuniziert:
1. die Überlastung des Gesundheitssystems (Krankenhäuser, Ärzte, Intensivbetten) vermeiden;
2. vorzeitige Todesfälle, schwere Krankheitsverläufe, Long-Covid-Erkrankungen, bleibende Gesundheitsschäden bei Mitbürgern so weit wie möglich vermeiden.
Das ist doch überall klar kommuniziert. Neben Politikern, bei denen es bei einigen wirklich nicht klar scheint, so doch von verantwortlichen Ärzten.

Fr., 09.04.2021 - 14:05 Permalink
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David Gebhardi Fr., 09.04.2021 - 14:52

Antwort auf von Peter Gasser

Hierbei handelt es sich um die standarisierte Zieldefinition, die nicht glaubhaft ist. Überlastungen beugt man vor bzw. man reagiert entsprechend. Das bedeutet: da wo es fehlt wird aufgestockt. Und weiter: Todesfälle gibt es nicht nur in den Intensivstationen ... Das Kartenhaus bricht zusammen … Also, das Ziel ist?

Fr., 09.04.2021 - 14:52 Permalink
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Peter Gasser Fr., 09.04.2021 - 15:30

Antwort auf von David Gebhardi

Sie schreiben: „Hierbei handelt es sich um die standarisierte Zieldefinition, die nicht glaubhaft ist“:
Sie stellen diese Aussage als „allgemeine Behauptung“ dar (gar ohne diese auch zu begründen), in Wirklichkeit aber ist dies Ihre subjektive „Meinung“.
Daher wäre es korrekt, wenn Sie schreiben würden: „Hierbei handelt es sich um die standarisierte Zieldefinition, die - *meiner Ansicht nach* - nicht glaubhaft ist“.
Dann haben wir Ihre Ansicht, und die anderer, zum Beispiel meine, für die dies eine klare Kausalität hat und ein nachvollziehbares Ziel ist - und könnten darüber sachbezogen diskutieren.

Fr., 09.04.2021 - 15:30 Permalink
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David Gebhardi Fr., 09.04.2021 - 16:31

Antwort auf von Peter Gasser

ok, da gebe ich ihnen recht, da war ich jetzt etwas voreilig. Nichts desto trotz, habe ich eine Begründung angegeben. Eine Überlastung, wo auch immer, kann man nur entgegentreten, wenn man entsprechende Maßnahmen ergreift und nicht die Schuld der Überlastung auf andere abwälzt.

Fr., 09.04.2021 - 16:31 Permalink
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Peter Gasser Fr., 09.04.2021 - 16:47

Antwort auf von David Gebhardi

... das freut mich - und da gebe wiederum ich Ihnen recht: man muss "entsprechende Maßnahmen ergreifen".
Da man kurzfristig aber weder die Anzahl betreuter Intensivbetten aufstocken kann (eine Sünde der Vergangenheit - neoliberale Rendite-Politik), noch, wie Trump glaubte, das Virus einfach "verschwindet", bleibt nur die Prävention - dem *Virus kein Futter geben* bis die Impfung greift (falls diese greift) - so meine Sicht der Sachlage.

Fr., 09.04.2021 - 16:47 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Fr., 09.04.2021 - 09:50

Antwort auf von David Gebhardi

Was das Ziel ist? Das liegt doch auf der Hand, zumindest für wenige, aber laute Zeitgenossen. Und das reicht von Weltherrschaft der Finanzelite, über Gates-Chips beim Impfen, bis zur Diktatur wie zur Nazizeit, u.v.m. Sie haben die Qual der Wahl, suchen Sie sich was aus, wenn Ihnen die Reduzierung der Inzidenz als Begründung nicht ausreicht.

Fr., 09.04.2021 - 09:50 Permalink