Wirtschaft | Gastronomie

„Wir werden nicht Polizei spielen“

HGV-Obmann Manfred Pinzger über die heutige Öffnung der Restaurants, die Pflicht einen Test oder eine Impfung vorzuweisen und die Eigenverantwortung der Gäste.
Manfred Pinzger
Foto: HGV
Salto.bz: Herr Pinzger, haben Sie als Wirt verstanden, was Sie ab heute tun müssen?
 
Manfred Pinzger: Ich muss vorausschicken, dass wir Gottseidank endlich öffnen dürfen. Hier ist es der Landesregierung und dem Landeshauptmann gelungen, eine besondere Regelung für Südtirol zu schaffen. Wir sind Bergregion und da ist es nicht so einfach – etwa am Abend – nur im Freien zu speisen. Man hat sich jetzt für dieses Konzept „Sicheres Öffnen“ entschieden. Für uns wird das sicher nicht einfach. Es ist aber ein Schritt nach vorne.
 
Die Gastwirte werden mit der Verordnung des Landeshauptmannes jetzt auch noch zu Gesundheitspolizisten?
 
Natürlich ist die Situation prinzipiell schwierig für die Gastwirte. Die Leute, die vor Ort mit diesen Bestimmungen zurechtkommen müssen, werden sich nicht leichttun. Das ist klar. Das Einzige was hier wirklich zählt, ist die Eigenverantwortung der Gäste und Menschen. Denn eine Barbetreiberin, die hinter der Theke steht, wird es kaum schaffen, die Gäste am Eingang zu kontrollieren. Wer hat den Green Pass, wer hat den Test dabei oder war bereits krank? Hier funktioniert das Ganze nur mit Eigenverantwortung.
Die Leute, die vor Ort mit diesen Bestimmungen zurechtkommen müssen, werden sich nicht leichttun.
Die Frage ist, ob die Gastwirtin oder der Gastwirt wirklich kontrollieren kann, ob der Gast einen Test hat oder nicht?
 
Ich gehe davon aus, dass der Gast beim Betreten des Lokals freiwillig seinen Impfpass oder seinen Test vorweisen wird. Denn auch die Gäste haben größtes Interesse an sicheren Räumlichkeiten. Ich gehe deshalb schon davon aus, dass der Gast hier von sich aus aktiv wird.

Und wenn der Gast das nicht tut?
 
Polizei zu spielen wird für uns natürlich schwierig und wir werden das sicher nicht tun. Nochmals: Eigenverantwortung muss großgeschrieben werden. Sollte der Gast sich aber weigern, etwas vorzuweisen, hat der Gastwirt auch die Pflicht - laut letzten Aussagen von Tourismus-Landesrat Arnold Schuler - den Gast freundlich zu ersuchen, das Lokal zu verlassen. Natürlich wird kein Wirt seine Gäste hochkant hinauswerfen.
 
 
Das Einzige was hier wirklich zählt, ist die Eigenverantwortung der Gäste und Menschen.
Ich gehe in ein Restaurant, das einen Garten hat. Im Garten brauche ich weder Test noch Impfung. Damit ich aber in den Garten komme, muss ich durch das gesamte Lokal stolzieren und auch wenn ich auf die Toilette gehen, muss ich in das Restaurant. Wird die gesamte Regelung damit nicht obsolet?
 
Nein. Denn sie dürfen das Lokal nur mit einer FFP2-Maske betreten. Dasselbe gilt auch für den Gang auf die Toilette. Damit hält man die Coronabestimmungen ein.
 
Die Menschen müssen weiterhin um 22 Uhr zuhause sein. Das heißt: Die meisten Gäste werden deshalb gegen 21 Uhr die Restaurants verlassen müssen. Macht eine Abendöffnung damit überhaupt Sinn?
 
Solange diese 22-Uhr-Ausgangssperre für alle anderen Bereiche gilt, werden wir sicher nicht eine Ausnahmeregelung für die Gastronomie beantragen können. 22 Uhr ist ein Kompromiss. Wobei ich davon ausgehe, dass das eine Übergangslösung ist und diese Regelung nicht den ganzen Sommer über bestehen bleibt. Denn das wäre für eine Tourismusdestination fatal.
 
Der HGV strebt eine Ausweitung bis 24 Uhr an?
 
Ganz klar. Natürlich immer unter der Berücksichtigung bestimmter Sicherheitsbestimmungen. Wenn man an einem schönen, lauen Sommerabend im Freien sitzt, dann wird sich epidemiologisch wohl kaum etwas ändern, wenn ich um 24 Uhr anstatt um 22 Uhr zuhause bin. Deshalb hoffen wir schon, dass das nur eine Übergangslösung ist und wir schon bald wieder zur Normalität zurückkehren.
Wir werden auch heuer nicht von Touristen überrannt werden. Die ewigen, kritischen Geister in unserem Land, die lieber in einem Reservat leben würden, werden erfreut sein.
Wie schaut es mit den Hotels in Südtirol aus? Werden auch sie jetzt öffnen?
 
Das wird graduell erfolgen. Es gibt einige Hotels, die bereist geöffnet haben und einige werden jetzt sicher aufsperren. Es wird aber sehr langsam gehen. Ich sehe im eigenen Betrieb, dass der Mai leider Gottes ganz schwach gebucht ist. Mit Ausnahme einzelner Wochenenden. Damit wird der Mai auch heuer nicht viel hergeben. Wir gehen davon aus, dass die meisten Hotels Anfang Juni aufsperren werden.

Sie sind dennoch zuversichtlich für die Sommersaison?
 
Es wird wieder eine kurze Sommersaison werden. Und wir werden auch nicht von Touristen überrannt werden. Die ewigen, kritischen Geister in unserem Land, die lieber in einem Reservat leben würden, werden erfreut sein. Aufgrund der allgemeinen Unsicherheit wird es doch eher zaghaft losgehen. Und es wird nochmals wie im vergangenen Jahr eine sehr kurze und schwierige Saison werden.

 

Bild
Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Mo., 26.04.2021 - 12:47

Kurzfristige Maßnahmen (siehe Artikel) im Sinne eines SOS Plans sind wichtig, reichen jedoch nicht aus.
Mir fehlt bei HGV-Obmann Manfred Pinzger´s Ausführungen, die mittel - und langfristig vorausschauende Perspektive.
Ja, auf der einen Seite braucht es nun höchste Flexibilität im touristischen Tagesgeschäft, doch gleichzeitig sind die richtigen strategischen Weichen für die Zukunft touristischer Unternehmen zu stellen. – Eine Alternative dazu gibt es nicht.
Z.B.: „Alpine Destinationen und touristische Unternehmen benötigen gelebte Nachhaltigkeitskonzepte, die sich keinem Lebensbereich entziehen. Das betrifft u.a. Mobilität, Wohnen und Beherbergung, Energieversorgung, Bauweisen, touristische Nutzung von Berg und Natur, Rohstoffe, Konsumverhalten, Gesundheit etc. Intelligente Destinationen sind in Zukunft Vorbilder für ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.“(institute for brand logic)
Es wäre leichtsinnig und vermessen zu glauben, dass alles beim Alten bleibt und man Post-Corona genauso weitermachen kann wie bisher. Wie fragil das Gesundheits-, Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ist, hat uns ein Virus – in kurzer Zeit - vor Augen geführt.

Mo., 26.04.2021 - 12:47 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Mo., 26.04.2021 - 19:52

Herr Pinzger sagt:
„ Das Einzige was hier wirklich zählt, ist die Eigenverantwortung der Gäste und Menschen ... Wer hat den Green Pass, wer hat den Test dabei oder war bereits krank? Hier funktioniert das Ganze nur mit Eigenverantwortung... Polizei zu spielen wird für uns natürlich schwierig und wir werden das sicher nicht tun“.

In der gegenständlichen Verordnung des Landeshauptmannes steht aber:
„Die obengenannten Tätigkeiten der Gastronomie sind in geschlossenen Räumen bis um 22.00 Uhr **unter der Voraussetzung des Vorweises der grünen Bescheinigung** gemäß Punkt 47), bei einer Konsumierung am Tisch, mit maximal 4 Personen am Tisch, in den Restaurants nur nach Vormerkung, unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen im Sinne der Anlage A des Landesgesetzes vom 8. Mai 2020, Nr. 4 gestattet“:
Also „unter der *Voraussetzung* des Vorweises: das bedeutet, ohne Vorweis (und damit Kontrolle) keine Bedienung:
Herr Pinzger hat die Verordnung offensichtlich nicht gelesen, bzw. sagt hier - so scheint es und ich mag mich irren - dass man sich nicht daran zu halten gedenkt.

Mo., 26.04.2021 - 19:52 Permalink
Bild
Profil für Benutzer G. P.
G. P. Di., 27.04.2021 - 11:42

Antwort auf von Peter Gasser

LH Kompatscher ist - wie üblich - wieder zurückgerudert und hat klar gestellt: "Es gibt keine Kontrollpflicht: Betreiber müssen also nicht am Eingang stehen und den Corona-Pass eines jeden Gastes überprüfen. Keiner braucht Polizei zu spielen."

Di., 27.04.2021 - 11:42 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Sebastian Felderer
Sebastian Felderer Di., 27.04.2021 - 06:59

Manfred Pinzger ist ein Vorsichtiger geworden. Ich weiß, es geht um viel Geld und bevor dieses nicht vollständig ausgeschüttet ist, muss er brav sein. Zudem hat er ja als Hotelier das Einkommen des HGV-Präsidenten, da tut man sich schon leichter, den Maßnahmen eines Landeshauptmannes zu folgen. Aber ist nicht gerade die Gastronomie am schlimmsten unter die Räder gekommen. Ein Essen an einem Tisch mit Scheibe, einen Kaffee oder ein Glas Wein, geöffnet bis 18 Uhr oder bis Mitternacht, wo liegt da schon eine große Ansteckungsgefahr? Wenn Herr Pinzger auch beim Pass auf Eigenverantwortung pocht, wozu dann der ganze Zauber? Mein Fazit: Genuss ist gerade jetzt psychologisch für die Gesellschaft sehr wichtig. Andererseits muss das Impfen freiwillig bleiben. Was soll dann dieser Pass, bitte schön, Herr Präsident? Versagen wirklich alle aus reiner Parteidisziplin?

Di., 27.04.2021 - 06:59 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Di., 27.04.2021 - 08:30

... ja, dann sind die gegenständliche Verordnung und der „grüner Pass“ eine leere Luftnummer, ein (eingeplant falsches) Alibi.
Einer Verordnung, welche nur vormacht, etwas würde gelten, es gilt aber nicht - und jeder (Betreiber und Gast) kann tun, was er will.

Welche faktische Wirkung oder Relevanz hat dann diese Verordnung?

Keine.

Leeres Papier, das etwas vorgaukelt, was nicht ist?

Di., 27.04.2021 - 08:30 Permalink
Bild
Profil für Benutzer G. P.
G. P. Di., 27.04.2021 - 12:59

Antwort auf von Peter Gasser

Und das mit den verpflichtenden Tischreservierungen in Restaurants ist sowieso Humbug hoch drei. Glaubt wirklich jemand, ein Lokalbetreiber verschickt Gäste, nur weil sie nicht vorher einen Tisch reserviert haben?
Zudem geht eine Tischreservierung ziemlich schnell. Lokal betreten, Tisch reservieren, Platz nehmen … :-)

Di., 27.04.2021 - 12:59 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Fabian .
Fabian . Di., 27.04.2021 - 11:38

Ja, der datenschutzrechtliche Aspekt wurde ja schon von vielen IT-Experten (haben wir eigentlich auch Datenschutz-Experten?) angeführt. Dieser neue Sonderweg (sic!) wird wohl über den Status eines Provisoriums nicht hinausgehen, vielleicht ja sogleich wieder kassiert werden.

Di., 27.04.2021 - 11:38 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler Mi., 28.04.2021 - 09:37

- Keine faulen Ausreden bitte: Die Kontrolle am Eingang eines Restaurants oder Hotels erwarte ich mir einfach! (Bars etwas komplizierter). Sorry, aber das sind max. 10 Sekunden pro Person! Geht also schneller als jede "Reservierung".
- Datenschutz 1: Wenn ich irgendwo nächtige, muss ich auch meinen Ausweis herzeigen. Und wenn ich Alk will, muss ich das im Zweifelsfall auch!
- Datenschutz 2: Das "grüne Häckchen" wird nicht gespeichert. Nach dem QR-Scan zeigt es ja nur an ob ich momentan theoretisch "clean" bin.
P.s. Die größte Aufgabe oder Arbeit hat derzeit wohl nicht die Gastronomie, sondern die IT-Leute im Sanitätsbetrieb die für die verschiedensten Realitäten (geimpfte, genesene, getestete ... mit Ablaufdatum) das QR-Code-System mit webbasierten Ergebnissen erstellen müssen. Und das unter Berücksichtigung diverser Vorschriften. DAS ist das Problem!
P.s.2.; Betriebe die nicht kontrollieren einfach meiden! Ganz im Sinne der "Eigen- und Gesellschaftsverantwortung"

Mi., 28.04.2021 - 09:37 Permalink