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Das Geschäftsmodell der Zukunvt

Arno Parmeggiani ist Angestellter der SVP-Fraktion und Mitbesitzer der Agentur zukunvt, die von Land und IDM mit Aufträgen beglückt wird. Ein Südtiroler Filz.
Dachmarke
Foto: Zukunvt
Die WhatsApp-Gruppe hat einen fast schon amtlichen Titel: „SVP-Fraktion 2018-2023“. Es handelt sich dabei um die offizielle Informations- und Diskussionsplattform der amtierenden SVP-Landtagsabgeordneten. Zutritt hat natürlich nur, wer dazu gehört.
Die Mitglieder sind alphabetisch geordnet, wobei der Vorname zählt. So findet sich als erster Name Arno Kompatscher. Auch der zweite Mann in der Liste trägt, denselben Vornamen wie der Landeshauptmann: Arno Parmeggiani
Arno Parmeggiani ist kein SVP-Landtagsabgeordneter, sondern ein Angestellter der SVP-Fraktion im Südtiroler Landtag. Parmeggiani ist offiziell der strategische Berater der SVP-Fraktion. „Er ist der Mann, der den Laden schmeißt“, sagt ein SVP-Abgeordneter und streut dem jungen Brixner sogleich Rosen, „und er macht seine Sache wirklich gut“.
Was man dabei nicht sagt:  An der Person von Arno Parmeggiani lässt sich auch eine Verflechtung von Parteipolitik, persönlicher Wahlkampf-Beratung und öffentlichen Aufträgen festmachen lässt, die alles andere als unproblematisch ist. Diese Konstellation zeigt auch auf, dass sich die Regierenden in Südtirol auch im dritten Jahrtausend anscheinend noch immer schwertun, einen klaren Strich zwischen Landesverwaltung und Partei zu ziehen.
 

Der DJ

 
Arno Parmeggiani ist ein Macher. Der mittlerweile 33 Jahre alte Brixner beginnt sich - kaum 20-jährig - als DJ und Mitveranstalter des Love Electro Festival und andere Events einen Namen zu machen. Ende Mai 2012 gründet Parmeggiani zusammen mit drei Freunden - Victor Matic, Moritz Gruber und Viktor Franz - die „zukunvt GmbH“. Das Unternehmen mit Rechtssitz in Bruneck und Büros in Bozen und Wien gehört den vier Freunden jeweils zu 25 Prozent. Im Verwaltungsrat sitzen bis heute Viktor Franz als Präsident, sowie Victor Matic und Arno Parmeggiani als Verwaltungsräte. Neben den vier Firmengründern hat zukunvt heute – laut Eigendarstellung – weitere 10 Mitarbeiter.
 
 
 
Die im Gründungsakt und in der Handelskammer angegebene Haupttätigkeit des Unternehmens lautet: „Vernetzung und Werbeberatung (ausgeschlossen die Tätigkeit von Werbeagenturen) von Firmen, Kunden und Organisationen.“
In einem Interview mit dem Online-Magazin barfuss beschreibt Arno Parmeggiani vor sechs Jahren die Firmengründung weniger gespreizt:
 
Jeder von uns hat gute Ideen und jeder kann etwas anderes. Wir haben eine Plattform gebraucht, durch die wir diese Ideen so umsetzen können, wie sie uns gefallen. Für uns stand bald fest: Wenn jeder das tut, was er am besten kann und am liebsten macht, dann werden die Projekte einfach gut, wir sind zufrieden und der Output ist cool. Dann haben wir es gewagt und diese Agentur gegründet. So entsteht dann schon mal ein Freestyle-Film, eine Fashion-Show, ein Pop-Festival oder eine politische Kampagne.“
 
Vor allem letzteres ist inzwischen die Hauptbeschäftigung des jungen Brixners.
 

Im Zentrum der Macht

 
Arno Parmeggiani studiert Politikwissenschaften in Innsbruck und absolviert 2012 im Rahmen seines Studiums ein Praktikum beim damaligen SVP-Landtagsabgeordneten Arnold Schuler im Landtag. Dieses Praktikum ist das Entree für den jungen DJ in die Welt der hohen Politik. Der vor Ideen wie vor Selbstvertrauen gleichermaßen sprühende Student fällt im SVP-Gehege schnell auf.
Als Arno Kompatscher 2013 ins Rennen um die Durnwalder-Nachfolge als Landeshauptmann steigt, sucht der Völser Bürgermeister bewusst nach unverbrauchten, jungen Köpfen für sein Wahlkampfteam. Arno Parmeggiani ist dafür der richtige Mann, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Parmeggiani und Victor Matic steigen ins Kompatscher-Team auf und mit ihnen auch ihre Agentur zukunvt, die Kompatschers ersten Landtags-Wahlkampf betreut.
 
 
Ich habe in einem kleinen Team seine öffentlichen Auftritte koordiniert, Texte und Strategien entwickelt und recherchiert – eben alles, was in einem Wahlkampf so anfällt“, beschreibt Parmeggiani gegenüber barfuss seine Rolle.
Der Politikstudent findet in der SVP aber auch beruflich seine Heimat. Nach der erfolgreichen Wahl Kompatschers zum Landeshauptmann wird der Brixner Tausendsassa zum Mitarbeiter des damaligen SVP-Fraktionssprechers Dieter Steger. Seitdem ist Parmeggiani formal Angestellter der SVP-Fraktion im Südtiroler Landtag. Seit über sieben Jahren ist er dort vor allem für die Kommunikation nach außen und als strategischer Berater zuständig. 
Nebenbei wird das Unternehmen zukunvt über Nacht zum Fixstern im SVP-Kosmos. So zeichnet das Parmeggiani-Unternehmen für die „Art Direction und technische Umsetzung“ der privaten Homepage sowohl von Landeshauptmann Arno Kompatscher als auch von Wirtschaftslandesrat und SVP-Obmann Philipp Achammer verantwortlich. Außerdem ist das Unternehmen auch für die grafische Umsetzung der Webseite der Südtiroler Volkspartei zuständig.
 

Der Unfall

 
2018 betreut die Agentur nicht nur den Landtagswahlkampf von Arno Kompatscher, sondern auch jenen von Philipp Achammer.
Dass die verschiedenen Rollen zwischen Landtag, SVP-Fraktion, Partei, Wahlkampf-Manager und Unternehmer nicht leicht unter einen Hut zu bringen sind und daraus notgedrungen Problemfelder entstehen, wird spätestens im Frühsommer 2018 durch einen kleinen Unfall deutlich.
 
 
Am Rande einer Pressekonferenz machte der Fraktionsmitarbeiter der Südtiroler Freiheit, Cristian Kollmann, eine zufällige Entdeckung: Im Drucker des Saales liegt, in zweifacher Ausfertigung, ein Wahlstrategiepapier der Südtiroler Volkspartei. Ausgearbeitet vom „Zukunvt Office Bozen“. Kollmann und die Südtiroler Freiheit machen die Sache öffentlich und sie stellen eine provokante Frage: „Was wohl der Rechnungshof dazu sagen wird, wenn die SVP für ihren Wahlkampf die Infrastruktur des Landtages missbraucht?“ Die Antwort darauf geht aber in der Sommerhitze unter.
Sicher ist: Arno Parmeggiani & Co sind gut im Geschäft. Im Jahr 2018 stieg der Umsatz von zukunvt um rund 150 Prozent. Es ist die bisher letzte Bilanz, die das Unternehmen in der Handelskammer hinterlegt hat. 
Bis hierher könnte es eine Erfolgsgeschichte unterm Edelweiß sein, bei der einmal nicht die alten ausgelatschten traditionellen SVP-Seilschaften profitieren, sondern eine junge, durchaus vife Gruppe junger Menschen, die sich auch ideologisch der Volkspartei zugehörig fühlen.
Aber es gibt auch eine andere Seite der Medaille, die an den tiefen politischen Klientelismus vergangener Zeiten erinnert.
Denn die Agentur zukunvt wird gleichzeitig reichlich mit öffentlichen Aufträgen und Geldern bedacht. Somit erhält ein Unternehmen, das einem SVP-Fraktionsmitarbeiter gehört, das den Wahlkampf der Spitze der Landesregierung betreut und für diese politische Strategiearbeit verrichtet, direkt oder indirekt von diesen Politikern öffentliche Aufträge.
 

Die öffentlichen Aufträge

 
Das Land hat in den vergangenen 5 Jahren insgesamt 34 Aufträge an die Agentur zukunvt vergeben. Der Großteil davon als Direktvergabe.
Es geht dabei um Aufträge zwischen 500 und 50.000 Euro. Einsetzbar ist die Agentur anscheinend in fast allen Bereichen. So erhält zukunvt  beispielsweise den Auftrag für eine Sensibilisierungskampagne des Straßendienstes (48.452,30 Euro), einen Auftrag für einen „Sponsorisierung post“ des Energieplanes auf Facebook und Google durch das Verwaltungsamt für Umwelt und den Auftrag für die Grafik für die Veranstaltung „Bewegung und Sport“ durch das Amt für Schulfinanzierung (5.490 Euro). Ebenso ist die Agentur für das italienische oder ladinische Kulturamt tätig. Etwa in der Kommunikationskampagne für das Centro Trevi oder die Werbekampagne „Kultur ist offen“ (11.374,06 Euro). Auch das Amt für Arbeit greift für die Werbekampagne „eJobBörse 2020“ (18.300 Euro) auf das Parmeggiani-Unternehmen zurück.
 
 
Auffallend aber ist, dass das Gros der zukunvt-Aufträge aus den Ressort zweier Politiker stammt, die auch privat Kunden dieses Unternehmens sind: Arno Kompatscher und Philipp Achammer.
So begleitet zukunvt für die Ressorts von Philipp Achammer den „Bildungsdialog“ grafisch und konzeptuell, die Informationskampagne zum Thema „Mehrsprachigkeit 2016-2020“ oder die grafische Ausarbeitung der „KulturPerspektiven“. Ebenso entwirft die Agentur für die Koordinierungsstelle für Integration die Kommunikationsstrategie „Integration durch Leistung“. Im Frühjahr 2015 und im Herbst 2015 finden zwei Veranstaltungsreihen zum Landeskulturgesetz und zur Entwicklung der Förderrichtlinien statt, für deren Erscheinungsbild die Agentur engagiert wird.
Als die Landesregierung beschließt, Pressegespräche aller Landesrätinnen und Landesräte zu veranstalten, um über die bisherigen Ergebnisse der laufenden Amtszeit Resümee zu ziehen, vergibt Philipp Achammer an die „zukunvt GmbH“ einen Direktauftrag für die Moderation seines Pressegesprächs.
Ein besonders lukratives Betätigungsfeld findet das Unternehmen des SVP-Fraktionsangestellten aber auch im Ressort des Landeshauptmannes. Arno Kompatschers Ressortdirektor Ulrich Stofner ist auch für die Agentur für Presse und Kommunikation des Landes zuständig. Stofner vergibt einen Direktauftrag an zukunvt für Dienstleistungen als „Kommunikation Grafik- und Digitalagentur“ von 46.018,40 Euro. Dazu kommt, dass fast jeder Schritt, den die Kommunikationsagentur des Landes in den sozialen Netzwerken plant und macht, anscheinend über das Unternehmen Parmeggianis läuft.
 
 
So arbeitet zukunvt für die „Covid19 - Visuelle Kommunikation Wirtschafts-, Familien- und Sozialpaket des Landes Südtirol“ (15.921 Euro), für die „Covid 19 – Socialmedia-Kampagne“ (28.551,66 Euro) oder für die „Covid 19 –Socialmedia-Kampagne zum neuen Landesgesetz" ( 17.080 Euro). Für die Begleitung der konzeptionellen und grafischen Umsetzung der Informationskampagne „#NeustartSüdtirol“ bekommt die Agentur einen Auftrag in der Höhe von 21.228 Euro und für die Informations- und Aktivierungskampagne der „#NeustartSüdtirol App“ weitere 21.228 Euro.
Auch die Verbreitung der Covid-Verhaltensregeln in der Schule in den sozialen Medien läuft über diese Agentur (7.320 Euro).
 

Goldesel IDM

 
Zudem hat das Unternehmen zukunvt einen weiteren öffentlichen Auftraggeber gefunden, der noch großzügig zu sein scheint. Die IDM hat in drei Jahren von 2017 bis 2020 insgesamt 24 Direktaufträge an das Unternehmen vergeben.
Auch hier ist das Betätigungsfeld äußerst breit. Es reicht von der „Entwicklung, Grafik und Programmierung der neuen Webseite IDM Film Fund & Commission“ für 36.700 Euro, dem „Corporate Design x Startbase“ (20.200 Euro) über das „Digital Export Coaching“ für zwei Unternehmen (40.000 Euro), der „Neugestaltung der Motivdatenbank“ (16.000 Euro) oder der „Neugestaltung Directory“ (18.000 Euro) bis hin zur Abhaltung des „Südstern Events“ (3.000 Euro).
Neben der Arbeit für Anzeigen und Kampagnen für Äpfel und Milch arbeitet die Agentur auch an der Dach- und Qualitätsmarke Südtirol. Für den Entwurf der „Layouts Qualitätszeichen innerhalb des Markensystems Südtirol“ erhielt zukunvt 16.974 Euro und für die „Ausarbeitung des Corporate Design Handbuchs und Templates für das Qualitätszeichen Südtirol“ weitere 16.108,05 Euro von der IDM.
Dass diese Art der grafischen Qualitätssicherung durch das Unternehmen eines SVP-Angestellten mehr als nur ein „Geschmäckle“ hat, sieht Arno Parmeggiani nicht. "Ich habe stets offen meinen persönlichen Werdegang kommuniziert und ich sehe keine Unvereinbarkeit zwischen meiner über 15-jährigen Tätigkeit als Freiberufler, Kulturschaffender und DJ und der Teilzeit-Anstellung in der SVP-Fraktion", sagt er zu Salto.bz.
Arno Parmeggiani weiter: "Es wäre nicht richtig, wenn die Kompetenz & Erfahrung vom ganzen Team bei zukunvt gemindert würde wegen dem Anschein, dass man nur bei Wettbewerben gewinnt, weil Arno Parmeggiani einer der Mitbegründer der Agentur ist."
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rotaderga Mi., 12.05.2021 - 07:07

Also beten wir jeden Tag aufs Neue für die Verbreitung des Glaubens, redet Gutes und tut es! Singt alle im Chor Halleluja!
Die Landkarte Italiens kann man in der Mitte zusammenklappen.
Norden und Süden sind deckungsgleich.

Mi., 12.05.2021 - 07:07 Permalink
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alfred frei Mi., 12.05.2021 - 10:20

Vorschlag für einen Beschlußantrag im Landtag: persönliche berufliche Werdegänge von Parteianhängerinnen werden in zukunvt (pardon Zukunft) direkt von der SVP Führung in die Hand genommen und entsprechend gefördert und entlohnt. So hat alles seine Ordnung, oder ?

Mi., 12.05.2021 - 10:20 Permalink
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Mattia Frizzera Mi., 12.05.2021 - 10:45

Non sapevo che "Filz" oltre a feltro avesse anche il significato di una parola che trasuda di Prima Repubblica, "consociativismo". Il consociativismo mi mette subito degli occhiali dalla montatura nera e mi porta alla Festa dell'Amicizia con tutti i big della Balena Bianca

Mi., 12.05.2021 - 10:45 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 12.05.2021 - 13:52

Arno Kompatscher hat tatsächlich einen neuen Stil in die Südtiroler Politik gebracht, allerdings in einem sehr negativen Sinn. Zumindest hat er in diesem Fall nicht gelogen, was man ja sonst von ihm nicht behaupten kann.

Mi., 12.05.2021 - 13:52 Permalink
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Peter Gasser Do., 13.05.2021 - 08:40

Im Text steht: „Das Land hat in den vergangenen 5 Jahren insgesamt 34 Aufträge an die Agentur zukunvt vergeben. Der Großteil davon als Direktvergabe“:
Wenn das stimmt, wären dies etwa jeden 2. Monat ein Auftrag des öffentlichen Arbeitgebers an die Firma des Mitarbeiters.
Das würde jeden untergeordneten öffentlichen Verantwortungsträger schon beim 2. Mal seinen Job kosten.
Daher ist es kaum zu glauben.

Do., 13.05.2021 - 08:40 Permalink
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Manfred Klotz So., 16.05.2021 - 07:42

Abgesehen von der Tatsache, dass das Restyling der Dachmarke unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit ein Griff ins Klo war - und jetzt versteht man auch irgendwie, weshalb da nicht sofort gegengesteuert wurde - eine Frage: Ist die bisherige Haus- und Hofagentur Succus in Ungnade gefallen?

So., 16.05.2021 - 07:42 Permalink