Umwelt | never ending story

Störenfriede am Flugplatz

Die Landesregierung ficht einen Beschluss der Antikorruptionsbehörde zum Flugplatz an – spart aber ein zentrales Detail aus. Legambiente verleiht eine “schwarze Flagge”.
Flughafen
Foto: (c) Othmar Seehauser

“ABD: Land ficht ANAC-Beschluss an”. Mit dieser Nachricht geht die Landespresseagentur am Dienstag Mittag an die Öffentlichkeit. Zuvor hat die Landesregierung beschlossen, “einen Beschluss der gesamtstaatlichen Antikorruptionsbehörde ANAC vor dem Verwaltungsgericht des Latiums” anzufechten. Um welchen Beschluss es sich dabei genau handelt, wird aus der Medienmitteilung nicht klar. Warum die Landesregierung dagegen vorgehen will, schon. Doch ein wichtiges Detail spart man in der institutionellen Kommunikation an diesem Tag aus. “Weil es dem Land ein Dorn im Auge ist”, so die Interpretation des Grünen Landtagsabgeordneten Riccardo Dello Sbarba.

 

Zwei Beschlüsse, selbe Zweifel

 

Den Anfang nahm die Geschichte vor etwas mehr als einem Jahr. Nach einer Eingabe von Dachverband für Natur- und Umweltschutz, AVS, Heimatpflegeverband, Umweltgruppe Eppan und einige Anrainer bei der staatlichen Antikorruptionsbehörde ANAC war diese zum Schluss gekommen: Bei der Ausschreibung der Anteile der bis dahin öffentlichen Flughafenbetreibergesellschaft ABD AG an die private ABD Holding GmbH ist nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Unter anderem beanstandete die Antikorruptionsbehörde, dass die Konzession für den Flughafenbetrieb nicht automatisch von einem öffentlichen auf einen privaten Betreiber übergehen könne, wie es im Zuge der Übernahme durch die ABD Holding passiert sei.

Später kamen sowohl die Zivilluftfahrtbehörde ENAC als auch das Infrastrukturministerium (MIT) in zwei Gutachten zum Schluss, dass keine Konzessionsübertragung stattgefunden habe, das Übergabeverfahren also korrekt durchgeführt worden sei. Infolge revidierte die ANAC ihren Beschluss vom 10. Juni 2020. Der zweite ist auf den 27. April 2021 datiert. Darin bestätigt die Antikorruptionsbehörde “schwerwiegende Widersprüche im Verfahren zur Veräußerung der Anteile”, wie es Dachverbands-Geschäftsführer Andreas Riedl kurz nach Veröffentlichung des Beschlusses ausdrückte. Und genau diesen Beschluss ficht die Landesregierung nun an. Mit der Begründung, dass die ANAC trotz der beiden zustimmenden Gutachten von ENAC und MIT “immer noch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung” hege.
Auf einen zentralen Punkt, auf dem die Zweifel der ANAC gründen, geht man in der institutionellen Nachricht am Dienstag – bewusst oder unbewusst – nicht ein.

 

Nix wert?

 

In ihrem Beschluss vom 27. April untermauert die ANAC ihre anfängliche Kritik an dem Verkaufspreis der ABD von 3,8 Millionen Euro. Dieser sei als “unangemessen” anzusehen. Die Flughafengegner sprechen von einem “Spottpreis”. Darunter auch Riccardo Dello Sbarba bzw. seine Partei, die Grünen. Bereits im Juni dieses Jahres halten sie fest: “Nach Ansicht der ANAC hat das Land den privaten Unternehmern nicht nur eine Beteiligung an ABD verkauft, sondern auch die Erbringung einer Dienstleistung für 20 Jahre, mit der entsprechenden Aussicht auf Einnahmen. Im Zusammenhang mit der 20-jährigen Konzession hätte das Land auch einen angemessenen Preis für die Flughafenanlagen ansetzen müssen. Diese wurden von der ANAC auf 34 Millionen Euro geschätzt und das (jetzt private) Unternehmen ABD wird in den nächsten 20 Jahren über sie verfügen. Im Preis von 3,8 Mio. wurde diesen Vermögenswerten stattdessen der ‘Wert:Null’ zugeteilt.” Die Grünen sahen durch den neuerlichen Beschluss der ANAC die These bestätigt, “dass hier öffentliches Eigentum unter Wert verkauft wurde”. Insofern sehen sie “den Verdacht eines Schadens für die öffentlichen Finanzen erschwert” und wandten sich erneut an den Rechnungshof. Dort laufen nach mehreren Eingaben Untersuchungen zum Flughafen-Deal.

Dass die Landesregierung mit der Entscheidung, “den korrigierten Beschluss (…) der ANAC (…) anzufechten” am Dienstag nicht kommuniziert, deutet Dello Sbarba so: “Die laufenden Untersuchungen des Rechnungshofes stören die Landesregierung gewaltig, sie sind ihr ein Dorn im Auge.” Für die Journalisten gab es nach der Sitzung der Landesregierung keine Möglichkeit, nachzufragen, die übliche Pressekonferenz des Landeshauptmannes im Anschluss war bereits im Vorfeld abgesagt worden.


Legambiente sieht schwarz


Just am Dienstag hat der wichtigste italienische Umweltverband Legambiente seinen jährlichen Bericht “La Carovana delle Alpi” veröffentlicht. Neben mehreren “grünen Flaggen” für nachhaltige bzw. ökologische Projekte, erhält Südtirol auch eine “bandiera nera”. Und zwar für den Ausbau des Bozner Flugplatzes.

 

Mit der “schwarzen Flagge” werden durchwegs negative Projekte im Sinne des Zerstörung von Umwelt und Landschaft gekennzeichnet. Der derzeit stattfindende Ausbau des Flugplatzes sei ein solches, befindet Legambiente – aus mehreren Gründen: Zum einen habe das Land Südtirol den Wählerwillen nach der Volksbefragung im Jahr 2016 nicht respektiert, indem sie die Betreibergesellschaft des Flugplatzes an private Unternehmer abgetreten hat. Zum anderen prangert Legambiente die Art und Weise des derzeitigen Ausbaues und die Rolle der öffentlichen Verwaltung am, die ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht nicht nachkomme. Als Beispiel wird die Wechselkröte angeführt – die europaweit streng geschützte Spezies wird im Zuge der Bauarbeiten am Flugplatz “sprichwörtlich eingegraben”, heißt es in dem Bericht – und das, obwohl den Landesämtern seit 2003 bekannt sei, dass sich die Wechselkröte dort angesiedelt hat. Der Südtiroler Amphibienverein herpeton hat dazu Anzeige erstattet.

Als letzten Punkt für die unrühmliche Auszeichnung der “schwarzen Flagge” für das Land Südtirol nennt Legambiente den offensichtliche Widerspruch zwischen dem Ausbau eines Provinzflugplatzes “ohne jegliche strategische Relevanz” und den europäischen Klimazielen.

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Manfred Klotz Di., 13.07.2021 - 17:21

Ich frage mich, weshalb Lisa Maria Gasser nicht auch das Land dazu befragt hat. Ich bin sicher, man hätte ihr den Grund der Anfechtung stichhaltig erklären können. Es ist eigentlich journalistischer Usus bei Streitfragen beide Streithähne zu befragen.

Di., 13.07.2021 - 17:21 Permalink
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Sebastian Felderer Di., 13.07.2021 - 20:56

".......... Für die Journalisten gab es nach der Sitzung der Landesregierung keine Möglichkeit, nachzufragen, die übliche Pressekonferenz des Landeshauptmannes im Anschluss war bereits im Vorfeld abgesagt worden........."
Herr Klotz, es ist auch journalistischer Usus, dass man das liest, was geschrieben steht. Zudem gibt es beim Flugplatz keine Streithähne, sondern Wechselkröten !!!

Di., 13.07.2021 - 20:56 Permalink
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Manfred Klotz Mi., 14.07.2021 - 07:01

Antwort auf von Sebastian Felderer

Herr Felderer, Sie glauben also eine Pressekonferenz ist die einzige Möglichkeit für Journalisten an Informationen zu kommen? Vielleicht für Journalisten, die dann auch nur die PM abtippen vielleicht. Sie tun sich mit solch einer selbstgefälligen Bemerkungen jedenfalls wahrlich keinen Gefallen. Genauso wenig wie mit dem Versuch witzig zu sein. Wenn man will bekommt man Auskunft. Sofern man nicht voreingenommen ist - sowieso ein Unding für einen Journalisten - verweigert niemand eine Auskunft. Mir ist das, im Zusammenhang mit dem Land, jedenfalls noch nie passiert.

Mi., 14.07.2021 - 07:01 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Mi., 14.07.2021 - 06:46

Billig,Billig-Pressekonferenz einfach ohne Kommentar abzusagen.Seid ihr noch zu retten mit euren dikatorischen Geheimhaltungen,bezüglich Flughafen,Landebahn und anderen sehr fraglichen Machenschaften.Hoffentlich kommt die Retourkutsche via Rechnungshof,und das gewaltig!!!(Vonwegen nichts wert???)

Mi., 14.07.2021 - 06:46 Permalink