Politik | Berge

“Pornoalpiner Tourismus”

In der Debatte um den Massentourismus in den Dolomiten meldet sich nach Reinhold Messner auch Michil Costa zu Wort: “Der UNESCO-Stempel war der größte Fehler.”
Michil Costa
Foto: upi

Es sind schwere Geschütze, die dieser Tage aufgefahren werden. Gegen den Massentourismus in den Dolomiten, die Bequemlichkeit vieler Urlaubsgäste und fehlendes politisches Durchgreifen. Und es sind beileibe nicht nur Alpin- und Umweltverbände, die laute Kritik anmelden. “Wenn es so weitergeht, kommen die Leute nicht mehr”, meinte die Bergsteigerlegende Reinhold Messner jüngst in einem Interview mit dem Corriere. Der Verkehr in den Bergen und vor allem auf den Passstraßen sei unerträglich, die Touristen häufig zu wenig sensibel: “Die klassischen Aufstiege in den Dolomiten, tausende Wanderungen von fünf oder sechs Stunden, werden nicht mehr angegangen, während einige wenige Hotspots – Sella, Gröden oder der Pragser Wildsee – übervoll sind”, kritisiert Messner. Noch einen Scheit nach legt nun Michil Costa. Im Gespräch mit Repubblica stellt der Gadertaler Hotelier fest: “Den Dolomiten den UNESCO-Stempel aufzudrücken war der größte Fehler. Alles Marketing, kein Bewusstsein.”

“Wir sind nicht imstande, die Touristenflüsse zu bewältigen, die dieser Stempel bedingt hat, die Auswirkungen wurden nicht ernsthaft genug bedacht: Was wir sehen, ist pornoalpiner Tourismus”, so Costa. Genauso wie Messner plädiert er für ein alternatives Mobilitätskonzept: Für Urlauber sollte es möglich sein – nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über –, das Auto im Tal stehen lassen zu können und mit Seilbahn, Bus oder Shuttledienst in die Höhe zu gelangen. Dazu brauche es Mut und Weitsicht vonseiten der Politik – die vermissen sowohl Messner als auch Costa in Südtirol. Außerdem, so der Gadertaler Hotelier, gehörten die Gäste im Sinne einer “ökologischen Diktatur” “erzogen”: “Man muss ihnen erklären, was der Berg ist und ihnen nicht das geben, was sie wollen.”

Bild
Profil für Benutzer Eduard Gruber
Eduard Gruber Di., 31.08.2021 - 13:48

Diese jetzigen Stellungnahmen von Menschen wie Reinhold Messner & Co sind genauso Rufe in der Wüste wie ohne Folgen. Solange die Tourismuswirtschaft das Sagen hat, wird sich nicht, aber auch absolut nichts, ändern.
Es fehlt der Mut der Verantwortlichen, diesbezüglich etwas zu ändern. Corona hätte uns etwas lehren können, aber die Geldgier war stärker.

Di., 31.08.2021 - 13:48 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Johann Georg Bernhart
Johann Georg B… Di., 31.08.2021 - 14:29

Ich glaube Costa und Messner leben vom Tourismus nicht schlecht, wieso spucken sie ins eigene Teller aus dem sie essen??
Wir können genauso sagen , wir haben zu viele Politiker, es reichen 5,der REST WÄRMT nur den Sessel.
Es ist unverantwortlich solche Aussagen zu tätigen Herr Costa und Messner

Di., 31.08.2021 - 14:29 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Di., 31.08.2021 - 15:52

Antwort auf von Johann Georg B…

"Ich glaube Costa und Messner leben vom Tourismus nicht schlecht"
Messner ist bestimmt nicht auf den heutigen Massentourismus angewiesen, der lebt nach wie vor von seiner Leistung im Berg und den kulturellen Erlebnissen welche er bei seinen Expeditionen gesammelt hat. Costa kenne ich zu wenig, da erlaube ich mir keine Einschätzung...

Di., 31.08.2021 - 15:52 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Re El
Re El Di., 31.08.2021 - 14:59

...ist dieser Herr nicht Besitzer des Murin? sprich Besitzer eines imho an Dekadenz kaum zu übertreffenden Sauftempels für verschnöselte Neureiche? und damit Inbegriff dafür, wohin sich der hiesige Tourismus ganz sicher nicht entwicklen sollte? oder doch??? frage für einen freund :-)

Di., 31.08.2021 - 14:59 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Di., 31.08.2021 - 15:34

Antwort auf von Re El

"Dekadenz kaum zu übertreffenden Sauftempels für verschnöselte Neureiche?"
Waren Sie Gast oder vorher kommt diese sich widersprechen Vorverurteilung?
Bitte definieren Sie "verschnöselte Neureiche"

Di., 31.08.2021 - 15:34 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Franz Ladinser
Franz Ladinser Mi., 01.09.2021 - 05:53

Letztlich haben die beiden Herren leider Recht. Genug ist genug! Museen und Belustigungen an jeder Bergstation, Radfahrerhorden in den Dörfern, hinter jedem Baumwipfel ein Kletterpark, Skipisten auf Hoteldächern (anscheinend der letzte Schrei!!)...! Man könnte die Liste noch lange weiterschreiben. Es ist die Zeit gekommen, wo weniger mehr werden sollte. Mit mutigen Strategien muss man Gäste wieder zum respektvollen Reisen und Verweilen bringen und verhindern, dass im Rhythmus des schnellen Kurzurlaubes Land und Leute wie ein beliebiges Glas Coca Cola konsumiert werden.

Mi., 01.09.2021 - 05:53 Permalink
Bild
Profil für Benutzer alexander prinoth
alexander prinoth Mi., 01.09.2021 - 14:57

Wir sind nun gefragt, der notwendige Rückschritt (im Sinne weg vom Massentourismus) ist der einzig möglich Fortschritt. Es ist unverantwortlich seitens der Landesregierung nicht endlich konkrete und couragierte Entscheidungen zu treffen (u.a. Schließung der 4 Pässe – Sella) und nur Greenwashing zu betreiben. Ganz besonders der Landesrat für Mobilität/Verkehr besticht durch große „Reden“ aber komplette „Tatenlosigkeit“. Wir haben keine Zeit für Statistiken u. Lobbyismus…die Zeit läuft viel zu schnell davon, die Natur rebelliert immer stärker und verzeiht diese Tatenlosigkeit nicht. Südtirol ist gefragt einen innovativen u. zeitgemäßen Tourismus zu betreiben bzw. zu „erziehen“. Landesregierung es ist Zeit! Michil & Reinhold Messner…bitte weiter so!
Ps. Wir - Touristiker und Naturliebhaber

Mi., 01.09.2021 - 14:57 Permalink