Politik | SVP

Verdorbene Mahlzeit

Ein Beschlussantrag von Jasmin Ladurner hat innerhalb der SVP-Fraktion zu einer Zerreißprobe geführt. Es ist eine Episode, die auch zeigt wie fragil die SVP-Mehrheit ist.
Jasmin Ladurner
Foto: Salto.bz
Jasmin Ladurner legt eine Kunstpause ein, die deutlich macht, wie schwer ihr dieser Schritt fällt. „Ich nehme diesen Abänderungsantrag an“, sagt die Burggräfler Landtagsabgeordnete, „weil ich Verantwortung trage für meine Fraktion“. Dann schmettert die junge SVP-Frau einen Satz in die Aula des Landtages, mit dem sie öffentlich ihre eigene Parteiführung ab watscht. „Ich sage es hier ganz offen: Ich erwarte mir in Zukunft eine andere Arbeitsweise zwischen den Regierungsmitgliedern und den Abgeordneten, ansonsten soll man sagen, dass wir hier im Landtag nur das absegnen müssen, was uns andere vorgeben“.
Der Satz ist eine Drohung, die jenen gilt, die in den vergangenen Tagen alles getan haben, dass ein Beschlussantrag im Landtag nicht zur Behandlung kommt. Allen voran Landeshauptmann-Stellvertreterin Waltraud Deeg.
 

Zornige Deeg

 
Salto.bz hat die Vorgeschichte vergangene Woche im Artikel „Eifersucht unterm Edelweiß“ bereits nachgezeichnet.  
Am 26. August 2021 reicht die SVP-Abgeordnete Jasmin Ladurner im Landtag einen Beschlussantrag mit dem Titel „Lebensmittelverschwendung eindämmen“ ein. Die Forderung: Die Landesregierung soll im Rahmen der Umsetzung des Landesgesetzes vom 13. März 2018, Nr. 2, "Förderung von Initiativen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln und anderen Produkten", weiterhin Maßnahmen ergreifen, um Initiativen gegen die Lebensmittelverschwendung bekannt zu machen und zu unterstützen. Zudem soll die Zusammenarbeit mit Handelstreibenden und Betreibern von Mensen gestärkt werden, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.
Innerhalb der SVP-Fraktion gelten klare Regeln. Demnach müssen Abgeordnete bevor sie Initiativen im Landtag ergreifen, die Vorschläge vorab mit den zuständigen Landesräten absprechen. Das ist in diesem Fall auch passiert. Jasmin Ladurner hat ihren Beschlussantrag vorab mit der zuständigen Landesrätin Waltraud Deeg besprochen.
 
 
Doch dann geschieht Sonderbares. Der Beschlussantrag „Nr, 478/21“ ist kaum auf der Tagesordnung des Landtages, da entdeckt anscheinend auch die Landesrätin dieses Thema. Anfang September kündigt Waltraud Deeg in einer Presseaussendung an: „Land wird bei Lebensmittelverschwendung aktiv“. Am vorvergangenen Donnerstag dann stellte Waltraud Deeg auf einer Pressekonferenz in der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung Haslach dann eine Sensibilisierungs- und Informationskampagne vor, mit dem Ziel das Verschwenden von Lebensmitteln einzudämmen.
Der Hintergrund der gesamten Aktion liegt auf der Hand: Waltraud Deeg hat damit die eigene Parteikollegin bewusst ausbremsen wollen. "Wir arbeiten seit zwei Jahren an dieser Kampagne", widerspricht die Landesrätin später im Landtag dieser Lesart. Doch es ist ein Vorgehen, das es so nicht zum ersten Mal in der SVP-Fraktion gibt.
                                          

Der Konflikt

 
Nachdem Salto.bz diese Kindergarten-Aktion unterm Edelweiß bekannt gemacht hat, steigerte sich der Zorn der Landesrätin noch einmal. Waltraud Deeg verlangte die Rücknahme des Beschlussantrages von Jasmin Ladurner.
In den vergangenen Tagen hat es innerhalb der SVP-Fraktion den Versuch einer Klärung gegeben, der ordentlich in die Hose gegangen ist. Nach Informationen von Salto.bz hat Jasmin Ladurner offen gedroht, dass sie - sollte der Beschlussantrag im Landtag nicht zur Behandlung kommen - „auch die SVP-Fraktion verlassen könne“.
 
 
Gleichzeitig war die SVP-Fraktion in dieser Frage gespalten. Ein Teil der Fraktion sprach sich für das Deeg-Diktat aus, der andere Teil stand hinter dem Antrag von Jasmin Ladurner. Doch Ladurner weiß, wie man sich in einer parlamentarischen Demokratie bewegt. So suchte die SVP-Abgeordnete in den vergangenen Tagen mit Erfolg innerhalb der Landtagsopposition Verbündete für ihren Beschlussantrag. Damit wurde klar: Kommt dieser Antrag zur Abstimmung könnte er mit einer parteiübergreifenden Mehrheit durchgehen.
 

Die Last-Minute-Änderung

 
Damit aber drohte der Streit innerhalb der SVP-Fraktion zu eskalieren. Am Donnerstag dieser Woche verhandelt man bis spät in der Nacht. Wobei es immer noch darum ging, dass Ladurner ihren Antrag zurückziehen solle. Doch die SVP-Abgeordnete blieb hart.
Es war dann Gert Lanz, der im allerletzten Moment einen Kompromissvorschlag vorlegte. Der SVP-Fraktionssprecher reichte am Freitagfrüh im Landtag einen Abänderungsantrag ein. Weil diese Änderung in der letzten Minute kommt, musste die Landtagssitzung sogar für 10 Minuten unterbrochen werden, damit man den Abänderungsantrag übersetzen konnte.
 
Ich sage es hier ganz offen: Ich erwarte mir in Zukunft eine andere Arbeitsweise zwischen den Regierungsmitgliedern und den Abgeordneten.“
Jasmin Ladurner
 
Der Antrag ist eine Entschärfung der SVP internen Bombe. Denn damit wird die Landesregierung ausgefordert, jene Vorschläge die Jasmin Ladurner ursprünglich eingebracht hat, zu prüfen. De facto eine Art Nullnummer. Dieser entschärfte Beschlussantrag wird im Landtag dann mit einer breiten Mehrheit auch angenommen.
Doch es ist in Wirklichkeit eine Augenauswischerei mit der beiden Kontrahentinnen unterm Edelweiß ihr Gesicht wahren sollten.
Am Ende ist genau das aber nicht gelungen. Denn in der Aula des Landtags wurden am Freitag die Spannung und Verstimmung, die zwischen Waltraud Deeg und Jasmin Ladurner herrscht, mehr als nur greifbar.
Die Landeshauptmann-Stellvertreterin fertigte im Landtag ihre Parteikollegin mit einem Satz ab: „Ich werde auf die Äußerungen der Kollegin Ladurner nicht eingehen, denn es handelte sich um fraktionsinterne Dinge, die die Leute nicht interessieren“.
Ob sich Waltraud Deeg da nicht täuscht?
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alfred frei Fr., 17.09.2021 - 13:39

Könnte man nicht eine Liste der fraktionsinternen Dinge erstellen, in der die Argumente angegeben werden die die Leute nicht interessieren. Eine Art von demokratischen Grenzzaun. Warum nicht ?

Fr., 17.09.2021 - 13:39 Permalink
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Sebastian Felderer Fr., 17.09.2021 - 16:12

Was interessiert den Leuten überhaupt noch vom Landtag? Gesetzesvorschläge, Anträge, Anfragen, fadenscheinige Beantwortungen, Bürokratismus, Maschinerie der Politik, Argumente und Gegenargumente, Augenauswischereien? Ich denke, von allem nichts mehr. Was interessiert, sind Figuren, Personen, die Volksvertreter sein sollten, Helden oder Kasperlen, Lügner oder Ehrliche, "Verdrahnte" oder Aufrechte, mit oder ohne Rückgrat. Diese Bilder dringen in die Köpfe der Leute und bleiben dort haften fünf Jahre lang. Die Zeit der Abrechnung kommt, zum Glück, alle fünf Jahre in der Wahlkabine. Klar sind ein Großteil der Vorzugstimmen direkt oder indirekt gekauft, aber so manche und mancher haben einsehen müssen, dass das Volk nicht dumm ist. Auch das Jahr 2023 naht, die Regierungsmitglieder haben Halbzeitbilanzen an die Wand gezaubert, mit viel Glamour und Trallalla. Aber es steht immer 1:0 für das Volk und das Ergebnis wird sich kaum verbessern lassen. Und in der Wahlkabine fällt sehr oft eine fatale Schiedsrichterentscheidung: die rote Karte.

Fr., 17.09.2021 - 16:12 Permalink
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Peter Gasser Sa., 18.09.2021 - 08:07

oben steht abschließend:
„Ich werde auf die Äußerungen der Kollegin Ladurner nicht eingehen, denn es handelte sich um fraktionsinterne Dinge, die die Leute nicht interessieren“:
wie kommt frau zu dieser Äußerung?
NATÜRLICH interessiert dies den, der diesen Betrieb im Landhaus bezahlt. Natürlich interessiert dies den, der in einer Demokratie der Souverän ist: das Volk.

Sa., 18.09.2021 - 08:07 Permalink
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△rtim post Sa., 18.09.2021 - 11:50

Bittschön. Salto sollte die Intelligenz der eigenen (kritischen) Leserschaft nicht so unterschätzen. Die mediale gesinnungspolitische Inszenierung und Skandalisierung hier um Nichts ist zu durchschaubar!
In der Politik sollte jemand auch mal imstande sein, das eigene Ego und persönliche Befindlichkeiten zurückzustellen! Ansonsten ist sie/er wohl fehl am Platz.
Diesen inhaltlichen und guten Antrag gab es ja bereits in der vorgegangenen Legislaturperiode. Also nicht von Ladurner, vielmehr von der Opposition. Dass selbst gute Vorschläge und Anträge der Opposition zuerst niedergestimmt, um dann später von der Regierung aufgenommen und eingebracht zu werden, ist nicht neu.
Wichtiger aber als das eigene Ego und die vermeintliche Autorenschaft zu kultivieren, wird nach allgemeinen Verständnis wohl immer noch das Gemeinwohl sein!

Sa., 18.09.2021 - 11:50 Permalink
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rotaderga So., 19.09.2021 - 08:48

Antwort auf von △rtim post

@△rtim ୍℘୍stロ
"In der Politik sollte jemand auch mal imstande sein, das eigene Ego und persönliche Befindlichkeiten zurückzustellen! Ansonsten ist sie/er wohl fehl am Platz."
Ich möchte weder Platzhalter noch A-Kriecher in der Politik. Diese sind die Steigbügelhalter der Despoten und Diktatoren.

So., 19.09.2021 - 08:48 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 19.09.2021 - 12:00

Ich finde den Zickenkrieg innerhalb der SVP sehr unterhaltsam. Allerdings werden unsere Landtagsabgeordneten nicht dafür (fürstlich) bezahlt, dass sie uns Kasperletheater bieten.

So., 19.09.2021 - 12:00 Permalink