Kultur | 75 Jahre nach

Unsere Autonomiae

Der Kommentar des Volt Südtirol-Teams. Wir wollen die mehrsprachige Schule für eine europäische Zukunft unserer Autonomie neu beginnen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Am 5. September feierten wir den 75. Jahrestag der Unterzeichnung des Degasperi-Gruber-Vertrags, der unsere Autonomie begründete. Unser Gebiet, eine Grenzregion, in der Sprachen, Wege und Kulturen seit Jahrhunderten aufeinander treffen, lebt nach einer dunklen Zeit des Nazifaschismus und interner Konflikte in einer Situation der Autonomie. Autonomie für Volt bedeutet nicht Los von Rom oder Los von Trient, wie es früher hieß, sondern ist ein erster Schritt zu einem Europa "in Vielfalt geeint". Deshalb wollen wir unsere Südtiroler Autonomie feiern, in der Hoffnung, dass die Vielfalt die Grundlage für das Zusammenleben und die Zusammenarbeit in Europa sein kann.

Die Autonomie ermöglicht es uns, über die Vergangenheit nachzudenken und die Zukunft dieses Landes und seiner verschiedenen Sprachgruppen zielgerichtet und umfassend zu gestalten. 

Für uns muss die Autonomie von der Idee einer mehrsprachigen und europäischen Schule ausgehen. 

Neben dem Schutz der Muttersprache, der von grundlegender Bedeutung ist, können sich die Kinder Südtirols eines wertvollen Geschenkes rühmen: der Mehrsprachigkeit. Wenn wir Barrieren errichten oder die Begegnung einschränken, nehmen wir uns diese unglaubliche Chance der Mehrsprachigkeit.

Wir fordern eine gemeinsame, vollständig mehrsprachige Ausbildung (Italienisch, Deutsch und Englisch, sowie Ladinisch in den ladinischen Tälern) nach dem Vorbild der Freien Universität Bozen. Unser erstes Ziel muss die vollständige Koexistenz zwischen den Sprachgruppen sein, nicht nur die Koexistenz für alle Südtirolerinnen und Südtiroler.

Wenn wir an Autonomie denken, denken wir auch an Identität und die Identitäten, die sie kennzeichnen. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, die Identität als eine geschlossene Kiste zu betrachten, sondern als ein Mosaik aus verschiedenen Teilen, die sich zusammenfügen und etwas Einzigartiges schaffen.

Die Identität verschwindet im europäischen Kontext nicht, sondern verdoppelt sich, so dass wir nicht von der Beseitigung oder dem Verlust der Identität sprechen sollten, auch wenn es sich um eine sprachliche handelt.

Wir wollen ein Projekt des guten Zusammenlebens schaffen, das uns erlaubt, Bozen, Südtirol, Italien, Europa und Weltbürger zugleich zu sein.

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Salto User
Manfred Gasser Mo., 13.09.2021 - 12:26

"Die Identität verschwindet im europäischen Kontext nicht, sondern verdoppelt sich, so dass wir nicht von der Beseitigung oder dem Verlust der Identität sprechen sollten, auch wenn es sich um eine sprachliche handelt."
Wenn ich das richtig verstehe, heisst das, egal, wenn die deutsche Sprache in Südtirol verschwindet, die Identität bleibt ja?

Mo., 13.09.2021 - 12:26 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Do., 23.09.2021 - 15:17

Antwort auf von Christian I

Das müssen Sie schon den Verfasser fragen., wenn er schreibt, "dass wir nicht von einem Verlust, oder einer Beseitigung sprechen sollten, auch wenn es sich um eine sprachliche handelt."
Die deutsche Sprache wird nicht verschwinden, aber sollte es so sein, dürfen wir es nicht als Verlust von Identität verstehen, klingt doch irgendwie stranged, oder?

Do., 23.09.2021 - 15:17 Permalink
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G. P. Do., 23.09.2021 - 13:25

Der Beitrag fängt ja schon gut an. "Wir wollen die mehrsprachige Schule für eine europäische Zukunft unserer Autonomie neu beginnen." Abgekürzt heißt das soviel wie "die Schule neu beginnen". Ist das etwa ein sauberes Deutsch?

Do., 23.09.2021 - 13:25 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 23.09.2021 - 18:05

So viel ich verstanden habe, garantiert das Autonomiestatut der deutsch- und ladinisch-sprachigen Bevölkerung Südtirols ein Schule in ihrer Muttersprache. Dabei wird dieses Recht so wie eine Pflicht interpretiert. Darauf baut das deutsche Schulwesen. Das ladinische hat da einen anderen Weg eingeschlagen. Sie haben eine Schule errichtet, die der Muttersprache einen ganz kleinen Raum gibt, und mehr auf die Bedürfnisse und Notwendigkeiten der ladinischen Bevölkerung eingeht, und zwar die Beherrschung der beiden bedeutenden Landessprachen: deutsch und italienisch. Das Ergebnis und Erfolg gibt diesem Weg recht. Die Ladiner beherrschen am besten die Landessprachen, sie sind dreisprachig.
Die deutsche Schulpolitik wehrt sich davor, eine zwei- oder mehrsprachige Schule zu errichten, obwohl es keine fachlichen Bedenken gibt, sondern nur politische.
Meines Erachtens sollte Kompatscher den Mut haben, mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie Durnwalder die dreisprachige UNI errichten ließ, nun auch die zwei- oder mehrsprachige Schule zu errichten; als eine Variante der Wahl für Sprachbegabte, für Kinder und Jugendliche mit einer Mutter- und einer Vatersprache, für Kinder von Zuwanderern oder von europäischen Staatsbürgern, usw.
Noch einen Gedanken zur Identität: Menschen mit einer Mutter- und einer Vatersprache haben meistens auch zwei Identitäten und bewegen sich in zwei Kulturen. Bei jungen Menschen der zweiten Generation der Zuwander, oder der europäischen Arbeitnehmer, könnte es auch in Richtung mehrer Identitäten gehen. Identität ist m. E. an Muttersprache und Kultur, in der man aufgewachsen ist, zu tun.

Do., 23.09.2021 - 18:05 Permalink
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G. P. Do., 23.09.2021 - 20:25

Antwort auf von Sepp.Bacher

"Das Ergebnis und Erfolg gibt diesem Weg recht. Die Ladiner beherrschen am besten die Landessprachen, sie sind dreisprachig."
Bitte nicht falsch verstehen und soll überhaupt keine Kritik an den ladinischsprachigen Leuten sein, ABER die aller wenigsten Ladiner beherrschen die deutsche Sprache wirklich. Es fehlt an allen Ecken und Enden (gesprochenes Hochdeutsch, Rechtschreibung, Grammatik).

Do., 23.09.2021 - 20:25 Permalink
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Sepp.Bacher Do., 23.09.2021 - 22:15

Antwort auf von G. P.

Dreisprachig hat verschiedene Dimensionen. Die einen können es besser, die anderen schlechter. Schriftlich oft besser als mündlich. Ich schätze, die Ladiner können besser deutsch als die Italiener und besser italienisch als die Deutschen.
Laut Statistik der Zwei- und Dreisprachigkeitsprüfung bringen die Ladiner die besten Ergebnisse.

Do., 23.09.2021 - 22:15 Permalink