Gesellschaft | Schule

Die Ausbildung der Ebner Brüder

Michl und Toni Ebner wenden sich zu Schulbeginn mit einem Brief an Südtirols Mittelschüler. Das Schulamt unterstützt seit Jahren den Werbefeldzug eines Unternehmens.
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Foto: upi
In Südtirol gibt es in den deutschsprachigen Mittelschulen rund 8.000 Schüler und Schülerinnen, die die ersten beiden Klassen besuchen. Sie haben keine drei Wochen nach Schulbeginn besondere Post erhalten.
Einen Brief von Michl und Toni Ebner.
In dem Schreiben, das über die Direktionen in die Klassen der über 50 Südtiroler Mittelschule - so wie wenn nichts wäre - verteilt wird, heißt es:
 
Liebe Schülerinnen,
liebe Schüler
gerade in Zeiten von Covid-19 wird klar, wie viele falsche und unzuverlässige Informationen – man spricht diesbezüglich auch von „Fake News“ – im Netz kursieren. Problembehaftete Meldungen verbreiten sich uneingeschränkt über die sozialen Medien, teilweise gesteuert von einzelnen Gruppen, Parteien oder Personen. Viele Leserinnen und Leser fühlen sich verunsichert, verlieren den Überblick und können Dinge nicht mehr richtig einordnen.
Um dem entgegenzuwirken schicken wir – die Athesia AG – auch im heurigen Jahr allen 1. und 2. Klassen der Südtiroler Mittelschulen montags ein Exemplar unseres Tagblatts „Dolomiten“ zu.
 
 
Jeder Artikel wird bei uns genau geprüft und nur veröffentlich, wenn er unser hohen Qualitätsstandard entspricht.
Nur wenn Quellen überprüft, Meldungen gründlich recherchiert und Nachrichten von gut ausgebildeten Redakteure verfasst werden, kann man sich auf den Inhalt verlassen. In unseren Redaktionen gehen engagierte Journalisten tagtäglich ihrem Handwerk nach – jeder Artikel wird genau geprüft und nur veröffentlich, wenn er unser hohen Qualitätsstandard entspricht.
Wir hoffen, dass Euer Unterricht durch die Lektüre der „Dolomiten“ und tagesaktuelle Geschehnisse gut ergänzt wird und wir somit zu eurer Ausbildung beitragen können.
Wir wünschen euch allen ein erfolgreiches Schuljahr und viel Freude bei der täglichen „Dolomiten“ – Lektüre.
 
Unterzeichnet ist das Schreiben von Athesia-Direktor Michl Ebner und Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner.
Die beiden Herren aus dem Weinbergweg sind anscheinend überzeugt, an der Ausbildung der Südtiroler Schüler und Schülerinnen beitragen zu müssen. Das Schulamt spielt seit vielen Jahren willfährig mit, eine Werbemaßnahme eines privaten Verlages während der Unterrichtsstunden zu unterstützen.
 
 
Die „Athesia“ liefert die Montagausgabe an die Schulklassen „gratis“ ab. An vielen Schulen werden die Dolomitenausgaben, dann von Schulpersonal an die einzelnen Klassen verteilt. Dass der Verlag ausgerechnet die Montags-Ausgabe ausgewählt hat, ist kein Zufall. Am Montag ist der größte Teil der Zeitung dem Sportteil gewidmet. Für diesen interessieren sich junge Menschen bekanntlich besonders.
Dass die zuständige Landespolitik dabei schweigend zuschaut, liegt an der Macht des Südtiroler Verlagshauses. Denn die nächste Wahl kommt bestimmt.
Weder Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner, noch Bildungsdirektor Gustav Tschenett, aber auch der Großteil der Südtiroler Direktorinnen und Direktoren, scheinen größere Bedenken gegen diese Aktion zu haben.
Dabei ist das Ganze ein durchaus gefährlicher Präzedenzfall. Man wird keinem Zeitungsherausgeber in Zukunft dieselbe Operation ausschlagen können. Was aber passiert, wenn man morgen die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ in den Schulen verteilt? Oder gar den „Manifesto- quotidiano comunista“?
Dürfen diese Unternehmen dann auch mit dem Segen der obersten Schulverantwortlichen den Südtiroler Mittelschülern ein Briefchen schreiben, um völlig selbstlos zu ihrer „Ausbildung beitragen zu können“?
Dass die zuständige Landespolitik dabei schweigend zuschaut, liegt an der Macht des Südtiroler Verlagshauses. Denn die nächste Wahl kommt bestimmt.
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alfred frei Di., 12.10.2021 - 11:35

Haben die italienischen Schüler keinen "Aufklärungsbedarf" durch den "Alto Adige" ? > Gleiches mit Gleichem vergleichen, oder ?

Di., 12.10.2021 - 11:35 Permalink
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Christian I Di., 12.10.2021 - 12:48

Despar, Athesia, ... dann fragt man sich noch, wieso immer mehr Eltern ihre Kinder von der öffentlichen Schule fernhalten...

Di., 12.10.2021 - 12:48 Permalink
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Hartmuth Staffler Di., 12.10.2021 - 13:54

""In unseren Redaktionen geben engagierte Journalisten tagtäglich ihrem Handwerk nach – jeder Artikel wird genau geprüft und nur veröffentlich, wenn er unser hohen Qualitätsstandard entspricht."" Dieser kuriose Tippfehler (oder sollte es gar ironische Absicht sein?) der salto-Redaktion ist er auf jeden Fall bezeichnend. Journalisten, die nachgeben - so etwas findet man in Südtirol sowohl in den Athesia-Medien als auch, vielleicht noch mehr, in dem mit unserem Geldern bezahlten Staatsrundfunk RAI.

Di., 12.10.2021 - 13:54 Permalink
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Armin Pircher Di., 12.10.2021 - 15:04

Naja, ich kann erst mal nichts verwerfliches daran finden, wenn SchülerInnen eine lokale Tageszeitung lesen. Ich fände es sogar gut, wenn es dazu noch andere Zeitungen gäbe, damit die SchülerInnen die Berichterstattung vergleichen können. Dolomiten und Alto Adige wären ein guter Anfang. Und dazu noch ein kostenloses Salto Abo pro Klasse :)

Di., 12.10.2021 - 15:04 Permalink
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Klemens Riegler Di., 12.10.2021 - 16:19

Antwort auf von Armin Pircher

Find ich auch ... "grundsätzlich nichts verwerfliches" ... es wäre sogar schön, wenn sich noch weitere Nachrichtenblätter an der Aktion beteiligen würden. Auch TZ und z.B. einmal im Monat FF. Abo Salto+ ist vielleicht problematischer wegen der Handhabung ... aber das ist ja eh größtenteils free zugänglich !!!

Di., 12.10.2021 - 16:19 Permalink
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Christian I Di., 12.10.2021 - 17:53

Antwort auf von Klemens Riegler

Sicher ist es gut, wenn Kinder Zeitung lesen. Aber "gut ausgebildeten Redakteure..., engagierte Journalisten..., jeder Artikel wird genau geprüft..., unser hohen Qualitätsstandard..." klingt bei mir als gute und billige Eigenwerbung. Bin ganz eurer Meinung, dass Kinder Zeitungen lesen sollen, aber bitte dann eine breite Auswahl aus verschiedenen Zeitungen, damit die Information nicht einseitig wird!
Und ja, fake news liest man viele. Aber auch einige Medien sind da nicht ganz objektiv wie sie eigentlich sein sollten...
"... Quindi l'accusa al sistema informativo italiano: "Abbiamo provato a intervenire a marzo come scienziate per la società sull'Huffington Post. Il Corriere della Sera ci disse che non avrebbe pubblicato niente che potesse alimentare l'esitanza vaccinale..."
https://www.liberoquotidiano.it/news/scienze-tech/27529308/astrazeneca-…
"... In den Statuten und Medienstaatsverträgen sind Dinge wie „Ausgewogenheit“, „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und „Diversität“ in der Berichterstattung verankert. Praktiziert wird das genaue Gegenteil. Einen wahrhaftigen Diskurs und Austausch, in dem sich alle Teile der Gesellschaft wiederfinden, gibt es nicht..."
https://multipolar-magazin.de/artikel/ich-kann-nicht-mehr

Di., 12.10.2021 - 17:53 Permalink
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Klemens Riegler Di., 12.10.2021 - 18:13

Antwort auf von Christian I

... natürlich ist es gute und billige Eigenwerbung! das vorher gehende, bzw. geschriebene, behauptet sowieso jedes Medium von sich.
Prinzipiell müssen Medien klare INFORMATIONEN liefern. MEINUNGEN sind etwas anderes! Aber wenn sich diese beiden Begriffe überschneiden wird es schwieriger. Dann gilt es wohl den "größten Teil der Gesellschaft" widerzuspiegeln. Alle Teile der Gesellschaft? Nein, denn dann müssten Zeitungen auch meine Meinung verbreiten, wonach sich Blätter im Herbst blau färben würden. Oder dass Monsignore Adolf ein Heiliger gewesen sei. Genau diese Verantwortung für die Gesellschaft haben "Medien". So sig holt i s.

Di., 12.10.2021 - 18:13 Permalink
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Christian I Mi., 13.10.2021 - 09:05

Antwort auf von Klemens Riegler

Man soll aber nicht von einem Extrem ins andere fallen (siehe Beispiel vom Corriere della Sera was ein Teil der Wahrheit nicht veröffentlichen will und falsche Wahrheiten wie Adolf war ein Heiliger und die Blätter färben sich blau). Daher die Verantwortung der Medien ALLE Seiten der Wahrheit zu bringen. Und das sehe ich zur Zeit nur wenig.

Mi., 13.10.2021 - 09:05 Permalink
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Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Di., 12.10.2021 - 17:28

In Schule und auch im Elternhaus sollte, im Umgang mit Medien ( ob Tageszeitungen, oder digitale Plattformen), das Ziel sein: kritisch zu denken bzw. kritisch denken zu lernen!
Z.B.:
- was sind die Merkmale guter Berichterstattung - des guten Journalismus?
- zu analysieren, welche Informationen sie erhalten und welche ihnen verborgen bleiben;
- gemeinsam mit den Jugendlichen reflektieren, wie man fake News erkennen kann; usw.

Di., 12.10.2021 - 17:28 Permalink
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Karl Trojer Mi., 13.10.2021 - 09:38

Allen Schulklassen, ab der Mittelschule, wöchentlich an verschiedenen Tagen verschiedene Medien zur Verfügung zu stellen, wäre sicher wertvoll. Allerdings müsste diese Initiative von der Landesregierung ausgehen. Die verschiedenen Medienträger könnten diese Aktion dann kostenlos, aber ohne Vorrang, mittragen.

Mi., 13.10.2021 - 09:38 Permalink