Wirtschaft | Tourismus

Südtiroler Message Control*

Nach den höhnischen Berichten italienischer Medien über Südtirol geraten die Politik und die IDM in Panik. Salto.bz legt den Schlachtplan des Propagandaministeriums vor.
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Foto: IDM
Aus der Nachricht geht klar hervor, dass die IDM-Hütte brennt.
Wolfgang Töchterle ist der Marketing-Leiter der IDM, also so etwas wie der oberste Tourismuswerber des Landes Südtirol. Operativ zuständig für die ganz großen IDM-Kampagnen.
Töchterle verschickte am vergangenen Samstagnachmittag eine Nachricht an seine Mann- und Frauschaft, die deutlich macht, wie politische Kommunikation funktioniert und wie nah Politik und Geschäft in Südtirol zusammenliegen.
Salto.bz liegt die diskret zu behandelnde Mitteilung exklusiv vor.
 
Geschätzte Kollegen, 
die Stornowelle rollt seit der No-Wax Kommunikation in der letzten 48 Stunden leider weiter. Wir haben deshalb am heutigen Vormittag in Zusammenarbeit mit unserer Agentur ein Kommunikationskonzept ausgearbeitet das auf 2 Säulen basiert. Säule 1 baut auf der nationalen Berichterstattung über die RAI zur effektiven Situation in Südtirol. Wir arbeiten zur Stunden an den Inhalten. Diese werden dann vom LH persönlich an RAI Rom übergeben.
Diese werden dann vom LH persönlich an RAI Rom übergeben.
Säule 2 baut auf IDM-Kommunikation: Unsere Kamerateams sind morgen in Südtirol unterwegs und holen O-Töne von Christkindlmärkten, Hotellerie & Skigebieten ein, welche dann über unsere Kanäle und über die Kanäle der Touristik ingesamt kapillar gestreut werden sollen. Die Inhalte werden wir auch über die Presse streuen. Auch geht Montag/Dienstag eine entsprechende Pressemitteilung an alle italienischen Medien.
Bei Fragen gerne melden, besten Gruß, Wolfgang T.
 
 
Was aber ist passiert, dass der Landeshauptmann persönlich bei der RAI Rom eine Südtiroler Charmeoffensive einleiten muss?
 

Selbstgemachte Demontage

 
Wochenlang haben Südtirols Leitmedien - wie das Medienhaus Athesia oder Rai Südtirol - über die angeblich wüstesten Auswüchse der Südtiroler Impfverweigerer berichtet. Titelseiten über angebliche Coronapartys, Berichte über Jurten in denen anscheinend die Katakombenschule des dritten Jahrtausends über die Bühne gehen und alle nur möglichen Initiativen angeblicher Schwurbler und No-Vax-Anhänger. Die Landespolitik und der Sanitätsbetrieb sind auf diesen Zug voll aufgesprungen und haben damit den Großteil der unbestätigten Meldungen amtlich veredelt.
 
 
 
Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis diese Geschichten an und in die italienische gesamtstaatliche Presse überschwappen. Dort nutzte man die unglaublichen Storys in der vergangenen Woche zu einem ordentlichen Südtirol-Bashing. Der bisherige Höhepunkt: die RAI-Fernsehsendung "Quelli che ...", in der man einen satirisch-ironischen Song über Südtirol produzierte, der alle Klischees vom dummen Bergler in drei Strophen und zwei Akkorden vereint.
Plötzlich wird man die Geister nicht mehr los, die man selbst rief.
Plötzlich wird man die Geister nicht mehr los, die man selbst rief.
Pünktlich zum Start der Wintersaison hat diese schlechte Presse direkte Auswirkungen auf die Buchungslage. HGV-Chef Manfred Pinzger klagte offen über Stornierungen und fehlende Neubuchungen. IDM-Chef Erwin Hinteregger ergänzte, dass auch der Handel, die Weihnachtsmärkte und die Lieferantenketten, die mit dem Tourismus zusammenhängen, betroffen seien.
 

Detlev aus Germany

 
Wolfgang Töchterle und die IDM haben deshalb über das Wochenende eine Charmeoffensive in Sachen Südtirol auf die Beine gestellt.
In einer aktuellen IDM-Rundmail an die „Geschätzte Partner der Tourismuswirtschaft“ heißt es:

„die Kommunikation mit unseren Gästen ist in diesen Zeiten schwierig, dafür aber umso wichtiger. Mit den richtigen „Werkzeugen“ an der Hand geht das einfacher. Um unseren Gästen in den Märkten zu zeigen, wie sicher und attraktiv Urlaub in Südtirol ist, stellen wir Kurzvideos von Gästen und Mitarbeitern, nützliches Fotomaterial und dazu passende Textbausteine zur Verfügung, die Sie in Ihrer Kommunikation unterstützen sollen. Denn: Winterurlaub in Südtirol in Sicherheit ist möglich. Und genau diese Botschaft gilt es jetzt auch gemeinsam zu vermitteln.“
 
Video vom Meraner Weihnachtsmarkt: Viel Geld für amtliche Propaganda, (Video IDM)
 
Die IDM hat dazu insgesamt neun Videos jeweils auf Deutsch, Italienisch und Englisch produziert, die zeigen sollen, dass Südtirol in Coronazeiten absolut sicher sei. Man setzt dabei auf zwei Hauptbereiche. Die Christkindlmärkte und die Skigebiete.
So dürfen Giustina Mores und Peter March als Standbetreiber vom Meraner Weihnachtsmarkt berichten oder ihre Kollegen Andreas Venturini und Thomas Pichler aus Sterzing. Zu Wort kommen in eigenen Videos auch die Weihnachtsmarktgäste Giuliano aus Rom und Bruno M. aus Mailand.
 
Deutscher Gast am Kronplatz: Amtliche Message Control. (Video IDM)
 
 
Ebenso werden in Sachen Skifahren Videos von Andrea Del Frari vom Skigebiet Kronplatz, dem Olanger Hotelier Lukas Brunner und einem nicht näher vorgestellten deutschen Gast mit dem sinnigen Namen Detlev vertrieben.
Es ist amtliche Propaganda, die gut gemacht ist und viel Geld kostet. Vor allem aber ist es der Versuch einer Message Control von Seiten der öffentlichen Hand.
Ob Arno Kompatscher diese Botschaft sogar in der RAI platzieren kann, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
 
*Mit Message Control wird die Steuerung der Botschaft einer Organisation an die Öffentlichkeit bezeichnet.

 

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Ludwig Gruber Do., 02.12.2021 - 07:08

Industrielle Prozesse sind anfällig bei Systemstörungen oder internationalen Verwerfungen.
In Südtirol sind die Landwirtschaft und der Tourismus hochindustriell.

Do., 02.12.2021 - 07:08 Permalink
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Oliver Remus Do., 02.12.2021 - 09:11

Wenn bei einem Deutschen die EU Gültigkeit, siehe Video, generell geprüft wird (Hä? brauchen die Piefkes jetzt einen Nachweis der EU- Gültigkeit? Wer publiziert denn so etwas ?) und dieser dann behauptet, in Südtirol liesse sich ohne gesundheitliche Bedenken urlauben ( wieder hä ? auch noch Virologe, der Gute ? Hat man ihm für diese Aussage eine Flasche Weihnachtsbier versprochen?) wird es wohl so sein. Und wenn Südtirolnews am 28. November freudig vermeldet, nur an einem einzigen Tag wurden auf dem Bozner Christkindelmarkt 13.000 Bändchen verteilt und 40 Busse gezählt, dann wissen wir: Die Pandemie ist vorbei. Proportional zur Gesamtbevölkerung Südtirols gesehen, würden 13.000 Besucher in Deutschland fast 2.5 Millionen Besucher an einem einzigen Tag auf einem einzigen Christkindelmarkt bedeuten. Virologen dieser Erde, die Antwort, aus dem ganzen Schlamassel herauszukommen, findet Ihr in Südtirol.
Crisis? What Crisis?

Do., 02.12.2021 - 09:11 Permalink
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Irmgard Mitterer Do., 09.12.2021 - 13:26

Antwort auf von Oliver Remus

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die ganzseitige Werbeschaltung der IDM in der Süddeutschen Zeitung hinweisen. Ob Frau Merkel mit dieser Werbeschrift einverstanden ist, weiß ich nicht. Mich als aufmerksamen Südtirolerin hat diese Werbeschrift, gelinde gesagt, empört. Haben wir SüdtirolerInnen nun wirklich nichts Besseres mehr zu tun als uns auf solch peinliche Art und Weise dem potentiellen Feriengast anzubiedern?

Do., 09.12.2021 - 13:26 Permalink