Gesellschaft | Personalmangel oder:

Wo sind all die Lehrer hin?

Ja, wo sind sie geblieben, die Lehrer?
Die Operation Austerität ist gelungen, der Patient tot. Über Ursachen der Personalnot im Bildungsbereich nicht erst seit Corona.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Liebe Landesregierung, liebe Entscheidungsträger*innen des Landes,

man mag zur Impfpflicht für das Lehrpersonal stehen, wie man will. Die von Ihnen antizipierte Personalflucht wegen der anstehenden Impfpflicht stellt freilich nur die Spitze des Problem-Eisbergs dar.

Ein Mangel an Lehrpersonen zeichnet sich, wie das Personal- und das Schulamt sicher zu bestätigen wissen, bereits seit Jahren ab. Diese Herausforderung wird (analog zur Situation im Sanitätsbereich) allein schon durch bevorstehende Pensionierungswellen und die Abwanderung frisch ausgebildeter Lehrpersönlichkeiten ins besserbezahlende Ausland —eine buchstäbliche Fahnenflucht unserer "cervelli"— noch akuter werden. Da helfen auch Ausbildungsangebote an Quereinsteiger*innen nichts. Wer es sich leisten kann, bleibt beruflich mobil und stimmt so mit den eigenen Füßen über die Personalpolitik unseres Landes ab.

Angesichts dieser Aussichten würden sich die Bürger*innen in einer funktionierenden Volkswirtschaft eine vorausschauende Personalpolitik erwarten.

Doch anstatt pädagogische Berufe attraktiver zu machen, verabreicht die regierende Parteienlandschaft der Bildungswelt schon seit vielen Jahren einen tödlichen Cocktail. Ein Beispiel? Seit Jahren beziehen Lehrpersonen der staatlichen Schulen stagnierende Löhne. Über das letzte Jahrzehnt gesehen ergibt sich für diese somit ein realer Kaufkraftverlust im zweistelligen Prozentbereich (siehe AFI- Daten). Warum? Jede Erhöhung des staatlichen Lohnanteils wird postwendend mit den Lohnelementen des Landes gegengerechnet, zu gut Deutsch sofort wieder aus der Lohntüte abgezogen. Zu diesen direkten Lohneinbußen kommt noch eine zunehmend ausufernde Arbeits(be)last(ung)- was eine weitere, indirekte Lohnkürzung bedeutet.

Das alles ist nicht erst seit Corona so. The great resignation ist im doppelten Sinn des Wortes längst in der Bildungswelt angekommen. Am neoliberalen Austeritätshimmel braut sich querbeet durch den sozialen Sektor nämlich längst etwas zusammen, das die Gesellschaft teuer zu stehen kommt und kommen wird: Burnout und lange Krankenstände, innere und tatsächliche Kündigungen der leergeschöpften "Humanressourcen".

Alle möglichen „Krisen“ (Wirtschaftskrise 2008, Corona) waren und sind Ihnen ungeachtet der great resignation als Ausreden recht, das Bedürfnis Ihrer Angestellten in den sozialen Bereichen nach fairer Entlohnung weiter hintanzustellen. Im Übrigen scheint erfahrungsgemäß freilich auch zu Zeiten wirtschaftlicher Erholung kein Geld für Bedienstete dieser Sektoren dazusein, es sei denn, sie gehören dem oberen Management an. Und die Verhandlungstische, an welche die Gewerkschaften alibihalber ab und zu gerufen werden müssen, sind und bleiben ausgesprochen karg —wenn überhaupt— gedeckt.

Nochmals: Angesichts dieser Situation würden sich die Bürger*innen in einer funktionierenden Volkswirtschaft eine ausgeglichene und ausgleichende Personalpolitik erwarten dürfen.

Jetzt aber verzweifelt die Hände medial über dem Kopf zusammenzuschlagen wird das Problem bestimmt nicht lösen. So zu tun, als ob ein kleiner Virus an allem, aber auch wirklich allem schuld sei, übrigens auch nicht. Übernehmen Sie die Verantwortung, die Ihnen die Wähler*innen übertragen haben. Lernen Sie aus Ihren Versäumnissen, ändern Sie endlich Kurs!

Personalnot, wirklich jetzt?

Bezahlen Sie Ihr Personal im sozialen Sektor endlich angemessen. Speisen Sie uns nicht mehr mit finanziellen Brotkrümeln und fadenscheinigem Lob in Ihren Schönwetter- und Notstandsreden ab.

Dann werden wir Ihnen und der Gesellschaft auch als Angestellte erhalten bleiben!

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Evi Mair Sa., 27.11.2021 - 14:01

Was in der Auflistung fehlt, ist die neue Südtiroler Lehramts-Ausbildung. Ein Medizinstudium ist kürzer, man hat mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt und verdient ordentlich.

Sa., 27.11.2021 - 14:01 Permalink
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Georg Peintner Sa., 27.11.2021 - 16:52

Sehr treffend analysiert und auf den Punkt gebracht!!!
Es gibt allerdings auch eine andere Komponente, die nach mir "Schuld" an dem Schlamassel ist: die mangelnde Solidarität und die fehlende Bereitschaft der Lehrpersonen, sich für einen angemessenen Politikwandel aktiv einzusetzen! Es gäbe Mittel und Wege, den Druck auf die Entscheidungsträger zu erhöhen, aber …

Sa., 27.11.2021 - 16:52 Permalink
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Katja Renzler Sa., 27.11.2021 - 18:38

Antwort auf von Georg Peintner

Lieber Georg, danke für's Lesen & Antworten!

Über den von Dir geäußerten Punkt hat der Soziologe Wolfgang Streeck spannende Forschung betrieben. Die im Neoliberalismus bzw. Spätkapitalismus forcierte Individualisierung des sozio-ökonomischen Risikos (d.h. das Individuum allein wird dafür verantwortlich gemacht, wenn es arbeitslos, krank, arm, obdachlos... wird) hat zu einer Entsolidarisierung der Arbeitenden und damit dazu geführt, dass Gewerkschaften heutzutage kaum mehr zum Streiken mobilisieren können. Dazu kommt noch, dass ein Streik wirklich von vielen getragen werden muss, damit dieser Protest nicht verpufft und bis auf die sprichwörtlichen "Spesen" nichts gewesen ist.

Zu den Verhandlungstischen: Die Schulgewerkschaften wurden heuer vonseiten des Landes mit Aussagen wie "Der Haushalt 2022 sieht keine Möglichkeit der Kollektivvertrags-Verhandlungen vor" konfrontiert. Das heißt im Klartext: Ende Gelände, keine Diskussion erwünscht. Da hat sich's dann schon ausverhandelt. Paradoxerweise wird den Gewerkschaften aber im Umkehrschluss oft vorgehalten, sie setzten die Interessen der Arbeitnehmer*innen nicht mehr durch. Durchsetzen setzt aber überhaupt mal Verhandlungen voraus. Diese schwächt natürlich unsere Verhandlungsposition und letztlich auch die der Lehrpersonen- was die regierende Seite natürlich auch weiß. In Wirklichkeit liegt das Problem aber bei Goliath, nicht bei David. Lassen wir uns nicht zu einem Krieg untereinander hinreißen.

Wie Du siehst: ein Dilemma. Ich bin dankbar für Lösungsvorschläge, die tatsächlich greifen könn(t)en.

Solutions, anyone?

Sa., 27.11.2021 - 18:38 Permalink
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Erich Daniel So., 28.11.2021 - 10:28

Antwort auf von Katja Renzler

Frau Renzler und Herrn Peintner kann man nur zustimmen. Die Schulpolitiker will ich keineswegs entlasten, aber die Solidarität der Berufsgruppe Lehrer*innen ist wahrlich beschämend. Schimpft ruhig auf die Bauern, die Touristiker usw., aber lernt von ihnen den Zusammenhalt! Lernt von ihnen, was man tun muss, um Druck auf die Politik zu machen. Wenn Lehrer*innen sich endlich einmal zu einem Streik aufraffen, gehen sie nicht zur Gewerkschaftsversammlung oder gar nach Bozen protestieren, sondern machen sich einen freien Tag (ich weiß, wovon ich rede, ich war lange Gewerkschaftsvertreter an meiner Schule). Jeder Fischer, Jäger, Imker, Schütze, Schuhplattler… hat mehr Zusammengehörigkeitsbewusstsein als ein Lehrer. Und über ihre Vereinszeitung informieren sie sich selber über ihre Rechte, anstatt dies an andere zu delegieren!
Erich Daniel

So., 28.11.2021 - 10:28 Permalink
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Profil für Benutzer Livia Minnea
Livia Minnea Mo., 29.11.2021 - 20:41

Antwort auf von Katja Renzler

Sie Frau Renzler, haben einen wichtigen Anstoß gegeben, Sie, Herr Peintner, haben auf das ebensowichtige Solidaritätselement verwiesen. Solange die LehrerInnen nicht an einem Strang ziehen, hat es die Politik leicht mit unserer Gruppe, die sehr groß ist, aber schlecht bis gar nicht organisiert ist. Da sind andere Interessensvertretungen schon ganz anders schlagkräftig. Aber angesichts der Möglichkeiten, die die neuen technologischen Instrumente bieten, muss David nicht bei der Schleuder bleiben, um in Ihrem Bild zu bleiben.
Wie wäre es, wenn sich die LehrerInnen vernetzen würden, in einem eigenen Forum. Und man könnte sich auch regelmäßig auf Zoom treffen. Für die Gewerkschaften, die grundsätzlich unsere Partner sein sollten, wären wir damit auch von größerem Gewicht.

Mo., 29.11.2021 - 20:41 Permalink
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Katja Renzler So., 28.11.2021 - 18:24

Antwort auf von Albert Baekeland

Guten Abend Herr Runge,

ich habe auf ein vergangenes Schreiben schon mal eine ganz knappe E-Mail von Ph.A. bekommen, wonach der "Unmut" der Lehrpersonen von ihm "zur Kenntnis" genommen worden sei... da war der "Wortreiche" eben nicht wortreich. Auf den Inhalt meines Schreibens wurde in seiner Antwort bis auf den gerade zitierten Kommentar überhaupt nicht eingegangen.

Aber eigentlich wünsche mir keine Antwort aus dem Pressezentrum der Macht (der LR hat bestimmt anderes zu tun), sondern dass -abgesehen von seiner obligatorisch blumigen Weihnachts-Email- auch einmal konkrete Zeichen der Wertschätzung (klar ersichtlich am "cedolino"!) passieren.

Und, falls ihm und anderen Entscheidungsträger*innen noch immer nicht klar ist, wieviel die Arbeit im Bildungssektor wert ist, wert sein darf: Es würde bestimmt nicht schaden, wenn ein Bildungslandesrat auch einmal einen Vormittag in mehreren Unterrichtsstunden hospitieren und sich auch mal in das Lehrerzimmer setzen würde, ohne was sagen zu dürfen... nur zuhören. Und am nächsten Tag mal locker selbst fünf, sechs Stündchen halten.

Robert Orben wird folgender Spruch nachgesagt: "If you think education is expensive, try ignorance."

Meine bescheidene Meinung ist, dass wir die "Rechnung" der Ignoranz gerade direkt vor die Nase gehalten bekommen...

So., 28.11.2021 - 18:24 Permalink
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Livia Minnea So., 28.11.2021 - 20:28

Sehr guter Beitrag!
Ich frage mich auch, was sich die Landespolitik so denkt, wenn sie sich zur Schule äußert: In den letzten Jahren wurde wiederholt eine Anpassung der Gehälter versprochen. Geschehen ist so gut wie gar nichts. Und nun wundert man sich, dass die Lehrer die Schule verlassen, wenn sie nur irgendwie können.
Die Lehrer-Gehälter sind schon lange keine Akademikergehälter mehr. Mit diesen Gehältern ist kaum mehr ein Auskommen möglich, wobei es sich hierbei oft um Lehrpersonen handelt, die schon im fortgeschrittenen Alter sind und vielleicht studierende Kinder haben, für die das Geld nicht reicht.
Die Situation der Lehrer in Südtiroler ist so schlecht wie seit den 1970er Jahren nicht mehr!

So., 28.11.2021 - 20:28 Permalink
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Katja Renzler So., 28.11.2021 - 21:33

Antwort auf von Livia Minnea

Danke, Frau Minnea!

Auch die Öffentlichkeit würde von höheren Gehältern der LP profitieren, erstens direkt durch den Verbleib der ausgebildeten und motivierteren "Humanressourcen". Zweitens indirekt, denn vor allem würden steigende Gehälter in einem Sektor den Druck erhöhen, auch in anderen Bereichen Löhne zu bezahlen, welche den Lebenshaltungskosten eines mitteleuropäischen Staates endlich annähernd gerecht werden können. Dies wird z.B. nach Metaller-Lohnverhandlungsrunden im deutschsprachigen Ausland immer sehr schnell sehr deutlich: andere Bereiche müssen nachziehen.

Und noch etwas von Frau zu Frau: Es fällt schon auf, dass gerade in "Care"-Berufen (Sanität, Bildung) überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, allerdings unterdurchschnittliche (auf den europäischen Kontext und auf die Ausbildung bezogen) Gehälter bezahlt werden [wurde wissenschaftlich auch stark beforscht]. Wer sich also Gleichstellung der Geschlechter auf die Fahnen schreibt, muss den volkswirtschaftlichen Hebel auch mal an der wirtschaftlichen Ungleichbehandlung im Vergleich zu männlich dominierten Sektoren ansetzen.

Zum Exodus der Lehrpersonen: Ich kenne mehrere (geimpfte und motivierte!) Lehrpersonen, die sich derzeit aktiv nach anderen Arbeitsstellen umsehen. Und, zugegeben, auch ich schaue ab und zu in den Stellenmarkt... im Ausland, wohlgemerkt.

So., 28.11.2021 - 21:33 Permalink
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Harry Dierstein So., 28.11.2021 - 21:33

Akademikergehälter für Lehrer gibt es in Südtirol keine und diese sind in Südtirol auch nicht erwünscht, weil sie für das System Südtirol extrem hinderlich wären.

So., 28.11.2021 - 21:33 Permalink
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Georg Peintner Mo., 29.11.2021 - 13:05

Nachdem ich gut verstehen kann, dass ein*e Bezieher*in von einem Einstiegsgehalt nicht leicht auf 100 € verzichten kann, um sie mit einem Streiktag zu verbrennen, an dem kaum jemand teilnimmt, Folgendes:
Wie wäre es mit Dienst nach Plicht in Bezug auf Projekte, Ausflüge usw.
Oder damit, dass man sich z.B für die Auffüllstunden und dergleichen keine aufwändigen Vorhaben mehr überlegt, sondern darauf wartet, bis einem die Schulführung etwas zu tun gibt? Wäre auf die Kreativität der Direktionen (die ich nicht bestrafen möchte!) gespannt, wenn es darum ginge, einem Kollegium von 100 Leuten sinnvolle Aufgaben zuzuordnen. Würde niemanden Geld kosten!
Aber eben, solidarisch müsste man sein und sich verabreden. Natürlich wäre es ungut für die Schüler*innen, aber zum Jammern sollten sich diese und ihre Eltern dann an die Landesregierung wenden!

Mo., 29.11.2021 - 13:05 Permalink
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Georg Peintner Mo., 29.11.2021 - 14:26

Antwort auf von Georg Peintner

Ich muss noch anfügen: Grundsätzlich sehe ich mich bescheiden und versuche, mein Wohlbefinden nicht von meinem Gehalt abhängig zu machen. Was mir aber die Zufriedenheit erschwert ist, dass "wir" offensichtlich keine Probleme haben, jetzt einmal sehr allgemein ausgedrückt, Leistungssport (nicht den gesunden niederschwelligen), Tourismusexzesse, irrsinnige Straßen-Großprojekte und die Bauernschaft weit über das für mich Nachvollziehbare zu fördern.
Somit fordere ich auch für die Lehrerschaft angemessenen Respekt, der sich u.A. in einer fairen Besoldung ausdrücken sollte!

Mo., 29.11.2021 - 14:26 Permalink
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Klemens Riegler Mo., 29.11.2021 - 20:13

Welcher Sektor oder Bereich ist eigentlich nicht von bevorstehenden Pensionierungswellen, Abwanderung frisch ausgebildeter (Lehr)Persönlichkeiten ins besser bezahlende Ausland oder von einer buchstäblichen Fahnenflucht unserer "cervelli" betroffen?
Oder andersherum: wer findet aktuell keinen halbwegs gut honorierten Job in Südtirol?
Oder noch besser: Warum nicht kurz einen Blick in Richtung Süden werfen? oder noch weiter nach Westen (also hinter die Schweiz). Oder in Richtung Nord-Osten - über Bayern und Baden Württemberg hinaus.
Und warum nicht anerkennen, dass wir es gut haben hier? dass wir in einem wunderbarem Land mit wunderbaren Menschen zusammenleben dürfen. Dass es uns besser geht als wahrscheinlich 95% der Weltbevölkerung und dass wir einfach privilegiert sind. Ich habe den Durni nie besonders gemocht, aber sein Spruch, dass wir Nörggler und Plärrer sind ... na ja!

Mo., 29.11.2021 - 20:13 Permalink
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Katja Renzler Mi., 01.12.2021 - 06:58

Antwort auf von Klemens Riegler

Hallo Herr Riegler,

natürlich könnten einfach alle still sein und im Geiste der Achtsamkeit die Schönheiten unserer Bauchnabel betrachten (Warnung: Auch da wird sich die gelegentliche Fluse finden). Sprich: uns daran erfreuen, dass es andere schlechter haben.

Ja, wir sind sehr priviliegiert hier im globalen Norden, dem ist nichts hinzuzufügen- aber darum ging es in meinem Beitrag auch nicht. Bleiben wir daher beim Thema!

Meines Erachtens entspricht es einer gewissen Professionalität, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Nicht mehr und nicht weniger. Keine Ahnung, ob Sie Ihren Mechaniker*innen auch mit "wunderbare[m] Land" und "wunderbaren Menschen" kommen, sobald die Rechnung über eine Autoreparatur zu begleichen ist und diese ihnen zu hoch erscheint. Oder der Stromgesellschaft. Oder...

Unser ästhetisch-global-nördliches Privileg soll ungerechte Verhältnisse, die es auch hier gibt, nicht verschleiern. Geld ist hier nämlich für vieles da. Setzen wir Prioritäten: Was dient der Gesellschaft am meisten?

Wie bereits geschrieben, wird eine Erhöhung der pekuniären Wertschätzung eines Sektors sich auch auf die anderen Bereiche auswirken. Darum geht es, und nicht um einen Wettbewerb, wer es besser oder schlechter hat im Leben.

Mi., 01.12.2021 - 06:58 Permalink
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Hans Obermair Mo., 29.11.2021 - 20:30

Familienbeihilfen

Was noch hinzukommt, alle betrifft, aber LehrerInnen im Besonderen: Ab 2022 werden die Absetzbeträge für Kinder gestrichen, das sind über 1.000 € pro Kind im Jahr. Wenn beide Eltern unterrichten (kommt häufig vor) und vielleicht auch noch eine Kleinwohnung haben, gibt es auch das neue Kindergeld nicht, das an das ISEE gebunden ist.
In Südtirol wurde diese Reform paradoxerweise lange Zeit als großer familienpolitischer Erfolg verkauft, bis man draufgekommen ist, was die Folgen tatsächlich sind. Dann der Katzenjammer und jetzt hört man von der Politik überhaupt nichts mehr. Wahrscheinlich hofft man, dass die Eltern die (ohnehin schon bescheidenen) Begünstigungen der Vergangenheit so schnell vergessen, wie die Lehrer die Ankündigungen der Politik vor den Wahlen, die Gehälter zu erhöhen!

Mo., 29.11.2021 - 20:30 Permalink
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Karl Egger Mi., 01.12.2021 - 17:37

Wieviel verdient eine Lehrperson in Südtirol durchschnittlich netto pro Monat (inkl. Prämien, Zulagen, usw.) in einer Vollzeitstelle an einer Oberschule?

Mi., 01.12.2021 - 17:37 Permalink
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Karl Egger Do., 02.12.2021 - 10:21

Antwort auf von Karl Egger

Da ich hier interessanterweise keine Antwort auf meine Frage bekomme, habe ich mal selber ein wenig recherchiert…
Laut dieser Broschüre (https://www.salto.bz/sites/default/files/atoms/files/947195_news_2017_0…) der Abteilung Arbeit der Provinz Bozen hat ein/e Oberschullehrer/in im Jahr 2013 etwa 1.940 € netto im Monat verdient (Schätzung für 40-jährige Arbeitnehmer mit Vollzeit) – Quelle: Auswertung Amt für Arbeitsmarktbeobachtung der IRPEF / Agentur der Einnahmen. Dem Landeskollektivvertrag (https://sgbcislschule.it/snape/wp-content/uploads/2019/01/LKV-2016-2018…) entnehme ich, dass 13 Gehälter vorgesehen sind – das ergibt dann einen Jahresnettolohn von 25.220 € (1940x13).

Bitte korrigieren Sie mich wenn ich falsch liege, doch ich gehe davon aus, dass die Gehälter in der Zwischenzeit geringfügig gestiegen sind. Leider wird im Text keine Angabe darüber gemacht, ob diese Zahl evtl. Prämien oder Zulagen (z.B. Zweisprachigkeitszulagen) enthält, oder ob diese noch dazu kommen. Ich will an dieser Stelle ferner kein Urteil darüber treffen, ob das ein angemessener Gehalt für den durchschnittlichen Aufwand darstellt, ich denke man kann aber zweifelsfrei sagen, ein Lehrer/innengehalt ist leistungsunabhängig, das heißt, ob ich mich bei der Arbeit anstrenge oder „eine ruhige Kugel schiebe“ hat keinen Einfluss auf das Gehalt – richtig?

Kommen wir zum Stundenpensum. Lt. dieser Quelle hier (http://www.flc-gbw.it/de/topics/arbeitszeit) der GBW (Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft) umfasst der wöchentliche Unterrichtsstundenplan 20 Stunden. Die eigentliche Lehrstuhlverpflichtung kann unterhalb dieser vorgesehenen Stunden liegen. In diesem Fall wird die restliche Unterrichtszeit („Auffüllstunden“) für die Übernahme von Reststunden in Parallelklassen, für Stützkurse, Sonderkurse und für gelegentliche Supplenzen verwendet. Ich nehme an, diese Zeit kann auch zur Vor- und Nachbearbeitung des Unterrichts verwendet werden. Zusätzlich kann der Unterrichtsstundenplan mit Zustimmung der Lehrperson um weitere 2 Stunden erhöht werden. (maximal 24 Stunden wöchentlich, wobei 4 Stunden als Überstunden bezahlt werden). Weiters nehme ich an, dass mit „Stunden“ nicht Stunden im Sinne von 60 Minuten gemeint sind, sondern Unterrichtsstunden von 50 Minuten – bitte korrigieren Sie mich wiederum, sollte ich falsch liegen. Privilegien wie die Möglichkeit eines sog. Sabbatjahres lasse ich mal außen vor, doch ich gehe davon aus, dass die meisten Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft diese Möglichkeit nicht haben.

Ich wage als Außenstehender keine Aussage zum Jahresarbeitspensum. Zwar denke ich, dass eine Lehrperson relativ viele freie Tage hat (Sommer-, Weihnachts-, Oster-, Winterferien,…), doch lt. diesem Artikel (https://www.tageszeitung.it/2020/06/21/lehrer-haben-nur-30-tage-urlaub/) [Zitat Philipp Achammer:] „stehen den LehrerInnen 30 Tage Urlaub zu. Die restliche Zeit müssen sie für Vorbereitungstätigkeiten auf Abruf bereitstehen“.

Ja ja… wie dem auch sei. Darf ich in die Runde fragen, wenn schon „Mit diesen Gehältern kaum mehr ein Auskommen möglich ist“ (Zitat aus dem Kommentarbereich) – wieviel hält man denn dann für ein angemessenes Gehalt? Welches Netto-Monatsgehalt wird gefordert? Nennen Sie eine konkrete Zahl. Würde mich – und vermutlich viele andere Außenstehende - interessieren.

Do., 02.12.2021 - 10:21 Permalink
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Georg Peintner Fr., 03.12.2021 - 09:00

Antwort auf von Karl Egger

Meinerseits nur dies zum Gehalt: Wenn vor Zeiten eine angemessene Entlohnung ausgehandelt und vereinbart wurde, diese dann aber jahrelang nicht angepasst wurde und wird, diese also inzwischen einen beachlichen Verlust an Kaufkraft erfahren hat, ist es dann nach Ihnen nicht gerechtfertigt, dass es endlich eine Anpassung gibt? Mehr fordere ich persönlich nicht. Aber von Seiten der Verwaltung ständig die Anforderungen steigern und im Gegenzug nicht nachbessern wollen, geht nicht!
Aus meiner Sicht hätten sie sich Ihre ganze obige Aufstellung sparen können. Es gibt genügend Studien, die den Arbeitsaufwand der Lehrer belegen und auch bescheinigen, dass die Arbeit eine höchst kreative und auch anstrengende ist! Warum gibt es in einigen Bereichen Lehrermangel? Weil alles easy ist?
Für ihre Rechnung: In den Sommermonaten gibt es keine Landeszulage, also eine beachtliche Gehaltsminderung.

Fr., 03.12.2021 - 09:00 Permalink
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Karl Egger Fr., 03.12.2021 - 14:34

Antwort auf von Georg Peintner

Nun ja, im Prinzip gebe ich Ihnen ja Recht… Als offensichtlich einziger Nicht-Lehrer hier im Kommentarbereich will ich mir ja nicht anmaßen darüber zu urteilen wie anstrengend die Lehrtätigkeit ist - wenngleich ein Außenstehender vermutlich denken könnte, ~2.000 € netto im Monat für 20 Stunden Arbeit die Woche sind - sogar für einen Akademiker - auch heute kein schlechtes Gehalt. Dass die Arbeit höchst anstrengend ist - wie die von Ihnen genannten Studien wohl belegen - mag auch sein, doch meiner Meinung nach sollte die viele Freizeit dies eigentlich kompensieren.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch - ich will hier nicht provozieren und ich gönne den Lehrpersonen auch ihr Gehalt - wenn man als Gesellschaft den Anspruch hat, dass Akademiker unsere Kinder unterrichten, muss man den Lehrpersonen ein angemessenes Gehalt zugestehen.

Meiner Meinung nach könnten die Lehrergehälter sogar noch deutlich höher sein, jedoch mit der Einschränkung dass diese dann nach Qualifikation eingestellt würden und nicht nach Rangliste, sowie dass diese nach ihrer Performance beurteilt würden und bei konstanter Underperformance auch entlassen werden könnten! Ich denke es gibt heute (wir früher) einige Lehrpersonen, die für das was sie leisten unterbezahlt sind, genau wie es umgekehrt oft genug der Fall ist.

Das ganze wird natürlich an dem altbekannten Dilemma scheitern: wie und vor allem wer soll Lehrer beurteilen ohne dabei Willkür Tür und Tog zu öffnen? Leider habe auch ich keine Antwort darauf, doch sollte sich vielleicht irgendwann ein praktikabler Ansatz in diese Richtung finden lassen, so denke ich wäre das ein Quantensprung für unser Bildungssystem und ich meine auch die breite Gesellschaft hätte dann keine Probleme höhere Gehälter für das Lehrpersonal gutzuheißen.

Fr., 03.12.2021 - 14:34 Permalink
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Stereo Typ Sa., 04.12.2021 - 13:01

Antwort auf von Karl Egger

Hinzu kommt, dass Lehrpersonen sich sehr nahe an ihren Wohnort versetzen lassen können, bis zur Pensionierung in ihrem Beruf bleiben können, nach Abwesenheiten (z. B. Mutterschaft) genau wieder in ihren Beruf zurückkehren können (ist bei anderen Arbeitsplätzen nicht möglich), im Sommer keine Betreuung ihrer Kinder finanzieren müssen.

Sa., 04.12.2021 - 13:01 Permalink
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Profil für Benutzer Georg Peintner
Georg Peintner Sa., 04.12.2021 - 17:19

Antwort auf von Stereo Typ

Ich bin hier nicht der Richtigsteller: Ich würde Ihnen aber nahelegen, sollten Sie für so einen "lässigen" Beruf nicht überqualifiziert sein, Lehrer zu werden, um alle Annehmlichkeiten und Gemütlichkeiten dieses Berufes zu genießen!

Sa., 04.12.2021 - 17:19 Permalink
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Profil für Benutzer Georg Peintner
Georg Peintner Sa., 04.12.2021 - 17:35

Antwort auf von Karl Egger

Ja, sie sprechen natürlich einen heiklen und nicht einfachen Punkt an: Es gibt immer solche und solche und das auch nicht über alle Zeiten gleichbleibend.
Aber ich kann Ihnen doch versichern, dass eine (nahezu immer ausreichende) "Qualitätskontrolle" durch das Lehrerkollegium, den Klassenrat, durch Rückmeldungen von Seiten der Schüler und Eltern durchaus stattfindet. Kein Lehrer hält den Druck auf Dauer aus, der entsteht, wenn er sich den gerechtfertigten Anforderungen nicht stellt.
Ansonsten ist es schon auch so, dass "die Schule" um permanente Verbesserung ihres Betriebs bemüht ist. Es sollte auch anerkannt werden, dass die Anforderungen, die zum Teil auch durch gesellschaftliche und außerschulische Problemstellungen entstehen, ständig wachsen. Verzeihen Sie, wenn ich darauf nicht detailliert eingehe und auch da auf zugängliche Untersuchungen und Feststellungen verweise.

Sa., 04.12.2021 - 17:35 Permalink
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Profil für Benutzer Patrick Daldos
Patrick Daldos Mo., 06.12.2021 - 12:23

Antwort auf von Karl Egger

Das Unterrichtspensum an einer Grundschule betraegt 22 Stunden - damit kommt man auf eine Netto-Zeit von 20 Stunden am Schueler, also 20 Stunden in der Klasse. Dazu kommen dann die Vorbereitung und Nachbereitung, Korrekturarbeiten, persoenliche Sprechstunden, Sitzungen auf Direktions und Schulstellenebene, verpflichtende Fortbildungen, ..!
Und wie sie gesagt haben, ist es Leistungsunabhängig, es gibt Lehrer die machen 50 Wochenstunden, andere 30, .. wie so oft in der Arbeitswelt.
Mit den 20 vollen Direktstunden ist es sicherlich bei niemanden getan, das geht gar nicht aufgrund der verpflichtenden Zusatztaetigkeiten.
Und mit einem abgeschlossenen Studium und circa 15 Jahren Berufserfahrung 2000€ zu erhalten ist nicht ein sehr hohes Gehalt, da werde ich in der Privatwirtschaft ohne Studium besser bezahlt!

Und wie auch immer, es steht jeden frei sich einen neuen Job zu suchen und zu wechseln. Wenn der Job so attraktiv waere, wuerden wir nicht ueber Lehrermangel klagen. Ich denke, das ist ein recht guter Parameter fuer die angemessene Entlohnung und Wertschaetzung dieser Arbeit.

Mo., 06.12.2021 - 12:23 Permalink