Wirtschaft | Spaltung

Bye bye, Brennercom

Der Brennercom-Deal steht: Die öffentlichen Teilhaber steigen mit 19,76 Millionen Euro aus dem Unternehmen aus. “Ein gutes Geschäft”, frohlockt der Landeshauptmann.
sat
Foto: salto

Der 27. September 2016 wird als denkwürdiger Tag in die Chronik der Brennercom AG eingehen. Die Landesregierung hat heute nämlich dem Spaltungsplan für das Telekommunikationsunternehmen zugestimmt. Damit sind die Würfel in dem inzwischen mehr als 15-monatigen Tauziehen zwischen öffentlichen und privaten Teilhabern, allen voran der Athesia-Gruppe, gefallen. “Und das Land steigt mit einem ansehnlichen Gewinn aus”, verkündet ein zufriedener Landeshauptmann am Dienstag. Das letzte Kapitel des Brennercom-Krimis ist geschrieben. Fortsetzung wird es wohl keine geben.


Durchbruch nach Kräftemessen

Mit reichlich Verspätung tritt Arno Kompatscher nach der Sitzung der Landesregierung vor die Medienvertreter. Er bringt lang erwartete Neuigkeiten mit. Nach monatelangen Verhandlungen sich in Sachen Brennercom zu einigen. “Wir sind unserem Ziel eines öffentlichen Breitbandnetzes für ganz Südtirol einen Schritt näher”, wird der Landeshauptmann am Ende sagen. Zuvor erinnert er an den Weg, der zur heutigen Entscheidung der Landesregierung und damit zur Spaltung der Brennercom AG geführt hat.

Am Anfang stand das Vorhaben des Landes, sich schrittweise aus der Brennercom zurück zu ziehen. Der Ausstieg war nicht nur gewollt, sondern aufgrund staatlicher Vorgaben, nach denen sich öffentliche Institutionen nicht als Telekommunikations-Anbieter betätigen dürfen, notwendig geworden. Die Landesregierung unter Kompatscher führt das Vorhaben, das bereits unter Luis Durnwalder eingeleitet worden war, weiter. “Neben dem beschlossenen Rückzug wollten wir aber die Infrastruktur weiter betreiben, denn es ist unser Interesse, das gesamte Südtiroler Breitbandnetz bis zur letzten Meile in öffentlicher Hand zu halten”, so Kompatscher.

Die Datenautobahn muss dem Land gehören, wer dann darüber fährt und Maut zahlt, ist dann zweitrangig.
(Arno Kompatscher im Juni 2015)

Der ursprüngliche Plan war, die 51,09 Prozent, die das Land Südtirol gemeinsam mit den drei weiteren öffentlichen Teilhabern Selfin GmbH, Brennerautobahn AG und Stadtwerke Brixen an der Brennercom hält, zu verkaufen. Im Rahmen des Ausstiegs sollte allerdings der Betriebszweig “Breitband”, sprich Infrastrukturen wie Kabel und Rohre, aber auch technologisches Know-How sowie Mitarbeiter ausgegliedert werden und damit in öffentlicher Hand bleiben.

Mit dem Verkauf der Aktien hätte also gleichzeitig ein Preis für die Übernahme des Breitbandnetzes verhandelt werden sollen. Diesen Plan schilderte der Landeshauptmann Anfang Juni 2015 den Brennercom-Aktionären – einem schmeckte er ganz und gar nicht: Michl Ebner. Die Vision des Direktors der Athesia-Gruppe, die gemeinsam mit ihrer Tochterfirma KM Invest insgesamt 48,34 Prozent an der Brennercom hält, war es, die Aktienmehrheit am Unternehmen zu erwerben und damit die Kontrolle über die Brennercom zu übernehmen. Bei Arno Kompatscher biss Ebner damit aber auf Granit. “Wir sehen uns vor Gericht”, drohte der Athesia-Direktor dem Landeshauptmann schließlich. Und so kam es dann auch. Nur ist die Geschichte nicht so ausgegangen, wie es sich Michl Ebner erhofft haben dürfte.


Am Verhandlungstisch

Am 19. Juni 2015 erklärt der Brennercom-Verwaltungsrat um Präsident Ferdinand Willeit die Brennercom-Aktien der öffentlichen Anteilseigner als erloschen. Später wird Landeshauptmann Kompatscher von einer “Nacht- und Nebelaktion” sprechen, die aber vonseiten des Landes erfolgreich angefochten wird. Mitte Juli 2015 werden die öffentlichen Teilhaber wieder als Aktionäre eingesetzt.

Nun beginnt die Zeit der intensiven und harten Verhandlungen. Das Ziel des Landes bleibt dabei dasselbe: “Aussteigen und die Infrastruktur mitnehmen”, wie der Landeshauptmann am heutigen Dienstag erinnert. Im November 2015 wird schließlich ein Rahmenvertrag abgeschlossen, in dem sich private und öffentliche Teilhaber darauf einigen, die Spaltung der Brennercom vorzunehmen. Letzteren soll dabei das Breitbandnetz, die entsprechenden Verträge, Hardware, Technologie, Mitarbeiter sowie eine Ausgleichszahlung zuteil werden. Die privaten Aktionäre würden die Brennercom als privates Telekommunikationsunternehmen weiterführen. Nachdem eine technische Kommission die Bewertung des Betriebszweigs “Breitband”, der der neu zu gründenden öffentlichen Gesellschaft zufallen würde, vorgenommen hat, wird ein erster Spaltungsplan ausgearbeitet. Rund 16 Millionen Euro werden den öffentlichen Teilhabern im März 2016 für das Breitbandnetz geboten – Ausgleichszahlungen inklusive. “Wir haben diesen Vorschlag nicht akzeptiert und auch dem Gericht eingesetzte Gutachter war der Meinung, dass die Summe nicht geeignet war”, erklärt Kompatscher am Dienstag Mittag. Die Verhandlungen gehen weiter, bis man sich letztendlich einig wird.


Neustart ohne Störenfriede

“Das Ergebnis haben wir heute genehmigt”, verkündet der Landeshauptmann den versammelten Medienvertretern. Konkret erhält das Land nun ein buchhalterisches Reinvermögen von insgesamt 19,76 Millionen Euro – drei Millionen mehr als es der erste Vorschlag vorgesehen hätte. Auf 1,2 Millionen Euro beläuft sich die Summe der immateriellen Anlagewerte (Verträge, Lizenzen). Dazu kommen materielle Anlagegüter (Netze, Hardware, Verteilerknotenpunkte, vier Stockwerke im Brennercom-Gebäude) im Wert von 11,1 Millionen Euro und eine Ausgleichszahlung von 7,5 Millionen Euro.

Der Brennercom-Sitz in der Bozner Pacinotti-Straße: Das Gebäude geht nun zur Gänze in Landesbesitz über. Foto: brennercom.it

Neben dem Spaltungsplan hat die Landesregierung am heutigen 27. September auch Grünes Licht für die Gründung einer neuen Gesellschaft, einer so genannten Newco gegeben, die zukünftig das Breitbandnetz und damit das Vermögen von 19,76 Millionen Euro verwalten soll. “Somit haben wir jetzt folgende Situation”, erklärt der Landeshauptmann, “es bestehen zwei Gesellschaften, eine öffentliche und eine private, mit Gesellschafterkapitalien von 15,5 beziehungsweise 8,5 Millionen Euro.” Dass der Wert der öffentlichen Gesellschaft aus Land, Selfin, Brennerautobahn und Stadtwerke Brixen dabei beinahe doppelt so hoch ist obwohl sie ursprünglich nur 51,09 Prozent an der Brennercom hielten, sei darauf zurückzuführen, dass die künftige Gewinnerwartungen mit einberechnet worden seien, führt Kompatscher aus. “Als Netzbetreiber wird man nicht reich, während ein Telekommunikationsanbieter aussichtsreichere Gewinnentwicklungen erwarten kann.”


Die Brennercom – eine “sehr gute Investition”

Der Gerichtsverständiger hat bereits einen positiven Bericht zum nun genehmigten Spaltungsplan verfasst. Nun ist die Gesellschafterversammlung der Brennercom AG am Zug. Am morgigen Mittwoch (28. September) Abend wird sie über das Spaltungsvorhaben und die Errichtung der neuen Gesellschaft befinden. “Damit haben wir unser Ziel erreicht”, verkündet der Landeshauptmann. Und man sei gar nicht mal schlecht ausgestiegen – im Gegenteil: “Zieht man alle Investitionen in Betracht, die das Land seit seinem Einstieg in die Brennercom in das Unternehmen getätigt hat, ergibt sich mit der Summe von 19,76 Millionen Euro unterm Strich eine Nettokapitalrendite von fast 5 Prozent. Der Steuerzahler hat also ein gutes Geschäft gemacht.”

Wir haben eine Einigung darüber erzielt, wie der Bereich Breitband aus einem erfolgreichen Unternehmen ausgegliedert werden kann, um dann öffentlich verwaltet zu werden.
(Arno Kompatscher im September 2016)

“Eine gute Vereinbarung hinterlässt am Ende keine Besiegten, sondern nur Gewinner”, hatte Arno Kompatscher im November des Vorjahres gemeint. Heute, fast ein Jahr später wiederholt er diese Worte: “Wir haben zu einem Kompromiss gefunden, aus dem niemand als Sieger oder Verlierer aussteigt.” Gleichzeitig hatte der Landeshauptmann jedoch stets betont: “Wir bekommen das, was wir wollen”. Im Falle der öffentlichen Teilhaber dürfte das nun zutreffen – bei der Athesia wird man das wohl kaum behaupten können.