Politik | SVP

„Die Risiken sind zu hoch“

Am Montag haben drei junge SVPler in Nals gegen das Ja der SVP beim Verfassungsreferendum gestimmt. Lorenz Mayr über das bewusste Nein.
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Foto: Salto.bz
Salto.bz: Herr Mayr, am Montag Abend haben die SVP-Ortsobleute und den SVP-Parteiausschuss informell über ein JA beim anstehenden Referendum zur Verfassungsreform abgestimmt. Es gab unter den 250 Anwesenden nur drei Gegenstimmen. Der ehemalige SVP-Landessekretär Manuel Massl, Stefan Premstaller und Sie. Warum sind Sie dagegen?
 
Lorenz Mayr: Wenn man als Südtiroler hört, hier geht es um die italienische Verfassungsreform, dann muss man allein vom Bauch heraus, grundsätzlich dagegen sein. Manuel, Stefan und ich haben uns auch während der Sitzung mehrmals kritisch zu einigen Bestimmungen zu Wort gemeldet. Wir sind vor allem sehr skeptisch, was die Ersatzbefugnisse des Staates anbelangen und das Verfassungsprinzip der Gleichheit. Hierzu haben wir auch juristisch/technische Fragen gestellt.Wir sehen in dieser Reform zwar auch eine Chance, aber gleichzeitig sind die Risiken einfach zu hoch.
 
Das Positionspapier und die Argumente der sechs SVP-Parlamentarier haben Sie nicht überzeugt?
 
Dieses Papier und auch der Abend haben uns sicher ein paar neue Argumente aufgezeigt. Aber so hundertprozentig überzeugt, hat uns das Ganze nicht.
 
Auch die Schutzklausel ist eurer Meinung nach nicht genügend?
 
Meiner Meinung nach ist die Schutzklausel das Beste, was die Parlamentarier und der Landeshauptmann in Rom herausholen konnten. Aber das ganze ist nur eine Übergangsbestimmung. Danach sehe ich eine weit größere Gefahr. Denn der Hauptfeind der Südtirol-Autonomie ist nicht die italienische Verfassung, sondern der italienische Verfassungsgerichtshof. Er könnte durchaus versuchen die Schutzklausel durch verschiedene Verfassungsprinzipien auszuhebeln. Dazu kommt ein zweites Problem: Wenn wir auch das Autonomiestatut überarbeiten, bleibt immer noch die Suprematie-Klausel. Wie aber bekommen wir die weg?
„Der Hauptfeind der Südtirol-Autonomie ist nicht die italienische Verfassung, sondern der italienische Verfassungsgerichtshof.“
Sie sind pessimistisch, dass die SVP das umsetzen kann, was Sie jetzt verspricht?
 
Als politisch engagierte junge Menschen denken wir eher langfristig. Auch deshalb haben wir große Zweifel. Ich selbst bin zwar kein Jurist, doch man sagt mir nach, dass ich in politischen Dingen durchaus einen guten Riecher habe. Stefan Premstaller ist Jurist und der Manuel Massl ist Politikwissenschaftler. Wenn nicht wir Jungen kritische Fragen aufwerfen, wer dann?
 
Die Grundsatzfrage ist: Kann es sich Südtirol leisten gegen Sonderbedingungen zu stimmen, für die uns alle in Italien beneiden?
 
Sicher könnte Südtirol kurzfristig den tollen Max spielen. Wenn 80 oder 90 Prozent im Land gegen diese Reform stimmen, dann wäre das ein klares Signal nach Rom. Langfristig muss man sich aber die Frage stellen: Was sind die Folgen? Verliert die SVP damit in Rom nicht ihre Glaubwürdigkeit in Anbetracht auf eine zukünftige Verfassungsreform.
„Wenn 80 oder 90 Prozent im Land gegen diese Reform stimmen, dann wäre das ein klares Signal nach Rom.“
Wurden Sie und Ihre beiden Mitstreiter am Montag im Haus der Vereine von Nals als Spielverderber hingestellt?
 
Nein, im Gegenteil. Nach der Sitzung sind die Parlamentarier aktiv auf uns zugekommen und haben versucht uns durch weitere Argumenten umzustimmen. Sie sind sehr detailliert auf unsere noch offenen Fragen eingegangen. Ich denke, es gehört zur SVP, dass es auch kritische Stimmen gibt. Für die Partei ist es auf jeden Fall besser, wenn man intern offen kritisiert. Damit tut sich die SVP auch leichter auf Angriffe von Außen zu reagieren. Was Durnwalder gerade so abzieht, finde ich eine Frechheit! Magnago hat sich ja auch nicht eingemischt. Meine Fazit: Durnwalder hat einen Minderwertigkeitskomplex.
 
Werden Sie und Ihre Mitstreiter aktiv Werbung für ein Nein bei Verfassungsreferendum vom 4. Dezember machen?
 
Das müssen wir erst entscheiden. Sicher ist, dass wir uns mit der Materie in den nächsten Tagen ausführlich befassen werden. Kurzfristig würde ich sagen, wir müssen dagegen stimmen. Langfristig gedacht, kommen bei mir aber Zweifel auf. Vor allem weil dieses Referendum direkt mit der politischen Zukunft von Mateo Renzi zusammenhängt. Und mit ihm arbeiten die SVP und die Parlamentarier sehr gut zusammen. Während der M5S eine autonomiefeindliche Partei ist, denn sie wollten ja die Schutzklausel rausstreichen.
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Mensch Ärgerdi… Fr., 28.10.2016 - 11:12

Ich glaube die jungen SVPler, weit weg von Rom und dessen parlamentarischen Spielchen, haben sich eher mit dem Text als dem ganzem Gesülze drum herum befasst. Deswegen kommen sie wie jeder normal denkende Mensch zum gleichen richtigen Ergebnis: NEIN!

Fr., 28.10.2016 - 11:12 Permalink
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Martin B. Fr., 28.10.2016 - 22:53

Schade das nur so wenige kritisch sind; auch eine Eigenschaft die der SVP schon während der Durnwalderjahre fast total abhanden gekommen ist. Vorher hingegen hatte Magnago oft genug fast mehrheitsbrechende und hartnäckige Resistenz zu überwinden.

Fr., 28.10.2016 - 22:53 Permalink