Politik | Mobilität

Wohin geht die Fahrt?

Die Landesregierung sagt Ja zur Inhouse-Vergabe der innerstädtischen Busdienste nach 2018. Für die restlichen Busdienste ist noch keine Entscheidung gefallen.
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Foto: ferrovie.it

Am 13. November 2015 ging im Südtiroler Landtag die Abstimmung über das neue Mobilitätsgesetz über die Bühne. Mit 17 Ja, 11 Nein und 4 Enthaltungen wurde es schließlich verabschiedet. Ein Jahr später hat die Landesregierung nun die notwendige Durchführungsbestimmung genehmigt, damit die Neuerungen, die das Mobilitätsgesetz für den gesamten Bereich der öffentlichen Mobilität vorsieht, in Kraft treten. Das Herzstück des Gesetzes bilden die Änderungen bei der Vergabe der Dienste vorsieht. “Unser Fokus liegt ganz klar auf Qualität, die wir bei den öffentlichen Mobilitätsangeboten nicht nur beibehalten, sondern weiter verbessern wollen”, unterstreicht Mobilitätslandesrat Mussner. Zugleich muss die Vergabe der Dienste künftig auch den EU-Vorgaben Rechnung tragen. Aus diesem Grund wurden mit der heute (29. November) genehmigten Durchführungsbestimmung auch die Ausschreibungen im öffentlichen Personenverkehr an die EU-Regelungen angepasst. Bekanntlich müssen die nicht schienengebundenen Dienste, wie etwa der öffentliche Bustransport, EU-weit ausgeschrieben werden oder mittels Inhouse-Vergabe an öffentliche Betriebe gehen. Im Gegensatz dazu können Eisenbahndienste weiterhin direkt vergeben werden. In Südtirol ist es in etwas weniger als zwei Jahren so weit. Am 18. November 2018 laufen die Konzessionen der öffentlichen Nahverkehrsdienste im Land aus. Und die Player in Südtirols Transportsektor haben bereits begonnen, sich in Stellung zu bringen.

Am gestrigen Montag präsentierte die Führung des Transportunternehmens SAD AG an der Universität in Bozen ihre Zukunftsvisionen. Ein PPP-Modell, also eine “Public-Private-Partnership” (eine Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und einem bzw. mehreren Privaten) sei die beste Lösung, um den Öffentlichen Personennahverkehr auch in Zukunft in “Südtiroler Hand” zu wissen und eine “feindliche Übernahme” durch auswärtige Unternehmen zu verhindern, so die Überzeugung der SAD-Führung um Geschäftsführer Ingemar Gatterer. Mehr als 170 Millionen Euro ist die SAD bereit, an Investitionen auszugeben. Damit will man in erster Linie die Busflotte aufrüsten, aber auch videoüberwachte, gut beleuchtete Haltestellen sowie moderne IT-Technik für die Busse anschaffen. Die Kosten pro gefahrenem Buskilometer sollen von aktuell 2,99 auf 2,81 Euro fallen, das Land dadurch jährlich vier bis fünf Millionen Euro einsparen. Auch will die SAD die Löhne der Bediensteten um ein Prozent jährlich anheben. Im Gegenzug erhält die SAD, so zumindest schwebt es ihrer Führungsspitze vor, ein Vorrecht bei der Ausschreibung und rund 1,3 Milliarden für eine Konzession über 15 Jahre. Sprich, sollte ein anderer Anbieter im Rahmen der Ausschreibung ein besseres Angebot machen, kann die SAD den Auftrag zu diesem Preis übernehmen.

Südtirol-Lösung in weiter Ferne?

Um ihre Visionen in die Realität umzusetzen, steht Gatterer & Co. allerdings ein hartes Stück (Überzeugungs-)Arbeit bevor. Zuallererst gilt es, die anderen heimischen Busunternehmen mit ins Boot zu holen. Dass die Aussichten auf Erfolg dabei mehr als fraglich sind, zeigte nicht zuletzt die Skepsis von Markus Silbernagl. Der Präsident von Libus (Konsortium der Südtiroler Linienkonzessionsinhaber) kritisierte jüngst im Gespräch mit salto.bz Gatterers Vorstoß, “ein PPP-Projekt als Allheilmittel anzupreisen”. Deutlich ließ Silbernagl durchklingen, dass den 19 kleinen Linienkonzessionären, die sich in Libus zusammengeschlossen haben, die Alternative zu Gatterers Vorschlag weitaus besser gefällt. Konkret wäre das eine Ausschreibung der Dienste in kleinen Losen – laut Silbernagl ungleich vorteilhafter für kleine Anbieter.

Beim Land, das die SAD ebenso von ihrem PPP-Modell überzeugen muss, zeigt man sich bislang zurückhaltend. Von der Landesregierung war bei der Präsentation am Montag niemand anwesend, Landesrat Mussner meinte, er müsse das Modell erst begutachten um es beurteilen zu können. Und auch Landeshauptmann Arno Kompatscher betonte am Dienstag, dass noch nicht festgelegt worden sei, wie die Ausschreibung der nicht schienengebundenen Dienste vonstatten gehen soll – aufgeteilt in Lose oder in Form eines PPP-Modells. Rechtlich möglich wären beide Varianten. “Wir werden alle Optionen vertiefen und prüfen”, kündigte der Landeshauptmann an. Wie hinter vorgehaltener Hand zu erfahren war, soll die Landesregierung angeblich einer PPP nur zustimmen, wenn es die SAD schaffen würde, tatsächlich alle Busunternehmen von diesem Modell zu überzeugen. Eine Voraussetzung, hinter der ein dickes Fragezeichen steht.

All-in für SASA

Während die Dinge bei den Überlanddiensten also noch offen sind, ist man bei den innerstädtischen Busdiensten seit heute einen Schritt weiter. “Nach Abwägung der Vor- und Nachteile”, so Kompatscher, hat die Landesregierung am Dienstag Vormittag einen Grundsatzentscheidung getroffen: Die städtischen und vorstädtischen Busdienste in Bozen, Meran und Leifers sollen 2018 mittels Inhouse-Vergabe übertragen werden. Eine solche war in den vergangenen Wochen von mehreren Seiten gefordert worden. Allen voran SASA-Präsident Stefano Paganini, aber auch die Gemeinden Bozen und Meran, größte Teilhaber der SASA AG, hatten sich für eine Inhouse-Vergabe ausgesprochen. Dadurch wird nun eine Ausschreibung für die innerstädtischen Linien der drei Stadtgemeinden vermieden. “Das neue Mobilitätsgesetz sieht diese Möglichkeit der Vergabe ausdrücklich vor”, erinnerte Kompatscher am Dienstag.

Nun gehe es darum, die notwendigen Schritte für die Inhouse-Vergabe festzulegen, erklärte der Landeshauptmann. Etwa sei die Frage zu klären, ob es tatsächlich eine Beteiligung des Landes an der SASA AG brauche, um eine Inhouse-Gesellschaft zu gründen, wie es in Bozen und Meran vorgeschlagen wird. Mit ihrem Grundsatzbeschluss dürfte die Landesregierung die Pläne von Ingemar Gatterer, auch die Dienste der SASA zu übernehmen, zerschlagen haben. “Die SAD ist gegen eine solche Inhouse-Vergabe”, hatte der SAD-Geschäftsführer bereits im Mai dieses Jahres verlauten lassen. Man sei selbst daran interessiert, “die Linien der SASA ab 2018 im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens zu übernehmen”.