Umwelt | Obervinschgau

Gebremste Skischaukel

Der Landesumweltbeirat sagt Nein zum skitechnischen Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal. Doch der Traum lebt weiter.
Melag
Foto: Südtirolfoto/Renzo Caramaschi

Bald drei Jahrzehnte sind seit Beginn des Traumes, eine Skiverbindung zwischen dem Langtauferer Tal und dem Kaunertaler Gletscher auf Nordtiroler Seite zu schaffen, vergangen. Doch je konkreter die Pläne werden, desto größer wird auch die Frage, ob der Traum jemals in die Realität umgesetzt werden kann.

Der Wille ist da

Vor gut einem Jahr schlossen sich 180 Aktionäre aus dem Obervinschgau, der Reschenregion und Nauders zur Oberländer Gletscherbahn AG zusammen. Mit einem Eigenkapital von 4,7 Millionen Euro, langfristigen Darlehen und Fördermitteln wollen sie die skitechnische Verbindung zwischen Langtaufers und dem Kaunertal realisieren. Insgesamt 22,4 Millionen Euro soll der Zusammenschluss kosten – und dem Wintersport im Obervinschgau einen sprichwörtlichen Aufschwung bringen.
Skifahren von Oktober bis Mai – dort, wo die Luft immer dünner wird. So könnte man die Vision jener, die sich den Zusammenschluss sehnlichst wünschen – darunter vor allem Wirtschafts- und Tourismustreibende – beschreiben. Eine Kabinenbahn soll die Skifahrer vom idyllischen Langtauferer Tal auf das 3.108 Meter Höhe gelegene Karlesjoch bringen, wo die Bergstation des Gletscherskigebietes Kaunertal liegt.

Zustimmung für das Vorhaben gibt es sowohl auf Südtiroler als auch auf Nordtiroler Seite. “Nach vielen mühsamen Jahren freuen wir uns, dass das Projekt in Bewegung gekommen ist”, frohlockte der Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen GmbH Eugen Larcher im Februar 2016. Auch politisch erfährt der Zusammenschluss dies- und jenseits der Grenze Unterstützung. Die Gemeinde Graun hat dem Vorhaben bereits ihren Segen gegeben. “Die Verwirklichung des Projekts würde einen weiteren Schritt zum Zusammenwachsen der Tiroler Landesteile im Sinne der Europaregion Tirol bedeuten”, jubilierte die Süd-Tiroler Freiheit erst vergangene Woche als einige ihrer Mitglieder zum Lokalaugenschein auf dem Karlesjoch einfanden – gemeinsam mit Vertretern der Kaunertaler Gletscherbahnen Gmbh und Josef Thöni, SVP-Gemeindereferent von Graun und Hotelier in Langtaufers.

Bremser vom Umweltbeirat

Geht es nach Thöni und der Oberländer Gletscherbahn AG, soll die grenzüberschreitende Skischaukel Lantgaufers-Kaunertal bereits im heurigen Winter in Betrieb genommen werden. Für das Frühjahr 2017 ist der Beginn der Bauarbeiten an der Kabinenbahn mit Talstation im Langtauferer Weiler Melag vorgesehen. Doch nun hat der Landesumweltbeirat dem hehren Ziel, den Zusammenschluss bis Oktober 2017 über die Bühne zu bringen, einen ersten Dämpfer verpasst. Am gestrigen Mittwoch (1. Februar) hat der Umweltbeirat die Verbindung Langtaufers-Kaunertal nämlich abgelehnt. “Schwere landschaftliche Eingriffe bis an die Bergspitze” sowie “Probleme mit dem Wasservorrat” nennt Maria Theresia Pernter, die für den Dachverband für Natur- und Umweltschutz im Umweltbeirat sitzt, ausschlaggebend für das negative Gutachten. Dazu kämen Bedenken um die Fauna, erklärt Pernter im Mittagsmagazin von Rai Südtirol am Donnerstag. Einige der Tierarten, die im von dem geplanten Eingriff betroffenen Gebiet im hinteren Langtauferer Tal leben, stünden auf der roten Liste, so Pernter.

Was bedeutet das Nein des Umweltbeirates nun für den Zusammenschluss? “Es handelt sich dabei um eine erste Stellungnahme von einem Gremium, dessen Auftrag es in erster Linie ist, die Natur und Umwelt zu schützen. Daher kann man die Entscheidung so akzeptieren”, sagt Josef Thöni zur Rai. Er und seine Mitstreiter seien allerdings der Meinung, dass es bei dem Vorhaben nur zu einem “relativ geringen Eingriff in die Natur” käme, so Thöni. Er zeigt sich überzeugt, dass die Skiverbindung für die ganze Region Oberland notwendig wäre. “Die schneearmen Winter treiben uns in die Höhe”, sagt der Hotelier und Gemeindepolitiker. “Genau aus diesem Grund” sei eine Erschließung auf 3.100 Metern Höhe und ein Skibetrieb von Oktober bis Mai für die Bettenauslastung der Betriebe in der Region von Vorteil. Naturgemäß ganz anders sehen es Umweltschützer, Heimatpfleger und nicht zuletzt die Grünen. Sie warnen: “Hände weg von einem der letzten unberührten Hochtäler Südtirols!” Massen-Skitourismus sei nicht der richtige Weg für Langtaufers, das vielmehr auf sanfte Alternativen setzen sollte, sind sich Foppa, Dello Sbarba und Heiss sicher: “Bei sorgsamer Aufwertung seiner landschaftlichen und regionalen Vorzüge könnte Langtaufers eine herausragende Entwicklung nehmen: Als Sommerwanderzentrum und Wintertourengebiet von bestem Ruf, als kleines Urlaubsjuwel in einem Landschaftsraum, der seinesgleichen weitum sucht.”

Doch Aus ist der Traum von der granzüberschreitenden Skiverbindung noch nicht. Der Umweltbeirat ist nicht das einzige Gremium, das vor der Entscheidung der Landesregierung zu Wort kommt. Auch im Amt für Landesplanung wird man sich mit dem Vorhaben beschäftigen und dabei wirtschaftlich-soziale Aspekte bewerten. Und im Obervinschgau gibt man sich noch lange nicht geschlagen: “Wir kämpfen weiter”, verspricht Josef Thöni.

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Elisabeth Ladinser Do., 02.02.2017 - 15:48

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann" meint der Papalagi.
Es gibt Grenzen, die es zu respektiren gilt! Das hat der Umweltbeirat wohl erkannt, hoffentlich sehen das auch die politischen Entscheidungströger so.

Do., 02.02.2017 - 15:48 Permalink
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Ludwig Thoma Do., 02.02.2017 - 17:58

Für Gäste mit Unterkunft in "touristisch erschlosserenen" Orten als das Langtauferer Tal, wie Nauders, Pfunds, Fiss, Ladis, Serfaus und Prutz wäre die Kaunertaler Gletscherbahn über den Reschenpass und Melag viel leichter zu erreichen als über die enge Kaunertalerstraße. Der wirtschaftliche Vorteil für die Langtauferer liegt also vor allem in der Bereitstellung von Parkplätzen und der damit einhergehenden Müllbeseitigung.

Do., 02.02.2017 - 17:58 Permalink
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Karl-Heinz Brosig Fr., 10.03.2017 - 19:09

"Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Schlächter selber", sagte einst Bert Brecht. Wie, so fdrage ich mich, kommen eigentlich die verantwortlichen Lokalpolitiker und die Befürworter des Projekts aus Langtaufers darauf, dass der Zusammenschluss mit dem Kaunertal ein Riesengewinn wäre? Wer profitiert denn vom grenzüberschreitenden vermeintlichen Zusammenwachsen der Regionen? Doch nur die Kaunertaler Betreibe und die auswärtigen Investoren, immer vorausgesetzt, das Projekt rentiert sich, was in den Sternen steht. Fakt ist, dass sich in Zukunft im Winter eine Blechlawine durchs Langtauferertal zur Seilbahn bewegen wird. Lärm, Luftverschmutzung sowie im Sommer leerstehende Hotels werden dem traumhaften Langtauferer Hochtal ebenso den Garaus machen würden wie riesige Parkplätze im idyllischen Talschluss bei Melag. Ich komme seit 20 Jahren nach Langtaufers, viele meiner Freunde ebenfalls. Sollte die Bahn kommen, werden wir gehen.
Worauf wir warten: Dass die Einheimischen endlich verstehen. welches Juwel sie mit ihrer Heimat haben. Diesen Edelstein zu schleifen im Sinne eines nachhaltigen Tourismus mit Wandern, Ski- und Hochtouren, Biken, Klettern, guter Küche und feinem Ambiente, das wäre wunderbar und bringt mehr als einseitig auf das Skifahren zu setzen , dass seine beste Zeit längst hinter sich hat. Mit Nauders, Schöneben und Haideralm gibt es wunderbare Gebiete in der Nachbarschaft- keiner braucht davon mehr! Dass solch sanfter Tourismus funktioniert, weiß heute jeder - man muss nur einmal über den eigenen Tellerrand hinausschauen!

Fr., 10.03.2017 - 19:09 Permalink