Politik | Landtag

Die neue UVP

Der Landtag hat am Donnerstag das neue UVP-Gesetz genehmigt. Die Abänderungsanträge der Grünen wurden allesamt abgelehnt. Die Freiheitlichen enthielten sich der Stimme.
landtagssaal
Foto: Hannes Prousch
Der Landtag beschäftigte sich am Donnerstag mit dem vom zuständigen Landesrat Richard Theiner vorgelegten Gesetzentwurf zur Umweltprüfung für Pläne, Programme und Projekte. Es handelt sich dabei vor allem um Anpassungen an die inzwischen geänderten Vorgaben durch EU und Staat. Neben einer Anpassung der allgemeinen Fristen (von 30 auf 60 Tage) werden verstärkt koordinierte und gemeinsame Verfahren vorgesehen, was unter anderem die Bewertung von Projekten im Rahmen von EU-Förderungsprogrammen (z.B. Interreg) erleichtert.
Eine wesentliche Änderung ergibt sich für die Feststellung einer UVP-Pflicht: Dies soll laut EU nicht mehr nur anhand von Schwellenwerten bewertet werden, sondern mit einer Mehrzahl von Kriterien. Weitere Neuerungen sind die integrierte Umweltermächtigung für große Industriebetriebe (rund 20 in Südtirol), die alle anderen Umweltgenehmigungen ersetzt, und die Sammelgenehmigung, die die Einzelgutachten verschiedener Ämter – die bisher separat einzuholen waren – zusammenfasst. Es werden auch die Termine und Fristen für Antragsteller und Ämter klar festgelegt. Schließlich wird die Koordinierung der strategischen Umweltprüfung mit anderen Verfahren (z.B. Fachplänen) ermöglicht, die dann gleichzeitig von der Landesregierung behandelt werden können.
 

Die Fachleute

 
Es geht hier nicht nur um eine technische Anpassung des Gesetzes“ erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), „sondern es geht darum, was in der Landschaft erlaubt sei und was nicht.“ Die Grünen kritisierten vor allem, dass auch nach diesem Vorschlag das Gutachten der Fachleute für die Landesregierung nicht bindend sind. Damit könne die Politik tun, was sie will.
Dello Sbarba wies auch darauf hin, dass die Umweltagentur in Südtirol eine interne Abteilung des Landes ist, während in anderen Regionen diese Agentur eine autonome Behördes ei. Die Grünen legte einen Änderungsantrag vor, mit dem im Gesetz festgeschrieben werden soll, dass die Landesregierung nur mit einer ausführlichen Begründung die Fachgutachten übergehen können.
 
Landesrat Richard Theiner verteidigte den Gesetzentwurf“: „Das Expertengutachten soll zwingend, aber nicht verbindlich sein“. Die Landesregierung müsse ein Mitspracherecht haben. „Die Grünen hätten lieber eine Beamtendiktatur als eine politische Entscheidung“, kam auch SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger der Landesregierung zu Hilfe. Es brauche Entscheidungsträger in der Politik, sie hätten schließlich die letzte Verantwortung für die Maßnahmen. An der EU werde oft kritisiert, dass die Beamten den Kurs bestimmten, aber Beamte seien nicht abwählbar. 
 

Diskussion um Skiverbindung
 

Die Grünen legten zum Gesetzentwurf eine Tagesordnung vor, mit der sie die Landesregierung verpflichten wollten, bei der Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal die Ergebnisse des Umweltbeirats zu respektieren. „Die Bevölkerung ist in dieses Frage gespalten“, erklärte Brigitte Foppa. In Langtaufers sähen die einen auf die Natur, die anderen auf die Wertschöpfung, im Kaunertal hoffe man auf eine sicherere Zufahrt und die Ausweitung des Skigebietes. Der Umweltbeirat sehe im Projekt eine unwiederbringliche Veränderung einer bisher unberührten Landschaft. Auch andere Stellen hätten sich dagegen ausgesprochen. 
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) berichtete von einem Lokalaugenschein im Tal und bezeichnete den geplanten Eingriff in die Natur als sehr gering. Das Projekt würde die Zusammenarbeit zwischen den Landesteilen Tirols verstärken, es würden Arbeitsplätze geschaffen, die Abwanderung würde gestoppt.
Landesrat Richard Theiner erklärte, dass die Machbarkeitsstudie zum Projekt nichts mit vorliegendem Gesetzentwurf zu tun habe. Es habe im Verfahren einen Einspruch gegeben, und der Umweltbeirat müsse dem Rechnung tragen, erst dann werde das definitive Gutachten vorliegen. 
 

Die Artikeldebatte

 
In der Artikeldebatte wurden dann verschiedene Abänderungsanträge behandelt.
So schlug Riccardo Dello Sbarba (Grüne) vor den Sechservorschlag der Umweltverbände für den Umweltbeirat auf einen Vierervorschlag zu verkleinern, sowie eine Amtsdauer von drei Jahren (anstatt für die ganze Legislaturperiode). Ein Vierervorschlag habe mehr Gewicht und gebe dem Landesrat weniger Auswahlmöglichkeiten. Die Amtsdauer des Beirats sollte nicht an die Termine der Politik gebunden werden und würde damit unabhängiger. In ganz Italien seien die Umweltbeiräte drei Jahre im Amt. Dello Sbarbas Antrag wurde abgelehnt.
Abgelehnt wurden auch über halbes Dutzend weiterer Abänderungsanträge der Grünen, sowie ein Antrag von Paul Köllensperger (5 Sterne).
 
Zu einer interessanten Diskussion kam es im Kapitel zu den Rekursen. Im neuen Gesetz ist die Möglichkeit eines Rekurses an die Landesregierung vorgesehen gegen das Gutachten der Dienststellenkonferenz, ob ein Projekt der UVP unterworfen werde. Hier sollte sich die Politik heraushalten, es gebe ja die Möglichkeit, Rekurs beim Verwaltungsgericht einzulegen. „Bei Streichung des Artikels bleibt nur der Gang zum Gericht“, erklärte Landesrat Theiner, „das wäre für die Bürger mit Zeit und Kosten verbunden.
Riccardo Dello Sbarba erinnerte den ehemaligen Soziallandesrat daran, dass die Landesregierung bei den Sozialbeiträgen den Rekurs an die Landesregierung gestrichen habe. Dello Sbarba: „Also, den armen Teufeln traut man die Kosten des Gerichtsverfahrens zu, den Bauherren nicht. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
Die beiden Dinge sind nicht vergleichbar“, replizierte Landeshauptmann Arno Kompatscher im Landtag, „bei den Sozialbeiträgen geht es um eine rein technische, mathematische Bewertung. Bei der UVP hingegen um eine Interessensabwägung.“ 


Die Endabstimmung

 
Riccardo Dello Sbarba kündigte in seiner Stimmabgabeerklärung das Nein der Grünen an, auch wenn ein Änderungsantrag der Grünen durchgegangen sei. Alle anderen Anträge, auch Kompromissvorschläge, seien durchgefallen. Die Politik sollte sich aus der Arbeit der Experten heraushalten. Er kritisierte, dass man bei einem Zwischenschritt, der Feststellung der UVP-Pflicht, einen Rekurs an die Politik zulasse, während diese Möglichkeit bei den Sozialbeiträgen ausgeschlossen sei. Leider interessiere sich heutzutage, in dieser Phase der Politik, niemand mehr für die Umwelt.
Sigmar Stocker kündigte für die Freiheitlichen Stimm-Enthaltung an. Die Schlussentscheidung müsse von der Politik getroffen werden, wenn auch mit Begründung. Er rief dazu auf, die Gemeinden mehr einzubinden.
Der Gesetzentwurf wurde schließlich vom Landtag mit 17 Ja, 8 Nein bei 7 Enthaltungen genehmigt.