Politik | Museen

Der Museums-Streich

Die Landesregierung lässt den “Kronplatz-Paragraphen” aus den Förderrichtlinien für Museen wieder verschwinden. Eine zweifache Nacht- und Nebelaktion.

Auf den Tag genau fast ein Jahr liegt zwischen den Beschlüssen Nr. 147/2017 und Nr. 122/2018. Der Betreff ist derselbe: “Richtlinien zur Förderung von Museen und Sammlungen”. In diesem Jahr, zwischen dem 7. Februar 2017 und dem 6. Februar 2018, ist viel passiert. Und zwar derart viel, dass sich die Landesregierung gezwungen sah, einen bedeutenden Kurswechsel zu vollziehen.
Der “Kronplatz-Paragraph” – eingefügt in einer Nacht- und Nebelaktion – wurde in einer eben solchen wieder aus dem Kriterienkatalog für die Museumsförderung gestrichen. Was bleibt, ist ein fahler Nachgeschmack.
“Die Gemeinde Bruneck kann sich zufrieden die Hände reiben – sie erwartet freudig das Geld.” Die Ironie in Hans Heiss’ Stimme ist hörbar. “Das Geld”, von dem er spricht, sind drei Millionen Euro.

 

Millionen für Museum

 

Vergangenen August deckt salto.bz die Vorgänge auf. Um der Kronplatz Seilbahn AG öffentliche Beiträge zukommen lassen zu können, werden im Februar 2017 die Richtlinien zur Museumsförderung abgeändert.

Die Pusterer Seilbahngesellschaft um Präsident Werner Schönhuber will auf dem Kronplatz ein Museum für Bergfotografie errichten. Auf eine Finanzspritze von Land hat die Kronplatz AG als privater Antragsteller mit Gewinnabsicht kein Anrecht.

Arno Kompatscher schreibt an Werner Schönhuber

Geld erst nach Anpassung: Landeshauptmann Kompatscher bestätigt am 1. Dezember 2016 Werner Schönhuber, dass die Förderungskriterien abgeändert werden müssen, bevor die Kronplatz AG einen Beitrag – 3 Millionen Euro – für das Bergfotografie-Museum erhalten kann

 

“Es ist daher notwendig, die gegenständlichen Kriterien in diesem Sinne zu ändern”, empfiehlt die Anwältin des Landes, Renate von Guggenberg, in einem Gutachten. Und liefert einen entsprechenden Änderungsvorschlag mit: Art. 3, der sich auf die Anspruchsberechtigten von Fördergeldern bezieht, müsste am Ende von Absatz 4 um den Satz Die Gemeinden können den Beitrag jenen Subjekten abtreten, denen sie die Umsetzung des Bauvorhabens auf der Grundlage einer eigens dafür abgeschlossenen Vereinbarung übertragen haben” ergänzt werden.
Genau das macht die Landesregierung am 7. Februar 2017 mit dem Beschluss 147/2017.

In Bruneck scheint man nur darauf gewartet zu haben – es geht Schlag auf Schlag. Am 22. Februar gibt der Gemeinderat grünes Licht für das Bergfotografie-Museum. Am 20. März stimmt der Brunecker Stadtrat für die Unterzeichnung der Vereinbarung, die die neuen Förderrichtlinien als Voraussetzung für den Zugang zu den Landesbeiträgen vorsieht, mit der Kronplatz AG zu.

 

Revolte hinter den Kulissen

 

Nachdem salto.bz über die Hintergründe des “Kronplatz-Paragraphen” berichtet, reicht der Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss eine Landtagsanfrage ein. Der zuständige Landesrat Florian Mussner bestätigt am 25. September: “Der Abteilung Museen liegt ein Investitionsgesuch der Gemeinde Bruneck zum Bau des Museums für Bergfotografie vor.”

Kronplatz-Paragraph

Kronplatz-Paragraph: Nacht- und Nebelaktion im Februar 2017

 

In der Südtiroler Kulturlandschaft kommt es zu einem Aufstand. Drei Millionen Euro an öffentlichen Beiträgen für eine private Gesellschaft?
“Das ist nicht Kulturvermittlung, sondern Zweckentfremdung von Steuergeldern und Respektlosigkeit gegenüber den Südtiroler Kulturschaffenden, die oft mit einem Trinkgeld überleben müssen”, poltert etwa Klaus Gasperi, Direktor des Stadttheater Bruneck. Albert Willeit, Pusterer Designer, Heimatpfleger und Mitglied im Landeskulturbeirat, zieht nach: “Wenn die Kronplatz AG wirklich ernsthaft Kultur betreiben möchte, dann sollte sie dieses geschenkte öffentliche Geld mit einem starken finanziellen Engagement im Sponsoring von kulturellen Initiativen und Kunstschaffenden langfristig wieder zurückgeben.”
Auch in der Abteilung Museen ist man not amused. Im Museumsverband hingegen kommt es zu einer Revolte. “In der Öffentlichkeit gab man sich zurückhaltend, aber hinter den Kulissen rumorte es gewaltig, man hat sich massiv eingebracht”, weiß Hans Heiss.
Im Museumsverband haben sich 2004 50 kleinere und größere Gemeinde-, Pfarr- und Privatmuseen zusammengeschlossen. Als Geschäftsführerin steht Franziska Luther dem Museumsverband vor. “Ja, wir haben uns geäußert”, bestätigt sie auf Nachfrage von salto.bz.

 

Heilsamer Schock?

 

Inzwischen ist das neue Museumsgesetz verabschiedet. Am 9. Juni 2017 gibt der Landtag grünes Licht. Aufgrund des neuen Gesetzes ist es notwendig, neue Richtlinien zur Förderung zu erstellen. Es wird eine Arbeitsgruppe gebildet, in der auch Franziska Luther sitzt. Als der Entwurf für den neuen Kriterienkatalog steht, wird er der Museumslandschaft präsentiert und an die Anwaltschaft des Landes weitergeleitet. Am 6. Februar 2018 genehmigt die Landesregierung mit dem Beschluss 122/2018 die neuen Förderrichtlinien. Doch zuvor wird noch einmal Hand angelegt.
Warum und von wem, darüber wird offiziell nichts bekannt. Selbst Franziska Luther tappt im Dunkeln. Fest steht nur: Der “Kronplatz-Paragraph” ist gestrichen worden.

“Soweit ich weiß, steht besagter Absatz auch in den neuen Richtlinien drin”, sagt Luther zu salto.bz. Doch dem ist nicht so.

Neue Anspruchsberechtigte

Keine Spur mehr: Gemeinden als Anspruchsberechtigte, die Förderbeiträge an Dritte weitergeben können, verschwinden 2018 aus den neuen Richtlinien

 

“Die Schocktherapie im vergangenen Jahr scheint gewirkt zu haben”, kommentiert Hans Heiss. “Die Landesregierung hat ein Zeitfenster aufgemacht, um den Beitrag zu platzieren und als man die Zugluft spürte, hat man es wieder geschlossen.” Das Zurückrudern der Landesregierung erklärt sich der Grüne Landtagsabgeordnete unter anderem damit, dass der “Kronplatz-Paragraph” wohl auch den Appetit anderer Gemeinden und Museen auf einen Landesbeitrag geweckt hat. “Um diesen zu zügeln und um die Gewässer in den eigenen Kreisen zu beruhigen hat man die Sache wieder bereinigt”, so Heiss.

 

Reine Weste im Osten?

 

Reingewaschen ist die Sache dennoch nicht. Seit 2017 liegt schließlich das Gesuch der Gemeinde Bruneck in der Abteilung Museen in der Pascolistraße. Ausgezahlt wurden die drei Millionen Euro aber noch nicht.
Was die Frage aufwirft: Hat die Gemeinde Bruneck, respektive die Kronplatz AG, nun überhaupt noch Anrecht auf die Fördergelder vom Land?

“Sobald sie in Kraft sind, werden sie die derzeitigen Richtlinien ersetzen”, schreibt die Direktorin der Abteilung Museen Karin Dalla Torre im Rundschreiben zur Museumsförderung 2018 über die neuen Förderkriterien. Demnach könnte man meinen, der Anspruch der Gemeinde Bruneck auf die drei Millionen Euro sei verfallen.
Der Teufel steckt aber wie so oft im Detail. “Diese Richtlinien werden auf die ab dem 1. Jänner 2018 eingereichten Anträge angewandt”, steht am Ende von Beschluss 122/2018, mit dem die neuen Förderrichtlinien genehmigt wurden.

In Bruneck rechnet man jedenfalls bereits fest mit den drei Millionen Euro. Am 29. November 2017 wird im Brunecker Gemeinderat der Haushaltsvoranschlag für die Jahre 2018 bis 2020 vorgestellt. Am Ende heißt es: “3 Millionen Euro gehen als Beitrag an die Kronplatz Seilbahn AG für die Sanierung, den Umbau und die Erweiterung der ehemaligen Bergstation. Dieser Betrag von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol ist für die Gemeinde lediglich ein Durchgangsposten und wird in der vollen Höhe an die Kronplatz Seilbahn AG weitergegeben.”

“Die Gemeinde Bruneck kann sich zufrieden die Hände reiben”, meint Hans Heiss. Um offiziell und vor allem rechtliche Klarheit zu schaffen, will er aber erneut bei Florian Mussner nachfragen.