Chronik | Blick auf uns

Showdown auf Seite Drei

Edelweiß und Carroccio? SZ-Korrespondent Oliver Meiler malt ein politisches Südtirol-Porträt vor den Wahlen – und wagt einen Blick auf das Land nach dem 21. Oktober.
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Foto: Screenshot/SZ

Wenn es heißt, “Europa blickt auf uns”, dann stimmt das dieser Tage ganz besonders. In Südtirol läuft der Showdown für die Landtagswahlen – und Medienschaffende aus ganz Europa sind in der kleinen Autonomen Provinz im Norden Italiens unterwegs. Weil sich hier, auf 7.400 Quadratkilometern, die großen europäischen Dilemmas im Kleinen abspielen.

Oliver Meiler war in der Woche vor den Landtagswahlen viel in Südtirol unterwegs. Meiler ist Italien-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung (SZ). Am Freitag veröffentlicht er das Resultat seiner Recherchen, Besuche und Gespräche. “Es ist ein Kreuz”, so der Titel des Artikels, der Die Seite Drei – die mehrfach ausgezeichnete und angesehene Reportageseite der SZ – füllt. “Südtirol wird von der ‘Partei’ regiert, und zwar seit einer gefühlten Ewigkeit und mit viel Erfolg. Jetzt wollen auch die Populisten mitmischen. Über das Miteinander und Durcheinander in nervösen Zeiten”, leitet Meiler seinen Beitrag ein. (N.B.: online haben derzeit nur SZ-Abonennten Zugriff auf den Artikel.)

Eine Wahlkampfveranstaltung der SVP in Lajen, samt Auftritt von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Die Showeinlagen von Matteo Salvini am Kastelruther Spatzenfest und in Bozen. Der Doppelpass und die Polarisierung, die auch im Wahlkampf damit betrieben wird. Eine Stippvisite bei salto.bz, dem Antidot zum Athesia-Medienimperium. Mithilfe dieser Anekdoten malt Meiler für die SZ-Leser äußerst sorgfältig ein detailliertes Bild vom Südtirol vor den Wahlen.

Und wagt einen Blick auf das Südtirol nach dem 21. Oktober.

Eine Koalition zwischen SVP und Lega?

Konkurrenten der SVP kolportieren die Edelweiß-Caroccio-Allianz als “schon beschlossene Sache”. Nichts da, weisen SVP-Parteiobmann Achammer und Landeshauptmann und Spitzenkandidat Kompatscher die Gerüchte zurück. Sie schließen ein solches Bündnis aber auch nicht offen aus. Weil sie genau wissen, dass die Lega als stärkste italienischsprachige Vertretung in den Landtag gewählt werden könnte. Und ihnen dann die Quadratur des Kreises nur schwer gelingen wird: Wie wird man es rechtfertigen können, die Lega bei der Partnerwahl außen vor zu lassen? Und wie wird man, andernfalls, jenen Menschen im Land, die sich ein moderates, europäisches, offenes Südtirol wünschen, erklären, dass man sich mit einer Bewegung ins Bett legt, die mit unsäglichen Aussagen gegen Ausländer und Europa polarisiert?

Sollte Südtirol am Sonntag tatsächlich den Salvini-Effekt abbekommen, steht der SVP ein Drahtseilakt bevor. Der umso schwieriger wird, desto schwächer die Volkspartei selbst abschneidet. Dessen sind sich Parteiobmann und Spitzenkandidat bewusst. Entsprechend groß die Nervosität, die am Freitag bei einer eiligst anberaumten Pressekonferenz zu spüren ist, mit der die SVP in den letzten Stunden vor den Wahlen die Reihen schließen will. “Unser Wunsch ist eindeutig eine Zweier-Koalition und kein Dreier- oder Vierer-Bündnis.” Sprich, man will mit dem stärksten italienischsprachigen Partei im Landtag koalieren. Was aber, wenn die Lega heißt? Diese Frage will man “bewusst so stehen” lassen.
Die Lega bzw. ihr Capitano Salvini lechzt nach einer Ehe mit dem Edelweiß.

Das beschreibt auch Oliver Meiler in der SZ.

“Und vielleicht kann man ein Mal hoffen, dass das alles nicht zusammenpasst, die Volkspartei und die Lega, Kompatscher und Salvini, der Südtiroler und der Italiener. Da oben in den Bergen, wo Europa im Kleinen lebt und zuweilen mit alten Teufeln ringt.”