Ambiente | Lebensraum

Die Hüter der Fische

Das neue Gesetz führt nicht nur strengere Regeln zum Schutz der Artenvielfalt ein: Der Fischereiverband soll wegen Personalmangel bei Kontrollen und Abfischungen helfen.
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Foto: Fischereiverband Südtirol
Heute, am 1. März, tritt das neue Fischereigesetz in Kraft und löst damit das vor 44 Jahren verabschiedete Dekret ab. Das Landesgesetz aus dem Jahr 1978 entspricht nicht mehr den aktuellen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, wie etwa die EU-Richtlinien zu Wasser sowie zu Fauna und Flora. Die neuen Bestimmungen sollen den Lebensraum Wasser schützen und eine Trendwende Richtung Nachhaltigkeit einleiten. Das Dekret wurde am 6. Dezember 2022 von der Landesregierung genehmigt.
„Das Gesetz gibt den richtigen Weg für die Fischerei vor“, sagt der Präsident des Landesfischereiverbandes Südtirol, Markus Heiss. Der Entwurf war im Auftrag von Forstwirtschaftslandesrat Arnold Schuler unter Federführung des Amtes für Jagd und Fischerei von den Landesämtern erarbeitet worden. Im Anschluss konnten verschiedene Stakeholder, wie der Fischereiverband und der Bauernbund, Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge einbringen.
 
 

Passion im Vordergrund

 
„Die Fischerei hat sich im Laufe der Zeit grundlegend geändert. Vor 40 Jahren lag der Fokus auf der Fischentnahme zur Verwertung. Das spielt zwar heute auch eine Rolle, aber den Fischern geht es vor allem um einen intakten Lebensraum mit Wildfischbeständen. Es steht mehr die Passion für die Natur im Vordergrund“, so Heiss. Dieser Schwerpunkt zeigt sich auch in der neuen Regelung zur Bewirtschaftung der Fischwasser.
Der maximal mögliche Fischbesatz, also das absichtliche Aussetzen einer größeren Anzahl von Fischen in einem Gewässer, erfolgte bis jetzt unabhängig von der Funktionsfähigkeit der Gewässer nach dem Gießkannenprinzip. „Neu ist, dass es in Gewässern, in denen die Fortpflanzung auf natürlichem Wege funktioniert und alle Altersstadien von Fischen vorkommen, keinen Besatz mehr geben darf“, erklärt Schuler.
Eingesetzt werden dürfen überdies ausschließlich heimische Arten laut Einstufung der Obersten Behörde für Umweltschutz und Umweltforschung (ISPRA). Ausnahmen gelten, wenn vorab eine Genehmigung des Ministeriums für den Besatz mit als fremdländisch eingestuften Fischen eingeholt wird. Als heimische Fische gelten derzeit beispielsweise die Marmorierte Forelle, die Adriatische Äsche und der Karpfen. Anwendung findet das Gesetz in allen öffentlichen Fischwassern, deren Fischereirechte in öffentlicher oder privater Hand sind, das Gesetz greift auch in den sogenannten Fischerteichen, wo die Artenzusammensetzung genau geregelt wird.
 
 

Mehr Spielraum für Fischereiverband

 
Derzeit gibt es in Südtirol rund 12.000 Fischer-Lizenzen. „Das Interesse an der Fischerei ist nach wie vor vorhanden, das sieht man auch an den Anmeldungen für die Fischer-Prüfung“, so Heiss. Der Förderung des Nachwuchses wird im neuen Fischereigesetz ebenso Rechnung getragen: Künftig dürfen auch Minderjährige fischen: „Ein regelkonformer Fischer darf einen Minderjährigen mit zum Fischen nehmen und dem Unter-16-Jährigen unter seiner Aufsicht auch die Angel überlassen“, so Schuler.
Außerdem ermöglicht das neue Fischereigesetz die Delegierung von Aufgaben der Landesverwaltung an den stärksten Verband im Land. „Die Behörden können zurzeit viele Aufgaben nicht erfüllen, weil ihnen das Personal dafür fehlt. Deshalb kann der Verband hier einen Beitrag leisten, aber er muss auch dementsprechend mit finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand ausgestattet werden“, so Heiss vom Südtiroler Fischereiverband.
Etwa werden die Messung von Restwassermengen in Flussläufen oder die Abfischungen vor Eingriffen in Gewässern nicht immer durchgeführt, obwohl diese Arbeiten gesetzlich vorgeschrieben sind. „Wenn in Gewässern Arbeiten stattfinden, müssen die Fische mit einem Elektrofischgerät abgefischt werden, damit sie während der Bauarbeiten nicht verschüttet werden. Das hat bis vor einem Jahr das Amt für Jagd und Fischerei gemacht, jetzt fehlt ihnen dafür aber das Personal“, so Heiss. Neben den Restwasserkontrollen und den Abfischungen könnte der Südtiroler Fischereiverband außerdem die Aufsicht der Gewässer gewährleisten.
Der Fischereiverband ist der Südtiroler Dachverband der Fischereivereine und der Fischereirechtsinhaber, er hat über 130 Mitglieder. „Derzeit ist die Verbandsarbeit sehr mühsam, weil wir noch keinen Geschäftsführer haben, dafür fehlen uns die finanziellen Ressourcen. Wir versuchen als ehrenamtlicher Vorstand des Fischereiverbandes, die Interessen der Fischerei zu vertreten, die oft auch von allgemeinem Interesse sind. Uns geht es vor allem um die Wasserlebensräume. Wenn die in Ordnung sind, geht es auch den Fischen gut.“
 

Weitere Regelungen

 
Im Landesgesetz wird außerdem die Entschädigung der bestehenden Fischereirechte bei Wasserableitungen sowie bei Erneuerungen der Wasserkonzessionen neu geregelt. Dabei wird zwischen Wasserableitungen im öffentlichen und privaten Interesse unterschieden. Das Gesetz legt die genauen Kriterien für die Vorgangsweise der Entschädigungen fest. „Es gibt einerseits öffentliche Baumaßnahmen, zum Beispiel jene von der Landesagentur für Bevölkerungsschutz, andererseits private Bauvorhaben an Fischwassern“, erklärt Landesrat Schuler. Für öffentliche Einrichtungen der Landesverwaltung genügt künftig eine einfache Meldung an das zuständige Landesamt. Private Bauträger müssen ein diesbezügliches Gutachten anfordern. „Im Gutachten sowie in der einfachen Meldung können Vorschriften zum Schutz des aquatischen Lebensraums erlassen werden sowie Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben werden. Werden die Auflagen des Amtes nicht eingehalten, besteht künftig die Möglichkeit, den Bau einzustellen“, erläutert Schuler. Die Aufsicht für die Arbeiten in Fischwasser wird von der Abteilung Forstwirtschaft sowie von den Fischereiaufsehern gewährleistet.
Erstmals gibt es auch Regelungen für geschlossene Gewässer, die man landläufig als Fischerteiche kennt. „Bislang konnten dort alle Fischarten eingesetzt werden. Das neue Gesetz regelt nun auch für diese Gewässer die Artenzusammensetzung“, sagt Schuler. 
Auch für sportliche Aktivitäten im Fischwasser sollen neue Regelungen festgelegt werden. Erst gestern (28. Februar) hat die Landesregierung deshalb beschlossen, dass Sport- und Freizeitaktivitäten vorerst entsprechend dem Beschluss aus dem Jahr 2002 weiterhin ausgeübt werden können, binnen Jahresfrist wird es aber neue Regelungen für die Ausübung dieser Aktivitäten geben.
 

Düstere Prognose

 
Angesichts der anhaltenden Trockenheit hofft der Fischereiverband, dass in den nächsten Wochen in den Bergen noch ausreichend Schnee fällt. Geregnet oder geschneit hat es laut dem Amt für Meteorologie landesweit nur halb so viel wie üblich, besonders wenig im Westen und Süden Südtirols. Auch die Schneemengen auf den Bergen sind derzeit deutlich unter dem jahreszeitlichen Durchschnitt.
„Aktuell sehen wir in den Bächen noch keine Auswirkungen der Trockenheit, weil die Schneeschmelze noch nicht begonnen hat. Sollte der Schneefall ausbleiben, wird das heurige Jahr wahrscheinlich problematischer als das letzte“, sagt der Präsident des Fischereiverbandes.