Società | Sexualpädagogik

Gehemmte Lehrer

Lehrer sollten mit Sexualität im Unterricht umgehen können. "Das Studium bereitet sie nicht ausreichend vor", kritisiert Sexualpädagoge und -berater Michael Peintner.

Auf dem Campus Brixen der Universität Bozen werden jedes Jahr Hunderte angehender Lehrpersonen ausgebildet. Dabei erlangen die Studenten nicht nur das notwendige Sachwissen, sondern erfahren auch, wie sie den Lehrstoff adäquat vermitteln und mit den Problemen und Anregungen ihrer Schützlinge angemessen umgehen. Insbesondere bei Kindergärtnern und Grundschullehrern stellt der Umgang mit sexualbezogenen Themen einen wichtigen Kompetenzschwerpunkt dar; einerseits im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung, andererseits im Angesicht der Fragen der in diesem Alter recht neugierigen Schülerschaft – eine Herausforderung, deren Bewältigung so manchem Studienabgänger Sorgen bereitet. Die Frage, ob die Absolventen der Brixner Fakultät ausreichend darauf vorbereitet werden, sorgt für unterschiedliche Ansichten.

An der Universität sieht man die eigene Pflicht erfüllt: Laut Edwin Georg Keiner, Studiengangsleiter des Masters Bildungswissenschaften am Campus Brixen, würden die Studenten entsprechende Kompetenzen im Rahmen ihres Studiums erlangen, auch wenn dies nicht explizit im Studienplan aufscheint. Die angehenden Lehrpersonen seien angemessen geschult und würden im späteren Berufsalltag mit der Thematik umzugehen wissen.

Sexualpädagoge und Sexualberater Michael Peintner hat in dieser Hinsicht jedoch andere Erfahrungen gemacht. Im Gespräch mit salto.bz bedauert er, viele Lehrpersonen würden sich die Behandlung von Sexualität im Unterricht nicht zutrauen, zumal sie das Studium kaum darauf vorbereitet habe. „Der Sachverhalt Sexualität wird im Studium noch immer weitgehend ausgespart, nicht nur in den Bildungswissenschaften, sondern auch im Sozial- und Therapiebereich.“, kritisiert Peintner – ein Phänomen, das er darauf zurückführt, dass Sexualität für viele Dozenten, aber auch Studenten und Studentinnen noch aus Kindestagen ein Tabu darstellt:

Sexualität zu lehren bedeutet auch, sich mit seiner eigenen Sexualität auseinanderzusetzen, was vielfach als unangenehm empfunden wird.

„Dabei besteht gerade seitens der Elternschaft der Wunsch nach Sexualerziehung im Rahmen des Unterrichts, außerdem ist Sexualerziehung in den Rahmenrichtlinien des Schulamtes für Grund-, Mittel-, Ober- und Berufsschulen vorgesehen.“, erklärt der Sexualpädagoge und Sexualberater. Sehen sich die Lehrpersonen der Aufgabe nicht gewachsen, ziehe man Experten von außerhalb hinzu, auch die Zusammenarbeit von Lehrern und Lehrerinnen mit externen Fachkräften funktioniere sehr gut, schildert Peintner.

Die angesprochene Thematik sorgt also für gegensätzliche Meinungen: Auf der einen Seite die Universität, an der man keinen Handlungsbedarf sieht; auf der anderen Seite der Sexualpädagoge und -berater, der die Kompetenzen der Studienabgänger im Bereich Sexualität für nicht genügend vertieft erachtet.

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Urban Nothdurfter Gio, 08/03/2017 - 08:09

Es mag wohl sein, dass Studienpläne explizit leider nicht allzuviel dazu vorsehen. Allerdings gehören Fragen nach Geschlecht und Sexualität auch transversal behandelt, wenn man von Sozialsation, von Bildung und Erziehung aber auch von sozialer Ungleichheit und Gerechtigkeit spricht. Es gibt (gäbe) also in allen Studiengängen jede Menge an Anknüpfungspunkten um diese Themen einzubringen. Ich selbst arbeite und publiziere regelmäßig zum Thema Sexualität und Geschlecht in der Sozialen Arbeit und ich habe im letzten akademischen Jahr Buchvorstellungen und einen Workshopt mit Prof. Cirus Rinaldi (!) zu diesen Themen organisiert, der allen Studierenden und Mitarbeiter*innen der Fakultät offenstand. Wenn es der Praxis ein Anliegen ist, das Angebot im Bereich der Sozialpädagogik weiterauszubauen, sollten vielleicht (auch) andere Wege gesucht werden. Aber es scheint mir gang und gäbe, dass zunächst einmal übder die Medien auf die Brixner Fakultät draufgehauen werden muss.

Gio, 08/03/2017 - 08:09 Collegamento permanente