Ambiente | Fipronil

Italienisches Ei

Der Skandal um die mit einem Insektizid verseuchten Eier hat längst Italien erreicht. Die Verbraucherschützer fordert mehr Informationen und eine Kennzeichnungspflicht.
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Foto: upi
Selbst nach Bekanntwerden der Problematik werden die Verbraucher und Verbraucherinnen von den nationalen Behörden nur sehr zögerlich, unübersichtlich und teilweise sogar widersprüchlich über die Belastung informiert“, ärgert sich Walter Andreaus. Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Südtirol nimmt sich kein Blatt vor dem Mund: „In Südtirol werden der Bevölkerung vom zuständigen Sanitätsbetrieb erst gar keine Informationen zur Verfügung gestellt.
Dabei geht es um einen aktuellen Lebensmittelskandal, der inzwischen ganz Europa beschäftigt. Die Verseuchung von Eier durch das Schädlingsbekämpfungsmittel „Fipronil“. Augehenden von Belgien zieht der Fipronil-Skandal immer weitere Kreise. Auch in Italien sind mittlerweile mit dem Insektizid belastete Eier aufgetaucht. Doch konkrete Informationen für die Bevölkerung fehlen immer noch.
 

Der Fipronil-Skandal

 
Am 20. Juli 2017 informiert die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde die EU-Kommission über Rückstände des Insektizids Fipronil in Hühnereiern. Über das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel RASFF werden alle europäischen Länder informiert. Schnell wird klar, dass Millionen von Eiern betroffen sind. Belastete Eier tauchen zunächst in Belgien und den Niederlanden, dann auch in Deutschland auf.
Bis Mitte August wurden in 15 EU-Ländern sowie der Schweiz und Hongkong mit Fipronil belastete Eier oder daraus hergestellte Lebensmittel entdeckt. In Deutschland werden Millionen von Eiern vernichtet. Eine bekannte Handelskette verbannt Frischeier vorübergehend sogar vollständig aus ihren Verkaufsregalen. Der Skandal zeigt nicht zuletzt fragwürdige Praktiken auf: in Österreich werden importierte, bereits gekochte und geschälte Eier aus dem Verkehr gezogen – sie waren für die Gastronomie bestimmt.
 
Inzwischen scheint klar, wie das Gift in die Eier gekommen ist. Das Insektizid wurde offenbar von einem belgischen Unternehmen – unerlaubterweise – dem Reinigungs- und Desinfektionsmittel „Dega 16“ beigemengt, um es wirksam gegen die problematische Rote Vogelmilbe zu machen. „Dega 16“ wurde unter anderem von der niederländischen Reinigungsfirma „Chickfriend“ bezogen und für die Reinigung von Hühnerställen verwendet, auch in Deutschland. Die Hühner nahmen das Gift über die Haut und die Atmung sowie beim Herumpicken auf, und Fipronil gelangte letztendlich in die Eier.
 

Beschlagnahmte Eier

 
Am 21. August 2017 erreichte der Skandal auch Italien. Das italienische Gesundheitsministerium teilte mit, dass Fipronil in zwei Proben nachgewiesen worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt seien in Italien laut Ministerium aber keine belasteten Lebensmittel in den Handel gekommen. In den folgenden Tagen wurden weitere Funde bekannt. Das Ministerium berichtete von bislang acht positiven Proben. Diese betreffen Betriebe aus den Regionen Marken, Latium, Lombardei, Kampanien und Emilia Romagna. Es handelt sich offenbar um Legehennenbetriebe, Abpackungsbetriebe und einen Teigwarenproduzenten. Fipronil wurde mehrheitlich in Eiern, aber auch in Derivaten (wie pasteurisiertes Flüssigei) und in Tiefkühl-Omelettes nachgewiesen. Auf welchem Weg das Fipronil in die Produkte kam, ist noch nicht im Detail geklärt.
Die für Lebensmittelsicherheit zuständige Carabinieri-Sondereinheit NAS hat 92 Tonnen Eier sowie über 25.000 Hühner beschlagnahmt und angekündigt, sieben Anzeigen einzubringen. Der Großteil der Produkte konnte aus dem Verkehr gezogen werden, bevor die Produkte in den Handel kamen. Die belasteten Tiefkühl-Omelettes des deutschen Herstellers Kagerer wurden jedoch bereits fast vollständig verkauft und werden nun in der Lombardei zurückgerufen. Weitere Analysenergebnisse sind derzeit noch ausständig.
 
Am Donnerstag 30. August dann ein weiterer Qualitätssprung. Das italienische Gesundheitsministerium mit, dass die Tierärztlichen Dienste in den Marken eine Rückrufprozedur für Eier verschiedener Kategorien verfügt haben, weil eine Probe einen Fipronil-Gehalt von 0,98 mg/kg enthielt, und somit den Grenzwert für akute Gesundheitsgefährdung von 0,72 mg/kg überschritt.
 

Kaum Informationen


Die Verbraucherschützer kritisieren jetzt, dass die Bevölkerung nicht rechtzeitig über die Gefahr informiert wurde. Denn inzwischen wurde bekannt, dass die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde bereits Anfang Juni 2017 von einem ersten Fipronil-Verdachtsfall Kenntnis hatte. An die EU-Kommission und die anderen europäischen Länder wurden die Informationen jedoch erst am 20. Juli, also rund sieben Wochen später, weitergegeben. Erst ab diesem Zeitpunkt konnten die nationalen Behörden aktiv werden und die betroffenen Produkte identifizieren, um sie vom Markt zu nehmen.
Es ist wohl anzunehmen, dass mit Fipronil belastete Eier und daraus hergestellte Produkte schon vor dem 20. Juli in den Handel gekommen und auch verzehrt worden sind. Möglicherweise befinden sich belastete Produkte noch im Handel bzw. in den Vorratskammern der Haushalte.
 
Aber auch heute noch sind die Informationen – vor allem in Italien – immer noch mehr als spärlich. „Die Konsumenten und Konsumentinnen wünschen sich konkrete Informationen“; sagt Walther Andreaus, der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Südtirol,  In welchen Produkten von welchen Herstellern wurde Fipronil nachgewiesen? Sind diese auch bei uns im Handel? Welche Eier sind aus heutiger Sicht unbedenklich? Andreaus: „Frankreich macht vor, wie es gehen könnte. Dort hat das Landwirtschaftsministerium eine Liste mit belasteten Produkten, die in Frankreich in den Handel gekommen sind, veröffentlicht.
Die Verbraucherzentrale fordert zum wiederholten Mal eine Kennzeichnungspflicht auch für verarbeitete Produkte, die mit Eiern hergestellt werden. Im Unterschied zu Frischeiern, auf welchen sowohl das Herkunftsland als auch die Haltungsform gekennzeichnet sind, ist bei verarbeiteten Lebensmitteln völlig intransparent, woher und aus welcher Haltungsform die verwendeten Eier stammen.
Zudem zeigt sich, dass die lückenlose Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Lieferkette für verarbeitete Lebensmittel noch immer nicht gegeben ist. Auch das muss sich aus Sicht der VZS in Zukunft ändern.