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Fahrlässige Diktion

Das Labor des Sanitätsbetriebes verwendet in seinen Befunden eine Sprache, die zu gefährlichen Missverständnissen führt. Das zeigt ein aktueller Fall in Tramin.

Tampone
Foto: upi
Ärzte leiden auffällig oft unter einer Berufskrankheit. Sie reden so, dass sie ein Nicht-Mediziner nicht versteht. Dass sich dieses Leiden durchaus auch in Institutionen niederschlagen kann, zeigt sich jetzt im Labor des Südtiroler Sanitätsbetriebes.
Dabei soll eines vorausgeschickt sein: Das Zentrallabor des Sanitätsbetriebes analysiert täglich mehrere Tausend Coronatests und man verschickt per E-Mail bis zu 10.000 Ergebnisse am Tag. Es handelt sich dabei um perfekt zweisprachige Befunde, die absolut klar und deutlich sind. In dem Befund steht fettgedruckt und hervorgehoben auch das Ergebnis: Positiv oder negativ.
Dass diese bürgerfreundliche Systematik aber nicht immer umgesetzt wird, macht ein aktueller Fall deutlich.
Seit Wochen wird an Südtirols Bildungseinrichtungen landesweit ein sogenanntes Screening durchgeführt. Am vorvergangenen Samstag testete man so die Kinder im Kindergarten von Tramin. Noch am Samstagabend wurden vom Labor die Testergebnisse an die Eltern per Email verschickt.
Doch die Befunde wurde nur einsprachig in Italienisch verschickt. Vor allem aber sind sie für einen Laien nur schwer lesbar. So heißt es in der entscheidenden Zeile zum Ergebnis: „Risultato: Non rilevato (not detected).
 
 
 
Was heißt das? Gemeint ist, dass keine Partikel des Sars-CoV-2-Virus in dem Rachenabstrich gefunden wurden. Demnach heißt „Non rilevato“ negativ und im Umkehrschluss „Rilevato (detected)“ positiv. Es ist die offizielle Diktion, die man in vielen Regionen Italiens für das Ergebnis des Hals-Nasen-Abstrichs verwendet.
Muss ein Laie das aber verstehen? Wohl kaum.
Das zeigt auch der Fall Tramin. Nach Informationen von Salto.bz haben mehrere Eltern positiver Kinder keineswegs verstanden, dass „rilevato“ im Befund, positiv heißt. Dazu kommt, dass in diesem Fall die gesetzlich verpflichtete Zweisprachigkeit sträflich vernachlässigt wurde. Was bei einem so einschneidenden Bescheid wie dem Corona-Test wohl kaum tragbar ist.
Zum Glück scheint diese Art der Befundung selbst der Traminer Kindergarten-Direktion etwas merkwürdig vorgekommen zu sein. Denn die Kindergartenverwaltung hat alle Eltern noch einmal angerufen und das Ergebnis erklärt.
Von all diesen Vorgängen schein man im Südtiroler Sanitätsbetriebes bisher aber nichts „rilevato“ zu haben.
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Elisabeth Hammer Mer, 02/03/2021 - 18:18

Naja, Sturm im Wasserglas? Unsere Schüler verwenden mittlerweile alle Google Übersetzer, also ein Nicht-Verstehen des Befundes nach 1 Jahr Covid halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Tatsächlich war der Server des Sanitätsbetriebes gestern und vorgestern dermaßen überlastet, dass man nicht einmal zum Zugangscode für die Befunde gekommen ist. Gut möglich, dass entnervte Eltern letztlich das Kind in die Schule schicken. Uns war es zwei Tage nicht möglich den negativen Befund (telefonische Auskunft) unseres Sohnes zu öffnen, weil der Code wiederholt falsch übermittelt wurde. Den Call-Center Mitarbeitern scheint es ausserdem nicht möglich zu sein, falsche oder veraltete Telefonnummern zu korrigieren. Ich habe übrigens bereits mehrfach bei den Verantwortlichen angeregt, dass die Meldung von positiv Getesteten in schulpflichtigen Jahrgängen unbedingt auch direkt an die Schulen gehen muss, um eine Kontrolle zu haben. Das scheint der Datenschutz derzeit nicht herzugeben, also dürfen wir uns nicht wundern, wenn solche Dinge passieren.

Mer, 02/03/2021 - 18:18 Collegamento permanente
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Elisabeth Hammer Mer, 02/03/2021 - 20:36

In risposta a di Elisabeth Hammer

Die derzeitige Situation an den Schulen hat etwas von "Mensch, ärgere dich nicht!" Nach einem Tag im Präsenzunterricht haben wir eben gerade vom nächsten Kontakt unseres Sohnes mit einem positiven Schüler in der Klasse erfahren ... - also wieder rausgeworfen und zurück an den Start. 10 Tage Warten bis man eine Sechs würfelt (Testtermin zugewiesen bekommt und dann auch ein Ergebnis erhält) und wieder mitspielen darf.

Mer, 02/03/2021 - 20:36 Collegamento permanente
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Klemens Riegler Mer, 02/03/2021 - 21:51

... wenn auf einem italienischen Bescheid das Ergebnis in Klammer auch noch auf englisch angeben werden kann, dann sollte es wohl auch möglich sein in Klammer (positiv/e) oder (negativ/e) hinzuzufügen. Es sind vorgefertigte Briefe, also No Problem! Zudem ist "positiv/e/o" ziemlich international und wohl fast weltweit verständlich. Hau-Ruck und erledigt ist es!

Mer, 02/03/2021 - 21:51 Collegamento permanente
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Hannes Mayr Gio, 02/04/2021 - 08:30

Mal kurz gegoogelt verwenden auch andere Ländere die Bezeichnung detected/not detected im Testresultat und gibt es einen Hintergrund warum dort nicht explizit positiv/negativ steht.
"Not detected/Non rilevato" bedeutet nur, dass der Test das Virus nicht detektiert hat. Es könnte aber morgen trotzdem vorhanden sein und mit der Bezeichnung "negativ" die Person in falsche Sicherheit wiegen.
So zumindest die Erklärung in der NY Times:
https://www.nytimes.com/2020/12/23/upshot/coronavirus-tests-positives-n…

Gio, 02/04/2021 - 08:30 Collegamento permanente
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pérvasion Gio, 02/04/2021 - 08:50

Also sind wir in Südtirol jetzt schon so weit, dass die Zweisprachigkeitspflicht als durch Google Translate gewährleistet angesehen wird?

(Aber natürlich nur, wenn der Bescheid nicht einsprachig Deutsch verschickt wird, nehm ich an.)

Gio, 02/04/2021 - 08:50 Collegamento permanente
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rotaderga Gio, 02/04/2021 - 09:29

Weitere Südtiroler Möglichkeiten:
krank-gsund, frisch-bläada, frei-infiziert, ungsteckt-sauber, guat-letz, nix gfundn-gfundn uvm

Würden Südtiroler alles verstehen, aber "detected" kann so vieles bedeuten:

festgestellt · entdeckt · detektiert · ermittelt · aufgespürt · bemerkt · wahrgenommen · aufgedeckt · ausfindig gemacht · herausgefunden

aber "not detected" kann auch nicht gesehen bedeuten und das wiederum lässt wieder Fragen offen: nicht angeschaut?
Mir Südtiroler hobms net so mit Latein und die ondern Sprochn.

Gio, 02/04/2021 - 09:29 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Gio, 02/04/2021 - 10:30

In risposta a di rotaderga

"Mir Südtiroler hobms net so mit Latein und die ondern Sprochn."
Mir Südtiroler sein kuane homogene Gruppe! Latein verstehen die wenigsten. Englisch auch nur jene, welche eine Oberschule besucht und dort Englisch gelernt haben. Zu meiner Zeit wurde Englisch nur in den kaufmännischen und gastgewerblichen Schulen unterrichtet. Deshalb versteht ein großer Teil der Südtiroler Gesellschaft - inklusive mir kein Englisch.
Die Antwort an die Betroffenen müsste zweisprachig deutsch - italienisch erfolgen und fachspezifische Fremdwörter müssten erklärt bzw. spezifiziert werden!

Gio, 02/04/2021 - 10:30 Collegamento permanente
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Martin Ogriseg Gio, 02/04/2021 - 12:03

Als Labormediziner i.R. und Kenner der EDV-Situation auf dem Sektor erlaube ich mir anzumerken, dass die landeseinheitliche Labor-Software die Befunde in jener Sprache generiert, die in der Stammdaten des Patienten angeführt ist. Anders ausgedrückt: ist der Patient in der Landes-Datenbank "deutsch" gelistet, erscheint der Befund auf deutsch; ist der Patient "italienisch" gelistet, erscheint der Befund auf italienisch. Es mag nun sein, dass ein Patient in der Landes-Datenbank "falsch" gelistet ist: dies kann jedoch jederzeit abgeändert werden. Auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten können Laborbefunde auch in der jeweils anderen Sprache ausgedruckt werden.
Die Eingabe der Ergebnisse in die Laborsoftware erfolgt - je nach Analysentyp - automatisch (vom Analysensystem her) oder manuell (durch den/die Labor-Mitarbeiter/in) mittels bestimmter Kürzel: jedem dieser Kürzel ist dann ein kurzer Standardtext zugeordnet, der auf dem Befund erscheint. Im aufgezeigten Fall wurde als Ergebnis der Untersuchung das Kürzel "13NRIL" eingegeben: 13 ist die Kennzeichnung des Mikrobiologischen Labors, NRIL ist die Abkürzung für "Non rilevato". Auf "deutschen" Befunden wird dieses "13NRIL" mit "NICHT NACHGEWIESEN (not detected) " übersetzt, auf "italienischen" Befunden eben mit "NON RILEVATO (not detected)"
Welcher Text genau auf dem Befund aufscheint, hängt also ausschließlich von der beim Patienten vermerkten Sprache und von der den einzelnen Kürzeln zugeordneten Textformulierung ab. Wenn dies in Einzelfällen zu Missverständnissen führt, kann man sicher einen verbesserten Text andenken. Hier aber deshalb einen neuen "Zweisprachigkeitsskandal" zu konstruieren, erscheint mir doch etwas weit hergeholt

Gio, 02/04/2021 - 12:03 Collegamento permanente
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Martin Ogriseg Gio, 02/04/2021 - 13:12

In risposta a di pérvasion

Das mag so empfunden werden: Tatsache ist aber, dass derzeit keine Ärztinnen/Ärzte gefunden werden, welche beide Landessprachen ausreichend beherrschen. Doch das ist ein Thema, das anderswo ausdiskutiert bzw. gelöst werden muss.
Ich wollte lediglich zu dem im Artikel aufgezeigten Fall eine erklärende Stellungnahme abgeben, wie es zu einer solchen "fahrlässigen Diktion" (die für mich keine ist) kommen konnte.

Gio, 02/04/2021 - 13:12 Collegamento permanente
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Martin Koellen… Gio, 02/04/2021 - 13:05

In risposta a di pérvasion

Ich habe kurz bei ein paar unserer Patienten nachgesehen: die Laborbefunde werden (in dieser Stichprobe) in der Sprache ausgegeben, die im System (nicht immer korrekt) hinterlegt ist.
Röntgenbefunde, Histobefunde etc. werden vom befundenden Arzt frei verfasst, hier gibt es, wie von Pérvasion angemerkt, häufig Abweichungen.
Als fahrlässige Diktion zu bezeichen, wenn unter "Coronavirus" "nachgewiesen" oder "rilevato" anstelle von "positiv" steht, fällt mir schwer. Wie sollte man es denn sonst interpretieren?
Nicht dass noch jemand behauptet, wenn "positiv" steht sind es gute Nachrichten, also kein Corona.

Gio, 02/04/2021 - 13:05 Collegamento permanente
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rotaderga Gio, 02/04/2021 - 14:23

Nachdem man sich hier nicht wirklich über Anwendung der richtigen Sprache einig zu sein scheint, schlage ich Fachchinesisch vor. Man würde somit zumindest dem Virus gerecht werden.

Gio, 02/04/2021 - 14:23 Collegamento permanente