Politica | Klimaschutz

Die CO2-Steuer jetzt

Der Neustart der Wirtschaft nach der Pandemie wird in Europa mit Billionen an Staatsausgaben unterstützt. Soll das dem Klimaschutz dienen,braucht es die CO2-Steuer jetzt.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Staatsgrenzen sind sowohl für das Virus wie für die Treibhausgase irrelevant. Beide fordern jetzt und in den nächsten Jahren gewaltige Staatsausgaben, beide treffen die ärmeren und schwächeren Gruppen der Gesellschaft härter. Auf keine von beiden hat die internationale Gemeinschaft bisher ausreichend solidarisch und koordiniert reagiert. Der globale Lockdown hat die Weltwirtschaft stärker eingebremst, als in der Finanzkrise 2008/09 geschehen, und ganz nebenbei die Emission von Treibhausgasen deutlich reduziert. Davon zeugt auch der seit drei Monaten fast kondensstreifenfreie Himmel über Südtirol. 2020 sollen laut Schätzungen 8% weniger Treibhausgase in die Luft geblasen werden als 2019. So wird Deutschland überraschenderweise seine Klimaziele für 2020 erreichen. Weltweit ist man den Paris Klimazielen noch kaum näher gekommen. Natürlich sind die Corona-bedingten Einschränkungen von Mobilität und Wirtschaft nicht der sozial verträgliche Weg dorthin. Und die jetzt notstandsbedingte und vorübergehende Reduzierung bringt auch nur 10% der gesamten Emissionsreduzierung, die für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels erforderlich ist.

Zum anderen bewegt sich der Ölpreis derzeit auf einer Talsohle, höchst kontraproduktiv für den Klimaschutz. Damit werden emissionsärmere Energieerzeugung und Energieverbrauch wieder ein Stück uninteressanter. In dieser besonderen Situation käme eine CO2-Bepreisung gerade richtig. Während verschiedene Wirtschaftsverbände angesichts der Pandemie eine Pause in der Klimaschutzpolitik verlangen, ist gerade das Gegenteil gefordert: die Einführung einer nationalen (Italien) oder besser EU-weiten Steuer auf fossile Brennstoffe. Sie würde den Preis dieser Energieträger anheben und in die Investitionen für Wiederaufbau in die erwünschte klimaverträgliche Richtung lenken. Die Investitionen in erneuerbare Energien könnten zentraler Bestandteil aller Pläne der nationalen Regierungen sein, und damit sowohl Wiederaufbau wie Energiewende beschleunigen. Alle Konjunkturpakete für die Zeit nach Corona sollten darauf ausgerichtet sein, neben der Stützung von Beschäftigung und Wirtschaft gleichzeitig auch den Green Deal und den Klimaschutz in der EU insgesamt voranzubringen. Hat nicht die EU-Kommission selbst zugesagt, beim Einsatz der Recovery Fund-Mittel die Klimaziele beachten zu wollen?

Gerade für Italien hätte die CO2-Steuer in der jetzigen Phase klare Vorteile. Die Erlöse dieser Steuer würden dazu beitragen, die gewaltige Erhöhung des Schuldenstands wieder etwas zurückzufahren. Großverbraucher fossiler Energie wie Kohle- und Ölkraftwerke, unrentable Flughäfen und Fluggesellschaften (Alitalia) und marode Stahlwerke (ILVA) müssten nicht mehr mit x Millionen an Steuergeld weitergeschleppt werden. Es wäre ein guter Moment, diese „Steuergeldsenken“ aufzugeben und öffentliche Mittel in zukunftsträchtige Kleinunternehmen und klimaverträgliche Projekte zu stecken. Die meisten Italiener würden die CO2-Steuer gar nicht bemerken, weil sie den Energiepreis nur auf Vorkrisenniveau stabilisieren würde. Italien wäre auch kein Vorreiter. Frankreich besteuert die CO2-Emissionen seit 2002, Finnland seit 1990 und Schweden seit 1991. Slowenien hat neben Estland seit 2002 die umfassendste CO2-Besteuerung der EU.

Eine CO2-Steuer ist nicht nur wirkmächtig für den Klimaschutz, sondern auch marktwirtschaftskonform. Über den Markmechanismus würden Anreize für Haushalte und Unternehmen geschaffen, die Emissionen zu vermindern. Somit ein marktgerechter Modus, energieeffiziente Produktion, Mobilität, Gebäudeheizung zu fördern und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die Steuer käme zum jetzigen Zeitpunkt richtig, weil erneuerbare Energien dadurch definitiv rentabel werden. Zudem ist die CO2-Steuer so einfach und kostengünstig einzuheben wie die Mineralölsteuer, nämlich direkt bei den Erzeugern und Verteilern. Andere Treibhausgase kann man über die Bemessung ihres CO2-Äquivalents in die Besteuerung miteinbeziehen.

Der jetzt von der Pandemie ausgelöste Wachstumsknick sorgt zwar für eine kurze Entlastung bei der Erderwärmung, insgesamt gesehen ist er gewiss nicht nützlich für die Bekämpfung des Klimawandels. Hunderttausende Opfer, Millionen arbeitsloser und verarmter Menschen, gewaltige soziale Krisen und dürfen keinesfalls mit positiven Nebeneffekten aufs Klima gegengerechnet werden. Doch diese Krise kann sich wiederholen und der Klimawandel wird sich langsamer, aber dauerhafter auswirken. Die Menschen sind sich jetzt der Folgen solcher Krisen stärker bewusst geworden. Deshalb eröffnet sie auch eine Chance: man kann die Latte für den Klimaschutz höher legen und das Wachstum umpolen. Und dafür bildet die Verteuerung der Treibhausgasemissionen über eine CO2-Steuer ein Schlüsselelement.