Cultura | Geschichte

Der letzte (richtige) Eppaner

Der mächtige "Eppaner" Fürstbischof Egno hat im Mittelalter immer wieder für Aufsehen gesorgt. Lange in Vergessenheit, kann er seit gestern wiederentdeckt werden.
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Foto: Salto.bz

Graf Egno II. von Eppan verstarb am 1. Juni vor 750 Jahren. In der Gemeinde Eppan hat man nun die Geschichte des Fürstbischof von Brixen (1240–1250) und von Trient (1250–1273) ausgegraben und zelebriert 2023 diese in Vergessenheit geratene historische Figur. Egno ist „eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der mittelalterlichen Geschichte der Region“, heißt es in der von Historiker Walter Landi kuratierten Ausstellung, welche in einem neu hergerichteten Raum der Burg Hocheppan seit gestern besichtigt werden kann. Egnos Tod vor 750 Jahren bedeutete „nicht nur das Aussterben der Grafen von Eppan und damit das Ende einer Dynastie,die mehr als zwei Jahrhunderte lang den politischen Rahmen der Region wesentlich mitbestimmt hatte“, wie Landi anschaulich verdeutlicht, beendet wurde auch (wie einer Tafel zu entnehmen ist), „eine Ära voller Umwälzungen, aus der die von Meinhard II. selbst geschaffene neue territoriale Struktur hervorgehen sollte: die Grafschaft Tirol.“ 
 

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Graf Egno II. von Eppan: Fürstbischof von Brixen (1240–1250) und von Trient (1250–1273) Umstritten bis zum Tod / Quelle: Egno-Ausstellung Hocheppan


Die Grafen von Eppan waren aus Bayern. Ihre Präsenz „an der Etsch und im Gebirge reichte bis in die Zeit Karls des Großen zurück und machte die Eppaner zum ältesten Geschlecht in der Region.“ Der letzte Vertreter Egno besuchte die Klosterschule des Chorherrenstifts Neustift bei Brixen. Nachdem er 1230 das väterliche Erbe mit seinem Bruder geteilt hatte, konnte er zunächst über einen „recht beachtlichen Anteil an Ministerialen und Gütern seines Familienzweigs verfügen.“ Der plötzliche Tod sowohl seines Bruders Heinrich als auch seines Onkels Ulrich III. von Eppan belastete Egno „mit unerwarteten familiären Pflichten“, so Landi, und Egno fand sich plötzlich in der „verantwortungsvollen Rolle des Familienoberhaupts wieder.“ In den folgenden Jahren verwaltete er alleine den riesigen Familienbesitz, also neben der Burg Hocheppan noch viele weitere Burgen, sowie zahlreiche Landstriche und Täler. 
Weil Egno sich im Streit zwischen Friedrich II. und Papst Gregor IX. auf die Seite des Kaisers stellte, wurde er 1240 exkommuniziert. Im Herbst des gleichen Jahres kam es zum Krieg mit den Grafen von Tirol, der im folgenden Jahr durch Friedensvertrag beendet wurde.
 

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Walter Landi: Festvortrag vom Ausstellungskurator / Foto: Salto.bz


Historisch nicht uninteressant sind auch Egnos Kämpfe mit seinem Cousin ersten Grades Meinhard II. von Tirol. Meinhard II. gelang es nämlich 1263 eine Mitverwaltung des Bistums durchzusetzen, „indem er seinem nahen Verwandten Egno einen Hauptmann von Tiroler Gnaden an die Seite stellte.“ Egnos Bestreben die volle Souveränität des Bistums wiederherzustellen, führte ihn in einen offenen Konflikt mit Meinhard II., der ihn nicht weniger als dreimal zur Flucht zwang. Auch Egnos Versuch, „sich die Unterstützung des lokalen Adels durch die Verpfändung zahlreicher Besitzungen und Rechten seines Bistums zu sichern“, brachte ihm die scharfe Kritik von Papst Urban IV. ein, der 1264 Egnos nachlässigen Umgang mit seinen Besitztümern des Hochstifts scharf kritisierte. Der Eppaner wurde zum Papst berufen und Rom behielt sich das Recht vor, seinen Nachfolger zu ernennen. Im Frühjahr 1273 erkrankte er unweit von Padua, fand Unterkunft im Chorherrenstift Santa Maria delle Carceri, diktierte am 25. Mai sein Testament und verstarb am 1. Juni 1273. Mit seinem Tode erlosch das Geschlecht der Grafen von Eppan.
Die Geschichte der Eppaner Grafen wurde in der Geschichtsschreibung stets etwas stiefmütterlich behandelt. Sie bietet in vielerlei Hinsicht aber immer noch reichlich Recherchepotenzial und vielleicht wird sie über ihr "Schlusslicht" Egno nun von hinten aufgerollt. 
 

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Baron Carl Philipp von Hohenbühel: Eröffnung des Egno-Jahres 2023, des Grafen-Weges und der Egno-Ausstellung / Foto: Salto.bz


Vertreter aus Politik, Kultur, Wirtschaft und von lokalen Vereinen waren zum Egno-Festakt auf die Burg gekommen. Eröffnet wurde neben der Egno-Ausstellung im Palas auch der Eppaner Grafenweg, der entlang der bekannten Burgenwanderung führt. Präsident Baron von Hohenbühel, Initiator des Egno-Jahres dankte allen Unterstützern und wies auf die zahlreichen Egno-Veranstaltungen des Jahres 2023 hin. 
Alles in allem kann man heute mehr als froh sein, dass die Zeiten Egnos schon sehr lange vorbei und Geschichte sind. Auch das gilt es zu feiern. Bei aller Liebe zum Mittelalter.
 

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Matti Messer Dom, 06/04/2023 - 17:29

„Das Geschlecht erlosch in der männlichen Linie im Jahre 1300 mit dem Tod des Grafen Gottschalk, Bruder des bereits 1273 als Fürstbischof von Trient verstorbenen Egno von Eppan.“

Schreibt die Wikipedia. Ich weiß, ist keine verlässliche Quelle, aber weiß hier vielleicht jemand, was es mit diesem Gottschalk auf sich hat?
Eppan feiert Egno als letzten Eppaner Grafen, aber da gabs ja offensichtlich noch einen.

Danke

Dom, 06/04/2023 - 17:29 Collegamento permanente
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Matti Messer Gio, 06/08/2023 - 09:38

In risposta a di Matti Messer

Endlich Aufklärung aus berufenem Mund (Landi):

„Egno ist der letzte Graf von Eppan. Gottschalk und Kunz von Giovo sind zwei sogenannten Bastarden, also illigitime Halbbrueder von Egno bzw. natürliche Söhne dessen Vaters Heinrich II. und einer Konkubine unfreien Standes, die wohl dem Ministerialengeschlecht von Walbenbstein entstammte. Also keine Grafen. Web-Seiten und gewisse unkritische Literatur widergibt noch das alte falsche Bild, sie wären die letzten. Ich habe es schon 2002 behandelt, 2008 publiziert und in der Ausstellung wieder klargestellt. Nicht umsonst haben weder Kunz noch Gottschalk einen irgendwelchen Anteil am Familienvermoegen der Grafen von Eppan (das nach 1273 unter ihren Erben endgültig verteilt wird), beide werden nie als Grafen bezeichnet und Kunz ist sogar als Dienstmann des Egno bezeugt, gerade weil er niedrigeren bzw. unfreien Standes war (er folgte dem Stand der leibliches Mutter: Ministerialin). Die beiden gehörten also nicht zum Geschlecht. Und wer weiß wie viele solcher sogenannten Bastarde es damals noch gab. Auch bei den Edelfreien von Wangen kennt man zum Beispiel zwei anderen. Bei den Eppanern kenne ich sonst noch eine Frau. Auch diese keinesfalls als Gräfin zu bezeichnen. Im Mittelalter sind es keine seltene Erscheinungen: Kind und Kegel halt, hätte man später gesagt.“

Gio, 06/08/2023 - 09:38 Collegamento permanente