Società | Lebenswertes Ulten

Pioniere der regionalen Kreisläufe

Geschichte, Schwierigkeiten, Erfolge und Ziele für die Zukunft einer Sozialgenossenschaft in Ulten.
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Staff Lebenswertes Ulten
Foto: Lebenswertes Ulten

Vor 10 Jahren wurde die Ultner Wollmanufaktur bergauf gegründet. Es ist eine Sozialgenossenschaft, die sich ausschließlich um die Vermarktung lokaler Schafswolle auf die Fahnen geschrieben hat. Ihre Gründerin, Waltraud Schwienbacher wurde an diesem Tag für ihre Arbeit geehrt und zu Ehrenpräsidentin der Genossenschaft ernannt. Salto.bz zu diesem Anlass mit dem Präsidenten der Sozialgenossenschaft „Lebenswertes Ulten“, Wolfgang Raffeiner, gesprochen. Was macht die Genossenschaft, wie sieht er die Zukunft und ob Waltraud, „Traudl“ Schwienbacher noch weitere Ziele hat. 

Herr Raffeiner. Wie kam es vor 10 Jahren zur Gründung Ihrer Genossenschaft „Lebenswertes Ulten“ und der Wollmanufaktur?
Wolfgang Raffeiner: Frau Traudl Schwienbacher traf auf dem Ultner Markt einige Schafzüchter und auf die Frage wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit der Schafzucht aus erhielt sie zur Antwort: die Lämmer-Schafe verkaufen wir einigermaßen aber die Wolle landet auf dem Müll. Traudl dachte, so kann es nicht weitergehen; die wertvolle Schafwolle die als eine der gesündesten Faser für Bekleidung aber auch für Wohn und Schlafbereich gilt landet im Müll und die Menschen kaufen dafür importierte Massenwaren aus Synthetik für Bekleidung und Einrichtung.

Was beabsichtigt die Genossenschaft genau mit ihrer Arbeit und was treibt sie an?
Das Traditionshandwerk der Wollfilzverarbeitung auch für weitere Generationen zu erhalten denn in dieser Form sind wir die letzten unseres Standes. Dass die Schafzüchter für Ihre Arbeit Wertschätzung und Wertschöpfung erfahren durch die Möglichkeit der Wollanlieferung. Das sozialverträgliche Arbeitsplätz für Frauen aber auch Menschen mit Beeinträchtigung im Tal Geschaffen und erhalten werden. Das ist aktiver Beitrag gegen die Abwanderung. Das wir die Ressourcen vor Ort verwenden und verarbeiten daraus ergibt sich ein Alleinstellungsmerkmal und die große Chance Nischen zu besetzen die Großkonzerne nicht bespielen. Wir sind Verfechter der Gemeinwohlökonomie unsere Motivation liegt nicht in der Gewinnmaximierung, sondern in der Sensibilisierung der Mensch für Naturmaterialien. Wir wollen aufzeigen, dass Sozialgenossenschaften nicht nur Beitragsempfänger sind, sondern gut funktionierende Unternehmen die sich in Eigenverantwortung finanzieren. Wir beanspruchen somit keine Öffentlichen Beiträge.

Wer arbeitet denn alles für die Genossenschaft und vor allem in der Wollmanufaktur?
Grundsätzlich arbeiten hier vor allem Frauen denn es wurde ja auch als Frauen Projekt gestartet. 30% unserer Mitarbeiterinnen sind Menschen mit Beeinträchtigung.

Als Waltraud Schwienbacher damals mit dieser Arbeit begann, wurde das sofort positiv aufgenommen oder gab es auch gewisse „Startschwierigkeiten“?
Anfänglich wurde das Projekt belächelt und als Ökospinnerei hingestellt. Unzählige Hürden mussten überwunden werden. Die finanziellen Schwierigkeiten waren enorm. Traudl investierte sogar Ihr hart erspartes Geld in dieses Projekt; ohne diese finanzielle Hilfe gäbe es die Sozialgenossenschaft schon lang nicht mehr. Die Öffentliche Hilfe war kaum vorhanden.

Waltraud, Traudl Schwienbacher ist ja die treibende Kraft bei diesem Projekt. Was bewegt sie, sich so umfassend dafür zu engagieren?
Die tiefste Überzeugung, dass wir da wo wir zu Hause sind auch die Möglichkeit haben sollen ein wirtschaftliches Auskommen zu haben. Sie steht zu 100% zu Wirtschaftsraum Ulten. Wir erhielten einige Male schon Angebote das Projekt Wollverarbeitung in andere Gemeinden zu verlegen mit weitaus günstigeren Konditionen. Dies hat Traudl immer strikt abgelehnt.

Sie war es ja, die vor 10 Jahren diese Wollmanufaktur ins Leben rief. Was hat sie denn vorher gemacht? Hat sie auch noch Pläne für die Zukunft?
Traudl war immer schon eine Visionärin und Vordenkerin. Sie Gründete bereits vor knapp 30 Jahren die Winterschule Ulten. Einige Pläne sind noch nicht Spruchreif aber lassen sie sich überraschen da kommt noch einiges.

Kann man Traudl Schwienbacher als eine Pionierin der Nachhaltigkeit in Südtirol bezeichnen?
Dies kann man ganz klar mit einem Ja beantworten. Wer sie kennt spürt das sofort sie wirkt authentisch. Ihre Vorträge sind ein klares bekennen zur Hochschule der Natur aus der sie Wissen, Kraft und Antrieb schöpft.

Jetzt ist sie ja Ehrenpräsidentin der Genossenschaft. Was hat sie zu dieser Ehrung gesagt?
Wir konnten sie damit Überraschen die Rührung war Ihr anzusehen. Bescheiden wie sie ist sagte sie: das hätte sie nicht verdient.

 

Wie sehen Sie die Zukunft der Genossenschaft und der Manufaktur? Glauben Sie, dass es weitere 10 Jahre werden oder haben Sie mit starker Konkurrenz wie z.B. dem online Handel zu kämpfen?
Die Herausforderungen und vor allem die Anforderungen werden immer größer. Als Sozial Genossenschaft werden wir gleich behandelt wie Wirtschaftsunternehmen. Wir können aber nie so Produktiv sein. Im Moment boomt der Markt in vielen Sparten der Wollverarbeitung. Aber auch hier drängen Billigfilze aus recyceltem PET der sogenannter Polyethylenterephthalat Filz auf den Markt. Viele Kunden wissen das nicht und denken sie kaufen Wollfilz. Im Strickwolle Sektor sind es Acrylfasern und Beschichtungen mit Kunstharz uvm. Doch genau darin liegt unsere Chance die Chance der natürlichen Vorort Produktion. Dort können wir uns positionieren. Als Kleinstunternehmen sind wir flexibel und ganz nah am Kunden Produktideen können schnell umgesetzt werden. Durch Maßanfertigungen erfüllen wir Kundenwünsche daraus resultiert eine stetig Wachsende Kundenbindung und in weiterer Folge Bergauf Testimonials die unsere Einzigartigkeit weitererzählen. Den Onlinehandel stellt für uns keine Gefahr dar. Unsere Kunden laufen nicht dem günstigsten Preis hinterher, sondern suchen Manufakte mit Wert. Den Wert von Nachhaltigkeit, Regionalität, Naturbelassenheit Ökologie, Wiederverwertbarkeit, Nachwachsende Rohstoffe usw. Die Herausforderung liegt vielmehr darin unseren Marke Bergauf bekannter zu machen. Dazu trägt auch ein Onlinshop bei. Diesen zu optimieren sind wir gerade dabei. Ich glaube ganz fest daran, dass wir weiter 10 Jahre bestehen denn wir haben einen großen Vorteil wir sind nicht abhängig von Landesbeiträgen. Das erfüllt uns mit Freude und Genugtuung. Wir erfüllen unseren Sozialauftrag. Aber es ist beschämend für ein so reiches Land Südtirol, dass man so wenig Unterstützung erfährt.

Leben Sie ausschließlich von lokaler, sprich Ultner Kundschaft oder kommen auch Kunden aus dem restlichen Südtirol oder sogar aus dem Ausland?
Unsere Bekanntheit wächst stetig. Durch die gute Zusammenarbeit nicht nur mit der Ultner Hotellerie können wir viele Aufträge generieren. Mittlerweile kommen Gäste aus ganz Südtirol um uns zu Besuchen. Dasselbe gilt auch für Einheimische Kunden aus ganz Südtirol. Wir merken aber auch ein stetiges Wachstum durch Verkäufe an Südtiroler Handels und Handwerksbetriebe. Hauptabsatzmarkt sind aber immer noch Touristen aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien.

Herr Raffeiner, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche noch viele weitere, erfolgreiche Jahre mit Ihrer Genossenschaft.