Economia | Interreg V-A Italien

Grenzen überwinden

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbindet Millionen Menschen und birgt viel Potenzial. Josef Lazzari verrät, welche Projekte das Landessekretariats des Agb-Cgil plant
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Foto: (c) pixabay
salto.bz: Vor einigen Tagen war die KickOff-Veranstaltung vom Kooperationsprogramm Interreg V-A Italien-Österreich. Worum geht es hier und wie ist Ihre Rolle in diesem Projekt?
Josef Lazzari: Ich bin Mitglied des Landessekretariates von Agb-Cgil. Wir sind keine Trägerorganisation, sondern wurden hierzu zur Information eingeladen. Getragen wird das Projekt von den Regionen, also von der Autonomen Provinz Bozen, Venetien und Friaul-Julisch Venetien.
 
Wer hat die Organisation über?
Organisiert wird es vom Amt für Europa der Autonomen Provinz Bozen. Neben den bereits erwähnten italienischen Regionen sind alle grenznahen Gebiete dabei, also auf österreichischer Seite Tirol, Salzburg und Kärnten. Das Interreg-Projekt gibt es allerdings nicht nur für Italien-Österreich, sondern zum Beispiel auch für Italien-Slowenien und Italien-Schweiz.
 
Wie finanziert sich das Projekt und was umfasst es?
Das Programm Interreg VI-A Italien-Österreich 2021-2027 wurde mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 16.06.2022 angenommen und wird zum Großteil über den EFRE-Fond finanziert. Das Geld kommt also primär vom europäischen Fond für regionale Entwicklung. Das Programm wird bis 2027 mit Mitteln in Höhe von zirka 91 Mio. EUR dotiert, von denen genauer gesagt mehr als 73 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert werden.
 
 
 
Welches Ziel verfolgt das Kooperationsprogramm?
Das große Ziel ist die Unterstützung der interregionalen Weiterentwicklung über die Staatsgrenzen hinaus, also kurzum der Abbau von Barrieren. Und das nicht nur in territorialer Hinsicht, sondern vor allem auch in unseren Köpfen.
 
Wie meinen Sie das?
Wir bemühen uns um den Abbau der Unterschiede, die es in es in gewissen Grenzregionen gibt, um sie gleichzuschalten. Wenn man es sich vorstellt, wie viele Menschen das miteinbezieht, ist das großartig. Das ganze Interreg-Programm bindet insgesamt 5,5 Millionen Einwohner und vereint 50.000 Quadratkilometer Fläche. Es verläuft entlang insgesamt 430 Kilometer Grenze. Gemeint ist hier das ganze Grenzgebiet, nicht nur die Grenze von Italien-Österreich.
 
Welche strategischen Schwerpunkte wurden dabei gesetzt?
Die Strategie Interreg VI-A Italien-Österreich für den Zeitraum 2021-2027 wurde auf der Grundlage der Ziele und Anforderungen der Europäischen Kommission sowie von öffentlichen Konsultationen und Analysen der Bedürfnisse, Möglichkeiten, Herausforderungen, Stärken und Schwächen im Programmgebiet entwickelt. Auf dieser Basis wurden fünf Prioritäten festgelegt, in deren Rahmen das Kooperationsprogramm grenzüberschreitende Projekte unterstützen wird. Dazu gehören 1. Innovation und Unternehmen, 2. Klimawandel und Biodiversität, 3. der nachhaltige und kulturelle Tourismus, 4. die lokale Entwicklung und 5. der Abbau von grenzüberschreitenden administrativen Hindernissen.
 
Welcher Punkt ist für sie am wichtigsten?
Das ist sicher der letzte Punkt, der die Interventionslogik, also den Abbau von grenzüberschreitenden administrativen Hindernissen, anbelangt. Leider ist dieser aus unserer Sicht etwas unterfinanziert. Nur 9,2% vom Gesamtbudget entfallen hierauf, also etwa 3 Millionen Euro.
 
Was kann man sich darunter vorstellen?
Das betrifft z.B. die Grenzpendler, die bei uns vor allem in die Schweiz pendeln. Im Wipptal gibt es zwar auch Grenzpendler in Richtung Österreich, aber in geringerem Ausmaß. Hier gibt es vor allem Probleme bürokratischer Natur. Die größte Herausforderung ist die Bekämpfung vom Braindrain. Dem soll entgegengewirkt werden. Aber auch digitale Lösungen für bürokratische Hindernisse gilt es zu finden. Ein Thema ist die Mobilität. Wie schwer erreichbar ist mein Arbeitsplatz? Kann man etwas finden, das den Weg erleichtert? Die Förderung der Beschäftigung im Allgemeinen. Eine gute Beschäftigung ist uns wichtig und Menschen, die in Italien wohnen und in der Schweiz arbeiten, brauchen auch in Italien einen Ansprechpartner.
 
Wie wichtig ist diese Projekt  für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt innerhalb der EU?
Es handelt sich um ein Projekt im Rahmen der Modernisierung der Kohäsionspolitik, anhand der strukturelle und soziale Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern, aber auch innerhalb der einzelnen Staaten überwunden werden sollen. Wir sind davon überzeugt – und das hat auch die Vergangenheit gezeigt – dass diese Projekte, die im Rahmen der Modernisierung der Kohäsionspolitik stattfinden,  sehr wichtig sind und gut umgesetzt werden. Viele dieser Projekte verfügen auch über einen sozialen Charakter. Ein besonders wichtiger Punkt ist auch die Herangehensweise. Die Lösungsfindung erfolgt Bottom-up, also von unten nach oben organisiert. Das ist ein Vorteil für den sozialen Zusammenhang, denn wenn die Probleme von unten kommen und dann können sie nicht von oben gelöst werden. Essenziell ist auch die Einbeziehung der Gewerkschaften bei Fragen wie: Wie ist die Arbeit? Wie viele junge Leute bekommen einen gut bezahlten und sicheren Job? Aber auch bei anderen grenzüberschreitenden Projekten, beispielsweise im Bereich der Investitionen in Forschung und Entwicklung, der Verbesserung der Energietransfers und vielem mehr liegt großes Potential und es ergeben sich gute Synergien.
 
Worin sehen sie das größte Potential für sich in diesem Interreg Projekt?
Im 5. Programmpunkt, dem Abbau von grenzüberschreitenden administrativen Hindernissen. Das ist unser Hauptanliegen, bei dem wir uns sicherlich einarbeiten und - wenn möglich - Programme in Zusammenarbeit mit unserer nationalen Struktur vorlegen werden, die eine eigene Struktur für Grenzgänger vorsieht. Wir wollen damit den Arbeiterinnen und Arbeitern, die tagtäglich mit Problemen als Grenzgänger*innen konfrontiert sind, helfen. Eine Idee ist hier beispielsweise das Einrichten von Informationsbüros in Grenznähe.