Politica | 6er Kommission

Die verordnete Muttersprache

Vor dem Strafgericht: Ob Ukrainerin, Albaner oder Marokkaner, egal, Hauptsache, deutscher oder italienischer Muttersprache.

Gedankenlosigkeit kann es nicht sein, denn es wurde darüber diskutiert. Ist es also Beschränktheit in Logik? Sturschädeligkeit? Oder schlicht eine kleine Bosheit? Letzte Woche, 25. Februar, hat die Sechserkommission ihren Entwurf für den Gebrauch der deutschen und ladinischen Sprache in der öffentlichen Verwaltung und bei Gericht abgesegnet. Im Gegensatz zu bisher können künftig nicht mehr nur Bürgerinnen und Bürger von Südtirol auf den Gebrauch der deutschen Sprache bestehen, sondern alle Personen, unabhängig von Staatsbürgerschaft, Ansässigkeit und Wohnsitz.

Eine sinnvolle Reform also, weil größere Freiheit gewährend und absurde Diskriminierungen ausräumend. Doch hat die Kommission, auf Beharren ihres Geheimvorsitzenden Karl Zeller (der offizielle Vorsitzende ist PD-SVP-Senator Francesco Palermo), bei der Regelung des Strafprozesses eine Formulierung eingebaut, die sich noch als Schikane erweisen wird, als wahrer Pferdefuß, und hundertprozentig zu politischem Zoff führen wird.

Jeder und jede Person, die sich in Südtirol einem Strafprozess zu stellen hat, darf künftig also wählen, ob er auf Italiensch oder Deutsch vernommen werden will. SVP-Paragrafenknobler Zeller war das zu freizügig, offenbar. Er bestand drauf, dass es nicht um den Schutz der deutschen Sprache gehen dürfe, sondern der deutschen „Mutter“-Sprache. Es wird also künftig zu Fällen kommen, in denen eine Ukrainerin, ein Pakistaner oder Albaner vor dem Bozner Strafgericht sein Recht auf Gebrauch der „deutschen Muttersprache“ anmeldet.

Nun wird man in der Praxis auf den Hausverstand der jeweiligen Richter vertrauen können, dass sie aus dem logischen Unfug kein Drama machen. Sie werden zu bewerten wissen, dass für die Absurdität der „muttersprachlich deutschen“ Ukrainerin nicht diese selbst, sondern die Durchführungsbestimmungs-Drechsler der Autonomie-Kommission verantwortlich sind. Und sie werden Hausverstand vor Buchstaben ergehen lassen.

Aber warum wohl setzt Zeller diesen Pferdefuß in „seine“ Durchführungsbestimmung? Ich tippe auf ethnopolitische Sturheit: Aus eigenem Antrieb hätte die SVP das Recht auf Gebrauch der deutschen Sprache ja nie auf alle ausgeweitet. Es war ein Urteil des europäischen Gerichtshofes, das Südtirol dazu verpflichtet hat. 

Also machen wir es halt. Lassen wir halt andere auch an unseren Rechten teilhaben! Aber nicht zu sehr. Alle sollen wissen, Sprache ist uns wurscht, uns geht’s um Muttersprache, „sei es Deutsch oder Italienisch“, so steht’s in der Durchführungsbestimmung.

Dass es ein Absurdum ist, abgesehen von Nötigung, einen Albaner, der deutsch prozessiert werden will, für seine deutsche „Muttersprache“ optieren zu machen, wird offenbar in Kauf genommen. Es ist das patriotische Opfer, das die SVP allen Neu-, Fremd- und Nicht-Südtirolern abverlangt: praktisch vernachlässigbar (hoffentlich), aber politisch schneidig.

Ich persönlich bin überzeugt, der Gesetzgeber wäre gut beraten, mit Begriffen aus der Emotionssphäre, wie eben „Muttersprache“, zurückhaltend umzugehen. Ja, sie nach Möglichkeit zu vermeiden. Wie schwer sich „Muttersprache“ in Paragrafen schnüren lässt und welche Peinlichkeiten daraus entstehen können, dafür liefert der viel strapazierte Artikel 19 des Autonomiestatuts, unser Schulparagraf, den Beweis. Dort steht, dass die Schüler der jeweils nach Sprache getrennten Schulen von Lehrpersonen ihrer Muttersprache unterrichtet werden müssen.

Was aber ist Muttersprache? Wer stellt sie fest? An der Frage brachte vor mehr als 30 Jahren ein gewisser Alexander Langer die Südtiroler Schulbürokratie zum Verzweifeln. Er wollte am deutschen Humanistischen Gymnasium in Bozen unterrichten. Zu dem Zweck erklärte er– ich finde, ziemlich glaubwürdig –, er sei „deutscher Muttersprache“. Er hatte zu der Zeit jedoch die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung verweigert. Also war er nicht „deutscher Muttersprache“? Das deutsche Schulamt unter dem damals ethnopolitisch sehr gestrengen Schulamtsleiter David Kofler befand: nicht der deutschen Sprachgruppe zugehörig erklärt, also nicht deutscher Muttersprache.

Ein praktischer wie juristischer Unfug! Die Bildung eines Erstsemestlers hätte gereicht, um zu verstehen, dass Muttersprache und Sprachzugehörigkeit nicht das gleiche bedeuten können. Man kann nicht für Gleiches verschiedene Begriffe verwenden. Das ist nicht nur juristisches, das ist logisches Einmaleins.

Langer gewann natürlich den Rekurs gegen das Schulamt.

Warten wir auf die ersten nichtdeutschen und nichtitalienischen Südtiroler, die ihr Recht auf Gebrauch der deutschen oder italienischen „Mutter“-Sprache verschmähen und nur das auf „Sprache“ einfordern. Sancta testardaggine – verschone uns!

Bild
Profile picture for user Francesco Palermo
Francesco Palermo Mar, 03/03/2015 - 16:02

Un piccolo chiarimento da parte del “presidente ufficiale” della commissione dei 6. E in italiano per fare prima. La modifica della norma di attuazione sull’uso della lingua approvata la scorsa settimana è stata resa (finalmente!) necessaria dalla possibile apertura di una procedura di infrazione a livello comunitario, perché si riferisce, nella forma, ai soli “cittadini”. Com’è noto, ampia giurisprudenza della Corte di Giustizia ha stabilito che il diritto all’uso della lingua tedesca e ladina (questa è la rubrica della norma di attuazione, che deriva da una misura del pacchetto) non può essere limitato ai soli cittadini italiani di lingua tedesca residenti in Provincia di Bolzano, ma va esteso a tutti i cittadini europei (ed equiparati) che volessero usufruire di questo diritto.
Di questo si è tenuto conto in modo estensivo nella modifica alla norma di attuazione approvata (all’unanimità) in commissione. Perché ci si sarebbe potuti limitare a estendere tale diritto ai cittadini europei ed equiparati (cd. soggiornanti di lungo periodo e altre categorie residuali). Invece si è esteso il diritto a chiunque, secondo il principio per cui in provincia è offerto un “servizio giustizia” bilingue e chiunque può usufruirne.
Si sarebbe certamente potuta riscrivere tutta la norma di attuazione, abbandonando qualsiasi riferimento alla “madrelingua” e cambiandone anche la rubrica (non più “diritto all’uso della lingua tedesca e ladina nei rapporti con la pubblica amministrazione e i procedimenti giudiziari”), ma eliminare il riferimento alla lingua tedesca e ladina avrebbe teoricamente toccato il pacchetto con tutte le conseguenze (più simboliche che pratiche) del caso. E avrebbe richiesto non solo molto più tempo (che non c’era: la risposta alla commissione europea andava data entro i 28 febbraio) ma avrebbe aperto il vaso di Pandora tipico delle questioni etniche.
Così si è inserito il principio della scelta della lingua e si è specificato, dove necessario, il significato del termine “madrelingua”. Ora è ovvio che i processi in Alto Adige si svolgono solo in italiano o tedesco, non in ucraino o albanese. La specificazione “italiana o tedesca” dopo “madrelingua” sta a significare proprio questo: che l’ucraino o l’albanese possono decidere di avvalersi della lingua italiana o tedesca come lingua ufficiale del processo. Quindi madrelingua ai fini del processo, che non c’entra nulla con la madrelingua “vera”: un’ulteriore picconata all’impostazione etnica del sistema, che dovrebbe fare piacere a Kronbichler. A me fa piacere di sicuro. Chi volesse usare la madrelingua “vera” (i famosi ucraini e albanesi, per restare all’esempio) può sempre farlo in base all’art. 6 della Convenzione europea dei diritti dell’uomo, che prevede per chiunque questo diritto, con l’assistenza di un interprete. In questo caso l’interpretazione sarà nella lingua italiana.
Mi rendo conto che è un tema tecnico e poco “sexy”, sicuramente meno interessante di letture cospiratrici, ma è con queste cose che si disinnescano le mine etniche. Sicuramente più che con la dietrologia.

p.s. è importante fare informazione rispetto al lavoro delle commissioni paritetiche e io come presidente (per quanto solo apparente e burattino) ci tengo molto, così come tengo a procedere ad audizioni quando possibile e opportuno. Sono piccoli accorgimenti che possono contribuire a “democratizzare” in parte ruolo e natura delle commissioni paritetiche, che per statuto sono organi non democratici e non pubblici. Può non piacere, ovviamente, ma sarà così finché non si cambierà lo statuto. Quindi meglio qualche accorgimento casereccio come questo piuttosto che abbaiare alla luna.

Mar, 03/03/2015 - 16:02 Collegamento permanente