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Neu gegen alt

Im Haus der Materialisierung in Berlin werden alte Materialien in neue Formen gegossen. Ein Hub für Forschung, Kreativität und Aktivismus.
Materialien
Foto: Raquel Gomez

“Nachhaltige Materialien gibt es nicht”, erklärt Corinna Vosse vom Haus der Materialisierung (HdM). “Es kommt immer darauf an, wie lange ein Material benutzt und wie weit es transportiert wird”. Genau an diesem Punkt knüpfen die Menschen im Berliner Haus der Materialisierung an: Materialien aller Art werden gesammelt, auseinandergenommen, umgewandelt und wiederverwendet. Dabei stehen verschiedene Werkstätten zur Verfügung, die von einzelnen Personen geführt werden und sich um eine Art von Materialien kümmern: In einer der Werkstätte werden Kleider und Kostüme hergestellt, in anderen werden Holz, Metalle oder Plastik verarbeitet. Die Werkstätten, die sich im Haus der Statistik am Berliner Alexanderplatz befinden, sind öffentlich zugänglich. Wer seine eigenen Materialien mitbringt, kann auch gratis arbeiten. Für Materialien und Kurse fallen hingegen geringe Kosten an.

 

So können die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt beispielsweise alte Kleider wieder zusammennähen, eigene Kostüme kreieren, alte Fahrräder reparieren oder auseinandernehmen oder aus alten Elektrogeräten, Lichtinstallationen basteln. Die Grenzen des Möglichen sind von den gefundenen, gesammelten und gespendeten Materialien vorgegeben, die in eine Vielzahl von neuen, noch unbekannten Formen gegossen werden können. Wie Moritz Wermelskirch, der im Haus der Materialisieren eine Forschungswerkstatt für Lichttechnik, Materialumnutzung und Recycling betreibt, erklärt, ist die Wiederverwendung von alten Materialien in dreifacher Hinsicht sinnvoll: Sie ist ökologisch, ökonomisch und führt häufig auch zu einer besseren Qualität.

 

Als Teil des Hauses der Statistik, das seit 2018 unweit des Berliner Alexanderplatzes entwickelt wird, umfasst das Haus der Materialisierung verschiedene Initiativen und Institutionen, die zu den Themen nachhaltiges Wirtschaften und klimagerechte Ressourcennutzung forschen, praktizieren und arbeiten. Die Akteur:innen arbeiten selbst-organisiert, als freie Selbstständige oder (teil-)gefördert in verschiedenen Zusammenschlüssen. Begleitet wird das Ganze durch ein Forschungsprojekt zum Thema “Zirkuläres Wirtschaften im urbanen Kontext” der DBU Berlin.

 

Mit dem Haus der Materialisierung wurde so im Herzen von Berlin ein Ausgangspunkt für Materialforschung, künstlerische Prozesse und die Suche nach einer sozial und ökologisch gerechteren Gesellschaftsorganisation im direkten Austausch mit der Stadtgesellschaft und Nachbarschaft geschaffen: “Wir wollen Menschen zusammenbringen, die in unterschiedlicher Weise an einer besseren Zukunft arbeiten”, so das Manifest des HdM. So soll eine nachhaltige und ressourcenschonende Lebensweise erprobt und notwendige gesellschaftliche Veränderungen gemeinsam in Gang gebracht werden.