Cultura | Theater

Freunde der einsamen Sprache

Sechs bis sieben Schauspieler:innen versammelten sich Donnerstags auf Schloss Maretsch. Mit „Monologos“ wurde die beste Monolog-Darbietung der Finalteilnehmer gesucht.
Monologos Esposito
Foto: (c) Monologos
Der von Carlo Emanuele Esposito (im Titelbild zu sehen) ausgerichtete und moderierte Abend wurde von einer vierköpfigen Fachjury begleitet, die am Ende einen ersten (1000 Euro), zweiten (300 Euro) und dritten Platz (200 Euro) vergab. Lene Morgenstern (Vize-Vorsitzende SAAV, Slam- und Spoken-Word-Künstlerin), Johanna Porcheddu (Leiterin Theater in der Altstadt, Meran), Meinhard Khuen (Initiator Asfaltart und Präsident des Trägervereins Kunstverein Kalmünz) und Leo Ploner (Regisseur bei den Südtiroler Operettenspielen und Präsident des Trägervereins Komödie Brixen) entschieden über die Platzierungen. Musikalische Überbrückungen in Form von jidischem Liedgut auf der Klarinette gab’s von Paul Profanter.
Bevor es zum ersten Auftritt kam, nahm sich der Moderator Zeit um in eine Rolle zu schlüpfen, die er für den Abend erdacht hatte. Er spielte einen aufdringlich unterwürfigen Conférencier, in wirtschaftliche Not geraten, mit den Turnschuhen des Bruders - in der ersten Reihe zugegen - zu Sakko und Anzughose.
„Der Mann“ aus Ingrid Lausunds „Der Weg zum Glück“ betrat als erster die Bühne, auf Maretsch verkörpert vom Wahl-Hamburger Joseph Reichelt. Mit einer Antithese begann der Abend, Reichelt schlüpfte in die Rolle des depressiven Manns, der sich gezwungen sieht auf eine Partie zu gehen. Als nicht witziger Witzerzähler aus Verlegenheit brachte er performierte Antriebslosigkeit und ständiges Genervt-Sein statt dem Feuer, das man sich auf der Bühne vielleicht erwartet, zum Ausdruck. Das Gefühl der Deplaziertheit brachte er bereits in seinem Kostüm, einem blau-glitzernden, eng anliegenden Einteiler mit Aussparung am Brusthaar zum Ausdruck, das eigentlich „ein Prinzenkostüm“ hätte sein sollen. So viel - oder wenig - Körpereinsatz reichte für Platz Zwei.
Auf den Mann folgte das „Lottchen“ der Augsburgerin Claudia Pöckl, aus Kurt Tucholskys „Das Lottchen beichtet 1 Geliebten“. Der Bühnenvortrag war bei ihrem Auftritt als Dialog strukturiert, mit einem lediglich implizierten „Sugar Daddy“, oder, wie es zu Tucholskys Zeit gennant worden wäre, einem Nackenbeißer. Nach dem Intro, in welchem sich Lottchen über die Ausdrucksweise Tucholskys, bzw. des Nackenbeißers echauffierte („Es ist ein fremder Hauch auf mir? Was soll das heißen?“) blieb ihr Vortrag nahe am Text, der bis auf die Passage heutig klang.
Den längsten Auftritt hatte Gertraud Ingeborg aus Salzburg auf der Bühne. Wenngleich ihre Anmoderation bei einem Publikumswettbewerb sicher als Begünstigung ins Feld geführt hätte werden können, überzeugte sie selbst. Sie ging mit einem Auszug aus dem für sie geschriebenen Monologstück „Sylphe“ (Jodi Rose) in der Rolle einer Rückschau haltenden, gealterten Marie Taglioni, erste Meisterin des Spitzentanz und bereits zu Lebzeiten, im 19. Jahrhundert eine Koryphäe, auf die Bühne. Als erste des Abends verstand sie den Wert der Stille, hielt einen Moment inne, damit die Besucher ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen ließen. Ihr subtiles Spiel, das einen Lebenslauf in kurzer Zeit emphatisch nachvollzog, brachte sie auf Platz Drei.
Nach einem schauspielerischen Intermezzo von Tschechow nach Carlo Emanuele Esposito, bei welchem er gespielt unsicheres Deutsch gegen dicken russischen Akzent und Witze über Pronomen (etwa von Schlossgeist und Schlossgeistin) gegen ein Alkoholproblem tauschte, kam Sina Große-Beck aus Essen zum Zug.
Die „Mariedl“ aus Werner Schwabs „Die Präsidentinnen“ war, für den Abend ungewöhnlich, strukturell mehr eine Erzählung in dritter Person als ein Monolog. Die humorvolle Episode der einfältigen, in gewisser Weise auch tragischen Toiltetten-Reinigungskraft kam beim Publikum gut an. Sie war - Fäkal-Humor hin oder her - überzeugend gespielt, passte auch im schlichten Kostüm perfekt in das Klischeebild der einfachen Unschuld vom Lande. Der lauteste Applaus des Abends und am Ende auch Platz Eins belohnten viel Körpereinsatz bei der Beseitigung von Verstopfungen.
 
 
Als vorletzter auf die Bühne gelost wurde der Völser David Thaler, der seine Rolle bei den Freilichtspielen Südtiroler Unterland auf eine verknappte Monolog-Form umschrieb, welche durch die Stückhandlung im Schnelldurchlauf hetzte. Der Nekrozotar“ aus „Die Ballade vom großen Makabren“ von Michael De Ghelderode wirkte dabei auf der kleineren Bühne in Maretsch noch um einiges lauter und hätte mit etwas weniger Lautstärke und abrupten Stimmungswandeln sicher bessere Karten gehabt. Den Pathos für einen Sensenmann hatte Thaler auf die Bühne gebracht, nicht nur das Make-Up.
Den Aufführungsteil des Abends beschloß dann Nicole Janze aus Berlin, welche eine allein erziehende Krankenschwester auf ihrer Suche nach flüchtigem Glück, nach Eskapismus spielte. Ihre beklemmende Umsetzung von Kristian Smeds Figur aus dem Stück „Eisbilder“ wäre in der Top Drei der Auftritte des Abends sicher ebenso gut aufgehoben gewesen, wie die anderen drei Prämierten. Der Text, der zu einem guten Teil eine Selbstreflexion bar jeder Hoffnung ist, ging jedenfalls unter die Haut, trotz oder gerade durch einen weitläufig gedrückten, prosodisch gleichförmigen Vortrags, aus welchem sie explosiv ausbrach.
Die 2. Ausgabe von „Monologos“ war ein durchgehend unterhaltsamer Abend, der sich gegen Ende etwas in die Länge zog. Trotz sichtlicher Freude am Spiel hätte ich mir etwas mehr Zurückhaltung vom Moderator gewünscht, der in dieser Funktion den auftretenden Schauspielern eher untergeordnet sein sollte. Das bleibt eine Frage des Stils, eine Sache des Geschmacks.