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Römische Pendlerpauschale

Die SVP-Senatoren haben den beiden Südtiroler Staatsräten Bernhard Lageder und Oswald Leitner ein Weihnachtsgeschenk gemacht. 4.000 Euro Zuschlag im Monat.
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Foto: uni
Bernhard Lageder und Oswald Leitner haben eine Karrierestufe erreicht, die kaum mehr zu toppen ist. Die beiden Südtiroler Richter sind Mitglieder der höchsten Instanz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Italien. Lageder ist Richter der sechsten rechtssprechenden Sektion des Staatsrates, Leitner sitzt in der dritten Sektion.
Beruft jemand gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Bozen, so wird der Fall im Staatsrat einer dieser beiden Sektionen zugeteilt. Denn laut Autonomiestatut muss bei Berufungsverhandlungen aus dem Bozner Verwaltungsgericht einer der beiden Südtiroler Staatsräte im Senat sitzen.
Auch finanziell können die beiden Südtiroler Richter zufrieden sein. Zwischen 8.000 und 9.000 Euro netto erhält ein Staatsrat im Monat.
Jetzt aber kann sich das römische Duo über ein Weihnachtsgeschenk freuen. Gemacht von der Politik, genauer gesagt von den beiden SVP-Senatoren Karl Zeller und Hans Berger.
 

Der Artikel

 
Der Senat hat am vergangenen Donnerstag des staatliche Haushaltsgesetz verabschiedet. In dem Mammutgesetz finden sich rund 20 Bestimmungen, die Südtirol betreffen.
Darunter auch der Paragraph 276, der direkt die beiden Südtiroler Staatsräte Bernhard Lageder und Oswald Leitner betrifft.
Im verabschiedeten Gesetzestext heißt es:
 
Ai consiglieri di Stato di cui all’articolo 14 del decreto del Presidente della Reubblica 6 aprile 1984, n. 426, spetta il rimborso delle spese, ai sensi della legge 18 dicembre 1973, n. 836, o, a scelta dell’interessato, l’indennità di trasferta, ai sensi dell’articolo 3, comma 79, della legge 24 dicembre 2003, n. 350, e successive modificazioni, a titolo risarcitorio indennitario, in relazione al mantenimento della residenza nel territorio della provincia di Bolzano, nel limite di spesa pari a 50.000 euro annui a decorrere dal 2018.
 
Konkret heißt das: Die beiden Südtiroler Richter, die weiterhin in ihren Heimatgemeinden ansässig sind, erhalten jeder rund 25.000 Euro im Jahr Fahrkostenzuschuss für die Fahrten von Bozen nach Rom und retour.  Das sind ab dem 1. Jänner 2018 pro Kopf gut 2.000 Euro im Monat. Sie erhalten das "a titolo risarcitorio indennitario". 
Wobei bereits jetzt eine Art Vergütung für den Dienstsitz in Rom für alle Staatsräte ausbezahlt wird.
 

Zweiter Versuch geglückt.

 
Der römischer Pendlerzuschlag für die Südtiroler Staatsräte ist dabei von langer Hand vorbereitet.
Schon einmal stand genau diese Bestimmung zur Diskussion. Im Frühjahr dieses Jahres arbeitete man in der Sechserkommission eine Durchführungsbestimmung aus, mit der die Ernennung der Südtiroler Verwaltungsrichter neu geregelt werden sollte. Diese Neuerung war die direkte Folge eines Schlamassels, in das sich die Volkspartei selbst geritten hatte. Der Landtag hatte den Vinschger Anwalt Karl Reinstadler zum Verwaltungsrichter designiert. Die SVP wollte das aber unbedingt verhindern, was letztlich dann auch gelungen ist.
 
Nach dem öffentlichen Eiertanz zwischen Bozen und Rom war allen klar, dass man die Materie neu regeln muss. Am 3. Mai 2017 verabschiedete die Sechserkommission die neue Durchführungsbestimmung, die dann drei Tage später vom Ministerrat genehmigt wurde.
In den ersten Entwürfen zu dieser Durchführungsbestimmung fand sich genau dieser Artikel zu den lukrativen Fahrkostenzuschüssen für die Südtiroler Staatsräte. Weil man aber keine finanzielle Deckung für diese Maßnahme fand, strich man den Passus.
Karl Zeller und Hans Berger haben den Artikel jetzt als Abänderungsantrag zum Haushaltsgesetz im Senat wieder eingebracht. Wo er genehmigt wurde.
Was brisant ist: Karl Zeller ist von Beruf ein renommierter Anwalt und seine Kanzlei betreut immer wieder Fälle vor dem römischen Staatsrat. Dann sitzen auch jene zwei Richter als Berichterstatter im Senat, die jetzt die direkten Nutznießer der parlamentarischen Initiative sind.
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Sell Woll Lun, 12/04/2017 - 08:54

Also, fassen wir zusammen: Senator Z. ist engster Vertrauter von Matteo Renzi.Dessen damaliges Ministerratspräsidium ernennt als Vertreterin Roms (!) im Verwaltungsgericht Bozen seine Lebensgefährtin. Die Regierung in Rom lehnt den vom Landtag erkorenen Reinstadler als Verwaltungsrichter in Bozen ab. Für die beiden Südtiroler Vertreter im Staatsrat in Rom werden Zuckerlen erfunden die dem durchschnittlichen Monatsgehalt eines Akademikers im Lande entsprechen, was zumindest nicht als feindlicher Akt bezeichnet werden kann. Wenn man bedenkt dass im Verwaltungsrecht stets die öffentliche Hand involviert ist, als Land und Gemeinden, die nahezu allesamt SVP-regiert sind dann hat das eine politische Dimension die jene eines Interessenskonflikts einer Kanzlei (die in der Tat zu bestehen scheint) bei weitem übersteigt. Hier geht es um Unabhängigkeit der Justiz und Gewaltenteilung. Rein hypothetisch halluziniert könnte man einen oppositionellen BM abblitzen lassen und einen systemrelevanten Platzhalter in Gemeinde, Bezirk oder Landesregierung die Kastanien aus dem Feuer holen. Ganz zu schweigen von den Großinvestoren. Selten war ein nicht-Landeshauptmann so mächtig und selten hat ein Südtiroler Politiker seinen Einfluss dermaßen zum Machterhalt des Führungszirkels des Partei ausgenutzt. Man denke das Ganze im Zusammenhang mit dem neuen Wahkrecht, das der SVP die Alleinvertretung in Rom garantiert.

Lun, 12/04/2017 - 08:54 Collegamento permanente
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King Arthur Lun, 12/04/2017 - 11:44

Lieber Herr Franceschini,
warum gehen Sie davon aus, dass die vorgesehene Entschädigung von 50.000 Euro durch (die) zwei (Richter) geteilt wird und sich letztlich 25.000 Euro pro Kopf ergibt? Wenn man die Bestimmung liest, ist vielmehr davon auszugehen, dass es 50.000 Euro pro Richter sind! Eine derartige Bestimmung wird nämlich wohl kaum so formuliert sein, dass der Anwender erst den insgesamt zustehenden Betrag auf die Anzahl der davon betroffenen Richter teilen muss...
Das heißt, es sind wohl letztlich sogar 50.000 Euro an maximal abrechenbaren Fahrtkostenzuschüssen für jeden der zwei Richter... Oder haben Sie gegenteilige Informationen?

Lun, 12/04/2017 - 11:44 Collegamento permanente
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Christoph Fran… Lun, 12/04/2017 - 20:55

In risposta a di King Arthur

Sehr geehrte/r Herr oder Frau Halli Galli,
Artikel und Abänderungsanträge im Haushaltsgesetz werden nur dann zugelassen, wenn sie eine genaue finanzielle Deckung enthalten. Das heißt zum einen, muss im Artikel stehen wieviel die Maßnahme dem Staat insgesamt kosten wird. Zum anderen muss diese Summe aus einem anderen Haushaltsposten weggenommen werden. Und hier müssen die Einbringer bzw. die "ragioneria di stato" einen genauen Vorschlag machen, aus welchen Kapitel wieviel Geld umgeschichtet werden muss. Das ist auch bei diesem Abänderungsantrag der Fall. Im weiteren Gesetzestext wurde genau festgelegt, woher die 50.000 Euro kommen sollen.
Es sind aber maximal 50.000 Euro, deshalb muss die Summe aufgeteilt werden.

Lun, 12/04/2017 - 20:55 Collegamento permanente