Economia | Automobilsektor

Autobranche weltweit in der Krise

2019 wurden weltweit über 4% weniger Autos verkauft als 2018. Das ist das schlechteste Ergebnis seit der Wirtschaftskrise 2008/2009.
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Foto: Pixabay

Die schwache Wirtschaft, ausgelöst vor allem durch den Handelsstreit der beiden größten Wirtschaftsmächte USA und China hat die Autobranche hart getroffen*. Zudem bringt der Strukturwandel, weg vom Verbrennungs-Motor und hin zu mehr klimafreundlichen, alternativen Antrieben wie Elektromotoren, die Autohersteller unter Druck.    

Schon 2018 kam es in China, dem größten Automarkt mit einem weltweiten Absatzvolumen von circa 30% zu einem erheblichen Absatzrückgang bei den Auto-Neuzulassungen. 2019 war die Situation noch drastischer, der Absatz ging um 9,5% zurück. Auch in den USA, in Japan, in Russland und in Indien kam es zu Absatzeinbußen. Nur der europäische Automarkt konnte einen geringen Zuwachs von etwas mehr als 1% verzeichnen und auch auf Brasiliens Automarkt kam es zu einer 7 prozentigen Absatzsteigerung. Branchenkenner gehen davon aus, dass die Krise am Automarkt auch 2020 anhalten wird.

Autobranche weltweit im Wandel

Die Autobranche ist seit einigen Jahren im Umbruch. Einerseits ist der technologische Wandel weg vom Verbrennungsmotor und hin zur Elektromobilität und anderen alternativen Antriebsformen, die zunehmende Digitalisierung und automatisiertes Fahren eine große Herausforderung für die Autoproduzenten und andererseits bringen die zunehmend strengeren Abgasvorschriften die Branche unter Druck.  Enorme Summen müssen in neue Technologien investiert werden. Milliarden-Investitionen stehen schwindenden Märkten gegenüber. Nicht alle Autoproduzenten haben früh genug auf diese neuen Herausforderungen reagiert und kämpfen jetzt mit den Folgen. Fusionierungen und Kooperationen sind oft der einzige Ausweg.

Als Folge des stetig steigenden Verkehrsaufkommens in den größeren Städten und Ballungszentren hat sich das Nutzungsverhalten der Menschen verändert, weg vom Besitz und hin zur Nutzung von Autos (car-sharing etc.). Für die jüngere Generation ist das Auto kein Statussymbol mehr. Diese Entwicklung wird den Autoabsatz in Zukunft in manchen Märkten negativ beeinflussen.

Der deutsche Automarkt

Kaum ein Wirtschaftszweig prägt Deutschland so sehr, wie die Autobranche. Die einstmalige Vorzeigebranche steckt in einer tiefen Krise. Die deutschen Autoproduzenten müssen nach Jahren der Rekordmeldungen derzeit teils drastische Absatzrückgänge hinnehmen. Die Gründe dafür sind ähnlich, wie in anderen Automärkten. Drei von vier in Deutschland hergestellten Pkws werden exportiert. Besonders die schwache chinesische Wirtschaft trifft die deutschen Autobauer hart. Zudem kostet der Technologiewandel viel Geld. Milliarden müssen in die Entwicklung von Elektroantrieben, Batterietechnik und Digitalisierung/Vernetzung investiert werden.

Fast alle großen Autoproduzenten und auch die Zulieferfirmen haben teils drastische Sparprogramme und Stellenstreichungen angekündigt oder schon durchgeführt. Bosch, der weltweit größte Automobilzulieferer hatte 2019 einen Gewinnrückgang von über 40% und rechnet auch für die kommenden Jahre mit schwachen Wachstumsraten. Das Unternehmen hat, wie viele Mitbewerber in der Branche, mit dem Abbau tausender Stellen begonnen. 2019 wurde in der deutschen Autoindustrie ein Stellenabbau von 50.000 Stellen angekündigt oder schon durchgeführt. Laut Autoexperte Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management wird die Produktion von Elektroautos in Zukunft „eine Menge Arbeitsplätze kosten, da ein Elektromotor aus dramatisch weniger Einzelteilen als ein Verbrenner besteht“. Bei einigen deutschen Autobauern gibt es auch hausgemachte Probleme, wie die Folgen des Dieselskandals, die viel Geld gekostet haben.

Wie ernst die Lage in der Deutschen Autoindustrie ist, zeigt der am 15. Jänner 2020 stattgefundene Autogipfel, bei dem Regierungsvertreter, Vertreter der Auto- und Autozulieferindustrie sowie Gewerkschaften die Krisenlage besprachen und nach Lösungen suchten.

Die Autoindustrie in Italien

Die italienische Autoindustrie steckt schon seit längerem in einer tiefen Krise, da sie laut Branchenexperten den technologischen Wandel verpasst hat. Im Jahr 2018 wurden nur mehr 600.000 PKWs in italienischen Werken produziert, während in den Jahren vor der Wirtschaftskrise von 2008/2009 jährlich noch fast doppelt so viele Autos hergestellt wurden. Auch die aktuellen Verkaufszahlen sind rückläufig. Von allen Autos, die in der EU produziert werden, stammen nur noch 4% aus Italien, der Anteil Deutschlands liegt bei über 30%, Frankreich und Großbritannien halten je 10%, Spanien bringt es auf 14%. Als Ausweg aus der Krise blieb nur noch die Fusion von Fiat Chrysler mit PSA, die Ende 2019 beschlossen wurde.

Kooperationen und Fusionen in der Automobilbranche

Weil sie die neuen Herausforderungen im Autosektor nicht mehr allein stemmen können, schließen immer mehr Autohersteller Allianzen mit Mitbewerbern, um Investitionen und Risiken zu teilen. Beispiele dafür ist die Kooperation des VW-Konzerns mit dem US-Konzern Ford auf dem Gebiet von Elektromobilität und Roboterautos, sowie die Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern beim Bau von E-Autos. Auch Daimler und BMW haben Kooperationen vereinbart. Ende 2019 hat der französische PSA-Konzern (Citroën, DS, Opel, Peugeot und Vauxhall) und Fiat Chrysler eine Mega-Fusion beschlossen und wird zum viertgrößten Autohersteller der Welt hinter VW, Toyota und dem französisch-japanischen Renault-Nissan-Mitsubishi Verbund.

Die neuen Abgasnormen der EU

2020 werden erstmals die verschärften EU-Abgasnormen und CO2 Strafsteuern zum Tragen kommen. Für alle neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers gilt ein durchschnittlicher Flottengrenzwert von 95 Gramm CO2 je Kilometer. Das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von 4,1 Liter Benzin oder 3,6 Liter Diesel je 100 Kilometer**. Wer diese Vorgaben nicht erfüllt, muss Strafen zahlen. Um möglichst wenig oder keine Strafsteuern bezahlen zu müssen, werden die Autohersteller versuchen möglichst viele E-Autos und Hybride zu verkaufen. Branchenexperten gehen davon aus, dass die neuen Abgasvorschriften zu einem massiven Wandel in der Automobil-Branche führen werden.

Zukunftsperspektiven

Die großen strukturellen Veränderungen in der Autobranche, gepaart mit hohen Investitionen sowie die schwache Konjunktur wird die Autohersteller auch in den kommenden Jahren weiter stark belasten und in manchen Märkten zu Absatzrückgängen führen. Wie sehr die einzelnen Autohersteller betroffen sind, wird davon abhängen, wie schnell sie sich an die neuen Herausforderungen anpassen, die notwendigen Umstrukturierungen vornehmen und die damit verbundenen Groß-Investitionen tätigen können.

*Laut Internationalem Währungsfonds (IMF) macht die Autobranche 5,7% des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukt) und 8% der weltweiten Waren-Exporte aus.

**Heuer gibt es noch eine Ausnahmeregelung, jeder Autohersteller darf fünf Prozent seiner neu zugelassenen Fahrzeuge mit dem höchsten CO2-Ausstoß bei der Durchschnitts-Berechnung ausschließen.

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Sepp.Bacher Mer, 02/05/2020 - 08:24

Dass die Autobranche zunehmend einbricht, ist ökologisch gesehen ein Fortschritt. Sorge macht mir die italienischen Autobauer. Es scheint als wollten die Gewerkschaften nicht einlenken und neue arbeitsrechtlichen Bedingungen zustimmen, wie es damals die deutschen und später auch die französischen getan haben. Auch sie mussten Arbeitszeit- und Lohnkürzungen hinnehmen. Sie haben aber immer noch ihren Arbeitsplatz und werden inzwischen auch wieder durchschnittlich gut bezahlt.
"Digitalisierung und automatisiertes Fahren" lehne ich wie die 5G Technologie oder die computergesteuerten Klimahäuser ab. Wenn man den einzelnen Menschen alles weg nimmt, wo er noch selbst das Steuer in der Hand hält, dann muss man sich über bestimmte Entwicklungen in der Gesellschaft nicht wundern!

Mer, 02/05/2020 - 08:24 Collegamento permanente