Società | Geburten

Familie geht alle an

Die Geburtenzahl in Italien ist so niedrig wie nie. “Familie ist keine Privatangelegenheit. Die Politik muss konkret etwas tun”, fordert Renate Gebhard.
Renate Gebhard
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Immer noch wird das Thema allzu oft auf eine reine Frauenangelegenheit reduziert. Dabei ist das Kinderkriegen etwas, das die gesamte Gesellschaft beschäftigen sollte. Und vor allem die Politik, wie Renate Gebhard findet. Daher nimmt sie auch nicht als SVP-Frauenreferentin, sondern als Abgeordnete des römischen Parlaments zu den jüngsten ISTAT-Daten Stellung.

Laut dem staatlichen Statistikinstitut sind 2018 in Italien 439.747 Kinder geboren worden. Das sind 18.000 weniger als im Jahr zuvor. Die Geburtenrate hat damit einen weiteren historischen Tiefstand erreicht. Für Renate Gebhard steht fest: Daran, dass sich in Italien immer weniger Eltern entscheiden, Kinder zur Welt zu bringen, ist die italienische Regierung mit ihrer “fraglichen Familienpolitik” Schuld.

“Die Geburtenrate ist in jenen Ländern weiterhin hoch, wo die Politik in erster Linie in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf investiert und sich die familienpolitischen Maßnahmen nicht ständig ändern”, hat die Südtiroler Parlamentarierin festgestellt. Italien lasse ein solch zielführendes Vorgehen  zur Unterstützung der Familien vermissen.
Steuervorteile, ein langfristiges Konzept für die finanzielle Unterstützung von Familien, tiefgreifende Maßnahmen für flexiblere Arbeitsverhältnisse, die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Mit diesen Maßnahmen könne die italienische Regierung “konkret etwas für die italienischen Familien tun”, anstatt “nur von Familienpolitik zu reden”, meint Gebhard.

Als positives Gegenbeispiel führt die Kammerabgeordnete das Land Südtirol an. Hier wurden 2018 insgesamt 5.113 Kinder geboren, was einer Geburtenrate von 10,2 Neugeborenen pro 1.000 Einwohnern entspricht. Das ist der höchste Wert in Italien und liegt deutlich über dem staatlichen Durchschnitt von 7,4 Neugeborenen pro 1.000 Einwohnern. Zwar hat vor nicht allzu langer Zeit eine breite Allianz darauf hingewiesen, dass es auch Südtirol in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlichen Nachholbedarf gibt. Doch Gebhard ist sich sicher: “Einer der Gründe, warum unser Land bei der Geburtenrate verhältnismäßig gut abschneidet, ist unter anderem sicher das bessere Betreuungsnetz. Eltern wissen ihre Kinder in den Kindertagesstätten und bei den Tagesmüttern gut aufgehoben.”

Angesichts der sinkenden Geburtenzahl in Italien sieht Gebhard nun in Rom dringenden Handlungsbedarf. Im Zuge des nächsten Haushaltsgesetzes soll es eine parteiübergreifende Diskussion zu einem Maßnahmenplan für Familien geben – “die politischen Kräfte im Parlament sind dazu bereit”, berichtet die Abgeordnete. Mit Nachdruck fordert sie: “Eine fruchtbringende und nachhaltige Familienpolitik darf nicht länger an den Familien vorbei arbeiten. Die Politik muss ein für alle Mal zur Kenntnis nehmen, dass Familie eine wichtige Rolle für Wirtschaft und Gesellschaft spielt und sich ihrer Verantwortung bewusst werden.”
Denn Familie sei “keine Privatangelegenheit” – und eben auch keine reine Frauensache.

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Peter Gasser Gio, 07/04/2019 - 10:48

Die Zahlen verbergen die inhaltliche Wirklichkeit etwas. Auch eine Geburtenrate von etwa 10 Neugeborenen pro 1.000 Einwohnern (wie in Südtirol) bedeutet in etwa eine Fertilitätsrate (Kinder pro Frau) non 1,5 bis 1,6. Damit kann sich eine Bevölkerung nich erhalten und ist auf Zuwanderung angewiesen. Wir selbst sind auch aus diesem Grund mit die Ursache für Migration. Für eine Bestandserhaltung wäre ein Wert von etwas mehr als zwei Kindern pro Frau nötig, davon sind wir auch in Südtirol meilenweit entfernt.Nur in Afrika und in Afghanistan finden sich noch Fertilitätsraten über 5.
Die Entscheidung für ein Kind sei eine sehr persönliche, die von der Politik aber unterstützt werden könnte. Dabei stellt sich eine Kardinalfrage: kommen die geplanten Maßnahmen der Familienplanung vor allem der Wirtschaft zugute („wir haben wenig Einwohner, daher brauchen wir jetzt auch alle Frauen in der Wirtschaft“) und vernachlässigen die elementaren Bedürfnisse des Kindes? Sollte die Familienplanung nicht zuallererst das Wohl des Kindes im Auge haben und dem Neugeborenen das liebende Auge von Mutter und Vater garantieren? Die *Liebe* der Eltern kann durch keine noch so professionelle *Betreuung* ersetzt werden.
Liegt der Fokus der zukünftigen Familienplanung nun auf der Wirtschaft oder am Wohl des Kindes?

Gio, 07/04/2019 - 10:48 Collegamento permanente