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Von Äpfeln und Strom

Die Forderung nach einer eigenen Strom-Regulierungsbehörde ist Unsinn, sagt der SVP-Landtagsabgeordnete Gert Lanz – und erklärt die Gründe dafür.
Gert Lanz
Foto: SVP-Fraktion
„Eine eigene Südtiroler Regulierungsbehörde ist in diesem Moment keine Lösung, um die hohen Stromkosten zu senken“, sagt Gert Lanz. Der SVP-Abgeordnete hatte sich vergangene Woche mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt, kurz nachdem der Energieverband (SEV) über ein Treffen mit dem Landtagsabgeordneten Franz Locher über energiepolitische Fragen sowie die Möglichkeit einer eigenen Regulierungsbehörde berichtete.
 
Zumindest ist wieder Schwung in die Diskussion gekommen.
 
„Ein Zufall“, wie Lanz erklärt und betont, dass seine Mitteilung nicht im Zusammenhang mit jener des Energieverbandes stehe. Auch dass er mit seinem Twitter-Beitrag („Den nächsten der sagt, das Energieproblem sei in Südtirol mit einer eigenen Regulierungsbehörde zu lösen, schick ich an die ukrainische Front“) den falschen Ton gewählt habe, tue ihm leid. Er habe damit lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass die Wurzel allen Übels im Ukraine-Konflikt zu suchen sei, „aber zumindest ist wieder Schwung in die Diskussion gekommen“.
 
 
 
Lanz kritisiert in seiner Aussendung jene, die es sich seiner Ansicht nach zu einfach mit der Forderung nach einer eigenen Regulierungsbehörde machen. Die extreme Verteuerung des Stroms sei nämlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf die Folgen durch die Produktionsreduzierung während der Corona-Pandemie, weiters auf den reduzierten Einsatz fossiler Energieträger, der dem Energiewandel geschuldet ist, den Ausstieg aus der Atomenergie und den höheren Bedarf an Energie infolge der starken Wirtschaftsnachfrage. Auf den Angebotsmangel reagiert der Markt mit Preisanstiegen. Hinzu würden noch die Auswirkungen der Inflation und des schwachen Euro kommen, welche sich in Europa mit bis zu 22 Prozent an der Verteuerung der Energie zeigten, erklärt der Landtagsabgeordnete. Nicht zuletzt sei die Verknappung von Gas und Öl infolge des Ukraine-Konfliktes ein weiterer Treiber des Energiepreises. Die staatlichen Regulierungsbehörden versuchten derzeit in Brüssel darauf einzuwirken, dass der Strompreis vom Gaspreis entkoppelt wird, um schnellstmöglich eine Veränderung am Strommarkt zu erreichen. „Dies würde zu einer Entspannung der Lage führen, wenngleich gesagt werden muss, dass sich diese Entspannung auch auf den zu erzielenden Energiepreis der Produzenten auswirken würde und hier vor allem auch die Südtiroler Energieproduzenten mit geringeren Preisen und Margen rechnen müssten“, so Lanz und erklärt, dass auch eine staatliche Regulierungsbehörde keine eigenen Regelungen schaffen könne, sondern dass diese immer in Abstimmung mit Europa getroffen werden müssen.
 
 
 
„Deshalb ist es Unsinn, nun davon zu sprechen, dass eine eigene Südtiroler Regulierungsbehörde die Lösung für alle Problem ist, denn auch dieses Gremium müsste sich immer an der staatlichen Regulierungsbehörde orientieren und hätte keine Kompetenzen“, so Lanz, der betont, dass das Thema zu komplex sei und man es nicht auf die einfache Aussage „Wir brauchen eine eigene Regulierungsbehörde“ herunterbrechen dürfe. Es sei nämlich ein gravierender Unterschied, ob man damit die volle Entscheidungskompetenz über die Preisgestaltung habe oder nur eine Mitspracherecht. „Die Erwartungen, dass eine eigene Regulierungsbehörde die Preise senken könnte, könnten niemals erfüllt werden“, erklärt der Landtagsabgeordnete und betont, dass klar kommuniziert werden müsse, dass die aktuelle Situation dadurch nicht entschärft werden könnte.
Zu den von Rienzner und Locher propagierten Modellen der Energiegemeinschaften erklärt Lanz: „Wir müssen realistisch sein.“ Das eine seien die historischen Genossenschaften, das andere jedoch das Prinzip der Konzessionsvergabe bei Wasserkraftwerken, womit man der Forderung nach einer Privatisierung der Strom-Produktion nachgekommen sei. An einer Konzessionsausschreibung könne sich jeder beteiligen – wer das beste Angebot vorlegen kann, erhält die Konzession.
 
 
Weshalb muss man in Südtirol für Äpfel bezahlen, wenn doch so viele produziert werden?
 
Ein grundsätzliches Problem liege aber offenbar darin, dass manche glaubten, das Südtiroler Energieversorgungsnetz könne autark operieren und funktionieren. „Wir sind jedoch in einem System eingebunden“, erklärt der Landtagsabgeordnete und betont: „Tatsache ist, dass wir momentan wenig Mittel zur Hand haben, um den Strompreis zu senken.“ Jene Mittel, die man habe, müsse man vernünftig einsetzen und dort helfen, wo Hilfe benötigt wird“, so Lanz, der auf die Frage, wie man das der Bevölkerung beibringt, mit der Gegenfrage kontert: „Weshalb muss man in Südtirol für Äpfel bezahlen, wenn doch so viele produziert werden?“ Wie bei den Äpfeln handle es sich auch beim Strom um „Ware“, bei welcher das Prinzip gelte, dass das Angebot und die Nachfrage den Preis bestimmen. Hier sei zu überlegen, ob die Liberalisierung, die man vor Jahren eingeleitet habe, die richtige Entscheidung gewesen sei oder ob das Land nicht die Befugnis darüber hätte behalten sollen. „Ich bin ein starker Befürworter von kleinen, regionalen Strukturen“, so Lanz, der dem Modell der Energiegenossenschaften durchaus etwas Positives abgewinnen kann, allerdings müssten alle Risiken, beispielsweise hinsichtlich der Versorgungssicherheit oder die Vernetzung, bis zum Ende gedacht werden.
 

„Werden helfen“

 

„Das Land wird sicher helfen“, erklärt der Landtagsabgeordnete auf die hohen Strompreise und die Forderungen der verschiedenen Interessensvertreter angesprochen. Die finanziellen Förderungen werden allerdings vorwiegend Personen und Familien sowie öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen zugute kommen. Wie Lanz erklärt, haben die Ausgaben für Strom im Jahr 2019 in Südtirol rund 600 Millionen Euro betragen. Aufgrund der Preissteigerungen dürften sie nun auf das Doppelte angestiegen sein, somit spricht man von ca. 1,2 Milliarden Euro. Es stelle sich die Frage, wieviele Mittel man aus dem öffentlichen Haushalt verwenden könne, um diese Differenz auszugleichen. Wären es nur 10 Prozent, so würde man von rund 60 Millionen Euro sprechen. Man wird mit Sicherheit etwas unternehmen müssen, erklärte der Landtagsabgeordnete, der in diesem Zusammenhang auf die staatlichen Hilfen in Form von Steuernachlässen und Abschreibungen verweist – „dieses Geld wird in den kommenden Jahren allerdings wieder im Haushalt fehlen“, so Lanz.
 

 

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G. P. Mar, 10/04/2022 - 13:52

Und noch immer hat uns kein Politiker erklärt, warum es in Südtirol zuletzt eine Preissteigerung von 117,5 % gegeben hat und z. B. in Genua im selben Zeitraum nur von 63,4 %.

Mar, 10/04/2022 - 13:52 Collegamento permanente