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Feiger Ferleger?

Nach dem Entschuldigungsbrief des FF-Verlegers Stefan Weber an Sparkassen-Präsident Gerhard Brandstätter könnte es an der Spitze der Wochenzeitung zum Machtkampf kommen.

Öffentlich wollen die Hauptdarsteller wenig sagen. „Business as usual“, meint FF-Herausgeber Stefan Weber, „die Sache wird jetzt nur hochgekocht.“ Auch Kurt Zimmermann, Mitbesitzer und Direktor des Südtiroler Wochenmagazins hält sich zurück: „Wir werden diese Dinge intern auf der Gesellschafterversammlung klären“.
Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass es innerhalb der „FF-Media GmbH“ zu einem Showdown kommen wird. Es geht dabei um journalistische Glaubwürdigkeit, Fairness und Standhaftigkeit. Vor allem aber geht es um die Grundsatzfrage, ob die FF noch eine kritische Wochenzeitung bleibt, oder das willfährige Mitteilungsblatt eines wirtschaftlich und politisch gut vernetzten Verlegers. Was ist passiert?

Die Titelgeschichte

Am 12. März 2015 erscheint die FF mit einem Foto der Südtiroler Sparkasse und Gerhard Brandstätter am Cover. Die Titelgeschichte „Das Drama bei der Sparkasse“ arbeitet nicht nur die Rekordverluste der Südtiroler Traditionsbank auf, sondern Autor und FF-Direktor Kurt Zimmermann beschäftigt sich in dem mehrseitigen Artikel auch mit der Rolle von Gerhard Brandstätter im größten Banken-Crash der Südtiroler Wirtschaftsgeschichte. Die Stoßrichtung der Kritik: Der langjährige Stiftungspräsident und Wirtschaftsanwalt Brandstätter kann nicht so tun, als hätte er von den Verlusten der Sparkasse nichts gewusst.


FF-Titelgeschichte: Frage nach der journalistischen Glaubwürdigkeit.

Der Schweizer Kurt Zimmermann, der seit fast 40 Jahren als Wirtschaftsjournalist arbeitet, fasst in seinem Artikel dabei nur das zusammen, was an den noblen Stammtischen des Landes, etwa im Bozner Vögele, seit Monaten diskutiert wird. Der Artikel ist zwar durchaus kritisch, aber die Berichterstattung geht weder unter die Gürtellinie noch gibt es Stellen, die rufschädigend oder klagbar wären. FF-Anwalt Burkard Zozin prüft den Artikel vor Erscheinen und kommt zum Schluss, dass es keinerlei juridische Bedenken gegen die Veröffentlichung gibt. Zozin revidiert diese Analyse bis heute nicht.

Die Reaktion

Gerhard Brandstätter ist es nicht gewohnt, öffentlich kritisiert zu werden. Der langjährige Chef der SVP-Wirtschaft, Anwalt von Luis Durnwalder, Michl Ebner und Michl Laimer empfindet den Artikel als Frontalangriff und Majestätsbeleidigung.
Der mächtige Sparkassen-Präsident lässt zuerst Untergebene, Partner und Freunde aufmarschieren. So schreiben Kanzleipartner Andreas Widmann, Stiftungsdirektor Andreas Überbacher und der Wirtschaftsberater Christof Brandt, der Brandstätter als Präsident des Läuferclubs Bozen Bozner beerbt hat, erboste Leserbriefe an die FF, um sich über die „unqualifizierte Berichterstattung“ zu echauffieren.
Offiziell reagiert Gerhard Brandstätter in der FF-Redaktion nicht. Inoffiziell ist aber von einer Klage in Millionenhöhe gegen das Wochenmagazin die Rede. Doch dann kommt es zu einem überaus kuriosen Schulterschluss mit noch absurderen Nachwehen.

Es geht um die Grundsatzfrage, ob die FF noch eine kritische Wochenzeitung bleibt, oder das willfährige Mitteilungsblatt eines wirtschaftlich und politisch gut vernetzten Verlegers.

Der Verleger

Die „FF media GmbH“ hat auf dem Papier vier Besitzer. 40 Prozent der Wochenzeitung gehören den Geschwistern Magda und Thomas Amonn, die Kinder des verstorbenen FF-Gründers Christoph Amonn. Die restlichen 60 Prozent gehören der in Wien ansässigen „WZ Media GmbH“. Hinter dem Kürzel WZ verbergen sich zwei Partner, denen jeweils 50 Prozent der Wiener Firma gehören.
Z steht für Kurt Zimmermann. Der renommierte Schweizer Wirtschaftsjournalist und langjährige Partner der SMG-Präsidentin Uli Rubner ist nicht nur 30-Prozent-Eigner, sondern fungiert auch als Direktor des Wochenmagazins. Zimmermann greift für die FF auch immer wieder selbst zur Feder.
Das W hingegen steht für Stefan Weber. Weber ist ein renommierter Wiener Wirtschaftsanwalt, Universitätsprofessor und laut Eigendarstellung Fachmann für „internationales Gesellschafts- und Vertragsrecht, Finanzierungsrecht, Schiedsverfahren, Mergers & Acquisitions, Europarecht, Bank- und Versicherungsrecht“. Stefan Weber, der familiäre Wurzeln und einen Zweitwohnsitz im Pustertal hat, ist auch Präsident der „FF media GmbH“.

Die Verhandlungen

Nach dem FF-Artikel kommt es zu einer Aussprache zwischen Gerhard Brandstätter und Stefan Weber. Man kommt sich dabei anscheinend schnell näher. Die beiden Rechtsanwälte haben nicht nur beruflich ein sehr ähnliches Profil, auch privat gibt es genügend Berührungspunkte. So gehören der Brunecker Rechtsanwalt Dieter Schramm sowie die Pusterer Baudynastien Zimmerhofer und Reichegger zum gemeinsamen Freundeskreis.
Stefan Weber macht sehr schnell einen Bückling vor seinem mächtigen Südtiroler Berufskollegen. Böse Zungen behaupten seit langem, dass dem Wiener Verleger die persönlichen wirtschaftlichen Connections im Land wichtiger sind als die publizistische Gangart seines Wochenmagazins.


FF-Eigner Stefan Weber: „Es gibt unterschiedliche Auffassungen“.

Stefan Weber will von dieser Lesart nichts wissen. „Mir geht es um die Sparkasse“, sagt Weber zu salto.bz, „und ich bin der Überzeugung, dass man den Artikel besser recherchieren hätte können“. Der Wiener Rechtsanwalt verweist dabei auch auf seine Kenntnisse im Bankenrecht.
Tatsache ist, dass Stefan Weber mit Gerhard Brandstätter einen Deal aushandelt und seinen Direktor und Miteigner sowie die FF-Redaktion zurückpfeift.

Das Interview

Man einigt sich auf ein großes Interview mit Gerhard Brandstätter. Der Sparkassen-Präsident soll darin seine Sicht der Dinge darlegen können. Es ist auch aus journalistischer Sicht eine absolut faire und saubere Lösung. FF-Chefredakteurin Alexandra Aschbacher und Redakteur Karl Hinterwaldner führen das Interview mit Brandstätter. Es erscheint unter dem Titel „Klartext“ in der vergangenen Woche in der FF.
Die Aktion hat aber einen entscheidenden Haken. Gerhard Brandstätter besteht darauf, dass das Interview noch vor der anstehenden Gesellschafterversammlung erscheint. Die Redaktion lehnt diesen direkten Eingriff in ihre Berichterstattung aber energisch ab.
Der Sparkassen-Präsident verlangt deshalb von Stefan Weber einen persönlichen Entschuldigungsbrief. Brandstätters Argumentation: Sollte er Sparkassenintern wegen des FF-Artikels unter Druck geraten, muss er etwas Schriftliches vorweisen können. Brandstätter versichert, dass er den Brief nur im äußersten Notfall verwenden werde.

Der Brief

Stefan Weber verfasst daraufhin am 27. April 2015 – einen Tag vor der Gesellschafterversammlung der Sparkasse – ein Schreiben, das einiges über die Standhaftigkeit des Wiener FF-Verlegers aussagt. Der Text des Briefes im Original:

„Sehr geehrter Herr Dr. Brandstätter,

ich beziehe mich auf unsere Gespräche in der letzten Woche. Als Geschäftsführer und Präsident der FF media GmbH bin ich mit dem Inhalt der Titelgeschichte in FF 11/15 über die Südtiroler Sparkasse, die Sparkassenstiftung und Ihre Person auch als Stiftungspräsident nicht einverstanden. Wir bedauern, dass sich bestimmte darin veröffentlichte Behauptungen über die Sparkasse, die Stiftung und ihre Person als nicht wahrheitsgetreu, rechtlich falsch und nicht angemessen erwiesen haben.
Nach Rücksprache mit der Redaktion kann ich Ihnen versichern, dass wir kurzfristig im Rahmen der journalistischen Grundsätze für die publizistische Arbeit für eine entsprechende Richtigstellung in einem angemessenen Rahmen sorgen werden, um fortdauernde Beeinträchtigungen hintanzuhalten.
Ich hoffe und bin überzeugt, damit eine beiderseitig befriedigende Lösung erreichen können, unbegründete Behauptungen damit vom Tisch kommen und dadurch eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden können.

Mit freundlichen Grüßen Stefan Weber.“

Einen deutlicheren Affront gegen den eigenen Direktor und die eigene Redaktion kann es wohl kaum mehr geben.
Ich sehe das nicht als Akt gegen die Redaktion“, rechtfertigt sich Stefan Weber, „sondern mein einziges Ziel war es, die FF von einem möglichen Rechtsstreit freizuhalten“.

Brandys Tiefschlag

Gerhard Brandstätter spielt den Trumpf in seiner Hand jetzt schamlos aus. Ohne irgendwie in Bedrängnis zu geraten, liest der Sparkassen-Präsident am vergangenen Dienstag gleich zu Beginn der Gesellschafterversammlung der Sparkassen AG Webers Schreiben genüsslich und vollinhaltlich vor. Es ist eine völlig deplatzierte Aktion, die zudem nur von wenigen Insidern im Saal wirklich verstanden wird.


Sparkassen-Präsident Gerhard Brandstätter: Führt die FF-Redaktion öffentlich vor.

Dass der Präsident einer Bank die Aktionärsversammlung dazu missbraucht, eine persönliche Fehde beizulegen und sich in der Sparkasse niemand daran zu stören scheint, macht deutlich, welches Klima inzwischen in der Südtiroler Traditionsbank herrscht.
Der Sparkassen-Präsident spricht mit „dem Herzen und dem Gefühl“ zu den Kleinaktionären und baut dabei geschickt die kalkulierte Vernichtung des kritischen Wochenmagazin mit ein. Denn dass Brandstätter vor 800 Zuhörern im Bozen Haydn-Auditorium die gesamte FF-Redaktion und ihren Direktor ganz bewusst vorführt und damit nachhaltig die Glaubwürdigkeit eines kritischen Südtiroler Mediums anpatzt, ist alles andere als ein Zufall.
Gerhard Brandstätter ist seit langem einer der Lieblinge des Medienhauses Athesia. Das Schema ist immer dasselbe: Man kennt sich, man schätzt sich und man hilft sich. So hat Brandstätter vor einigen Jahren ein für einen Rechtsanwalt eigentlich unmögliches Ziel erreicht: Er wurde vom Tagblatt der Südtiroler zum Manager des Jahres gekrönt. Für seine Arbeit in der Stiftung Sparkasse.
Umgekehrt hat Gerhard Brandstätter 2011 Athesia-Boss und Handelskammerpräsident Michl Ebner vor einem frühzeitigem Karriereende bewahrt. Damals stand eine Anklageerhebung gegen Ebner wegen Betruges beim Aktienkauf bevor. Es war letztlich Ebners Rechtsanwalt, Gerhard Brandstätter, der es schaffte, Oberstaatsanwalt Guido Rispoli im Sinne seines Mandaten zu überzeugen. Der Fall wurde archiviert.
Vor diesem Hintergrund dürfte die Desavouierung der kritischen Wochenpresse weit mehr als nur ein willkommener Kollateralschaden sein.

Der Machtkampf

Seit vergangenem Dienstag ist Feuer am Dach der FF. Der Grund dafür ist einfach. Die Redaktion und ihr Direktor waren zwar informiert, dass Stefan Weber einen persönlichen Brief an Gerhard Brandstätter schreiben wird, sie kannten den Inhalt aber nicht. Vor allem aber war die schriftliche Hosen-Runter-Lassen-Nummer mit der Redaktion – wie von Weber geschrieben – keineswegs abgesprochen.
Dazu kommt, dass die Sparkassen-Aktionäre und die Öffentlichkeit den Inhalt des brisanten Schreibens vor der FF-Redaktion kannten. Erst einen Tag nach der Gesellschafterversammlung legte Stefan Weber den Brief auch der eigenen Mann- und Frauschaft vor.


FF-Direktor und Artikel-Autor Kurt Zimmermann: Entweder er oder ich.

Dass eine solche Distanzierung des eigenen Verlegers von einer kritischen Redaktion nicht schweigend hingenommen werden kann, liegt auf der Hand. Vor allem aber ist Webers Brief ein Dolchstoß gegen FF-Direktor und -Mitbesitzer Kurt Zimmermann, der den inkriminierten Artikel verfasst hat.
Zimmermann möchte sich öffentlich nicht äußern. Aber nach Informationen von salto.bz will der FF-Direktor und 30-Prozent-Eigner auf der anstehenden Gesellschafterversammlung die Machtfrage stellen: Entweder ich oder Weber. Stefan Weber sieht das Ganze gelassen: „Es gibt unterschiedliche Auffassungen und wahrscheinlich haben beide Seiten Fehler gemacht.
Ganz gleich wie der Machtkampf an der FF-Spitze am Ende ausgeht, einen Verlierer gibt es jetzt schon. Die zwei Wirtschaftsanwälte Gerhard Brandstätter und Stefan Weber haben es mit vereinten Kräften geschafft, einen Teil der kritischen Presse in diesem Land wund zu schießen.

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G G Mar, 05/05/2015 - 14:18

Bei Gerhart Brandstätter ist mir schon immer das Blut in den Adern gefroren. Er ist für mich eine perfekte Verkörperung der kapitalistischen Kaltschnäuzigkeit in Anzug: gerne den großen Max spielen, aber bei den destruktiven Folgen von nix gewusst haben und wehe, jemand wagt es, am eigenen Hochglanzlack zu kratzen... ähnlich wie der Durnwalder in Sachen SEL usw.

Mar, 05/05/2015 - 14:18 Collegamento permanente
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Oskar Egger Ven, 05/08/2015 - 08:03

In risposta a di Martin B.

das ist mal wieder verallgemeinert: Rechtsanwälte können sich durchaus anmaßen, über Pressefreiheit zu diskutieren, da sie gesetzlich minutiös geregelt ist und durch Rechtsanwälte und Richter, bzw. Garanten der Privacy vom toten Text zur lebendigen Anwendung findet. Wichtig ist, daß sich bei dieser Diskussion jeder von Lobbys und Eigeninteressen zu distanzieren versteht, darauf muß man achten!

Ven, 05/08/2015 - 08:03 Collegamento permanente