Politica | Österreich

Wahlkommission oder doch lieber KI?

Die SPÖ wählt einen neuen Parteivorsitzenden und bemerkt zwei Tage später, dass die Stimmergebnisse im Tabellenprogramm vertauscht worden waren
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Hinterm Brenner ist schon wieder was passiert. Genauer gesagt am Samstag vor zwei Tagen. Da trafen sich die Funktionäre der SPÖ zu einer Kampfabstimmung und wählten einen neuen Vorsitzenden. Nachdem die bisherige Parteivorsitzende Pamela Redni-Wagner im Vorfeld schon ausgeschieden war, trafen nun die beiden übrig gebliebenen Alphamännchen aneinander – der burgenländische Landeshauptmann Hans Pater Diskozil und der Traiskrichner Bürgermeister Andreas Babler.

Der Showdown am Samstag erinnerte an einen guten Western. Die Stimmung im Saal kippte mehrmals von einem Kandidaten zum anderen. Und wieder zurück. Da wurde viel Grundsätzliches gesprochen. Schließlich gab es einen Sieger und einen Verlierer. Natürlich gelobten beide - und alle anderen , von nun an die entstandenen Gräben zuzuschütten und ab nun gemeinsam an einer erfolgreichen Zukunft der Partei zu arbeiten. So weit, so gut. Hätte es da nicht den Zahlendreher bei der Stimmenauszählung gegeben.

Noch am Wochenende hatte der ORF Journalist Martin Thür herausgefunden, dass eine Stimme bei der Auszählung verloren gegangen war. Nachdem also die Gewinner das restliche Wochenende gefeiert und die Verlierer ihre Wunden geleckt hatten, trat die Wahlkommission heute am Montag zusammen, um das Wahlergebnis zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die Ergebnisse schlichtweg vertauscht worden waren. Und damit wird das Ganze zur ganz großen Tragikomödie.

Der Wahlgewinner Hans Peter Doskozil, der sich nun zweit Tage lang als neuer SPÖ-Vorsitzender wähnte, legte sich in seiner Siegesrede nämlich schon darauf fest, weder mit der FPÖ noch mit der ÖVP koalieren zu wollen. Das hat er später zwar relativiert. Trotzdem sprach da einer mit der Gewichtigkeit eines Amtsträgers in der Nachfolge eines Bruno Kreisky.

Außerdem dann gab es eine Reihe von Interviews mit diversen SPÖ-Landesvorsitzenden, die sich gegenseitig im Lob über den neuen Parteivorsitzenden übertreffen wollten. Ein Schelm ist, wer meint, dass es ihnen nur darum ging, einen guten Platz an der Sonne zu sichern.

Und die vielen Journalisten und Analysten, die uns genau erklärten, warum der eine gewonnen und der andere verloren hat? Werden sie jetzt ihre Texte und die Interviews überarbeiten? Das wäre nicht so viel Aufwand, denn sie müßten ja nur die Namen austauschen - spiegelgleich zu dem, was da im Tabellenprogramm passiert ist.

Nicht zuletzt sollte man die Wahlkommission erwähnen. Natürlich wurde sofort ein „Mitarbeiter, dem der verhängnisvolle Fehler unterlaufen“ ist, ausgemacht. Man kann aber getrost darauf wetten, dass die Vorsitzende der Wahlkommission nie wieder in ihrem Leben mit einer adäquaten Aufgabe betraut wird.

Zu guter Letzt hat das Ganze auch noch eine philosophische Dimension. Es wurde zwar noch nicht im Detail erklärt, wie die Zahlen vertauscht wurden, doch es hat wohl etwas mit Excel zu tun. War es einfach ein Copy & Paste-Fehler? Hat jemand die Tabellenzellen falsch verknüpft? War die Formel schlichtweg falsch? Wir wissen es nicht und werden es vielleicht auch nie erfahren. Aber man könnte jetzt schon für den nächsten Parteitag vorausplanen. Dort könnten die Aufgaben der Wahlkommission durch eine Künstliche Intelligenz erledigt werden. Der würde so ein Zahlendreher eher nicht passieren. Andererseits könnte die Künstliche Intelligenz die Wahl überhaupt aussetzen und den neuen Parteivorsitzenden gleich selbst bestimmen. Das würde der Partei den ganzen Zauber ersparen, wie wir ihn jetzt erleben. Allerdings ginge damit auch ein formidables Stück Unterhaltung verloren. Denen der SPÖ-Parteitag von vergangenem Samstag wird zweifelsohne in die Geschichtsbücher eingehen.