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Ebners Euregio

Die Athesia AG will eine Zeitung für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino machen. Mit öffentlicher Finanzierung. Der erste Vorstoß wurde vorerst aber abgebremst.
castel toblino
Foto: Salto.bz
Einen malerischen Tagungsort kann man sich kaum vorstellen.
Am 19. Oktober tagten die höchsten Gremien des Europäischen Verbunds territorialer Zusammenarbeit (EVTZ) „Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ im Trentiner Castel Toblino.
Auf der Tagesordnung standen die 13. Sitzung des EVTZ-Vorstandes und die zehnte Sitzung der 12köpfigen EVTZ-Versammlung. Die Führungsgremien der Europaregion zogen Bilanz über die bisherige Zusammenarbeit und entschieden über künftige gemeinsame Projekte.
Im Anschluss an die beiden Sitzungen informierten der derzeitige Vorsitzende Ugo Rossi und die Vorstandsmitglieder Arno Kompatscher und Günther Platter über die wichtigsten Beschlüsse. So sprach man sich einhellig gegen neue Alpentransversalen aus und sondierte einen gemeinsamen Standpunkt in der Flüchtlingsproblematik.
Beschlossen wurde aber auch die Finanzierung dutzender Projekte in den Bereichen Bildung, Jugend, Sport, Sozial- und Gesundheitswesen, Arbeit und Innovation. Ebenso mehrere neue Projekte darunter ein zweijähriger, postgradualer Masterlehrgang zum Studium politischer und sozialer Systeme Europas. Der Lehrgang soll in Zusammenarbeit mit den Universitäten der drei Länder, der EURAC und der Stiftung „Bruno Kessler“ ab 2017 unter der Federführung der Uni Bozen angeboten werden, um dreisprachiges, euregionales Führungspersonal heranzubilden.
 

Fürsprecher Plattner

 
Über ein Projekt fiel dabei allerdings kein Wort. Die politische Brisanz ist zu groß. Deshalb wird der Vorschlag offiziell (noch) unter Verschluss gehalten.
Der Vorstand der EVTZ setzt sich aus den drei Landeshauptleuten der Europaregion Ugo Rossi, Günther Platter und Arno Kompatscher zusammen. Es ist üblich, dass sich das Trio kurz vor der EVTZ-Sitzung zu einem informellen Gespräch trifft. Dabei werden die Tagesordnung und die gemeinsame Gangart abgesteckt.
 
In diesem Sechsaugengespräch wartete Günther Platter mit einem überraschenden Vorschlag auf. Der Nordtiroler Landeshauptmann erklärte, dass die Athesia AG an ihn mit dem Vorschlag herangetreten sei, eine Zeitung für die Europaregion zu machen. Für die Finanzierung des Medienprojekts sollen neben EU-Gelder auch die drei Länder herangezogen werden. Südtirol, Nordtirol und das Trentino sollten insgesamt 1,3 Millionen Euro in das Zeitungsprojekt stecken. Jedes Land rund 430.000 Euro.
 

Umweg Innsbruck

 


Dass ausgerechnet Günther Platter mit diesem Vorschlag kommt, überrascht kaum. Michl Ebner hat seit längerem ein Standbein in Platters Landesregierung. Der Handelskammerpräsident und Athesia-Direktor ist privat eng mit der Nordtiroler Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller Frischauf verbunden. Über diese Schiene dürfte das Zeitungsprojekt dann auch an Platter herangetragen worden sein.
 
Dass Michl Ebner dieses Projekt über den Umweg Innsbruck zu lancieren versucht, liegt auch am eher gespannten Verhältnis zum Südtiroler Landeshauptmann. Arno Kompatscher ist von Haus aus weit Athesia kritischer wie sein Vorgänger Luis Durnwalder. Das Scharmützel um die Brennercom hat das Verhältnis noch einmal abkühlen lassen. „Michl Ebner und Arno Kompatscher begegnen sich korrekt und höflich, aber große Zuneigung ist keine da“, beschreibt ein Mitglied der Landesregierung das Verhältnis der beiden Großkaliber.
 

Gebremste Initiative

 
Die Fürsprache von Günther Platter führte in Castel Toblino nicht zum erwarteten Ergebnis. Nach Informationen von Salto.bz haben Arno Kompatscher und Ugo Rossi den Vorstoß des Nordtiroler Landeshauptmannes deutlich eingebremst. Beiden Landeshauptleuten soll nicht nur die Art und Weise missfallen haben, wie Michl Ebner und die Athesia das Projekt über Nordtirol anleiern wollten. Sie meldeten auch medienpolitische Bedenken an.
Der Vorschlag wurde deshalb (vorerst) ad acta gelegt.