Politica | Affäre

Die Suspendierung

Das Land Tirol hat den Leiter des Brüsseler Euregio-Büros und ehemaligen ÖVP-Europaparlamentarier Richard Seeber jetzt von seinem Amt suspendiert.
Seeber, Richard
Foto: EU Parliament Photo
Die amtliche Mitteilung, die am Freitag kurz nach Mittag an die Presse ging, ist nur zwei Zeilen lang.
 
„Das Land Tirol kann bestätigen, dass gegen den Mitarbeiter Richard Seeber die sofortige  Suspendierung ausgesprochen wird. Dies hat eine umgehende Dienstfreistellung zur Folge. Diese Vorgehensweise wurde im Vorfeld vom Mitarbeiter selbst vorgeschlagen. Der Mitarbeiter wird vom Arbeitgeber aufgefordert, umgehend alle vorliegenden Unterlagen zu der aktuell gegen ihn laufenden Anklage vorzulegen.“
 
Es ist die direkte Folge einer Affäre, die vom Ötztaler Blogger Markus Wilhelm Anfang dieser Woche aufgedeckt wurde. Salto.bz hat über die Geschichte detailliert berichtet.
Gegen Richard Seeber, der von 2004 bis 2014 für die Tiroler Volkspartei im EU-Parlament saß und seitdem wieder die „gemeinsame Vertretung der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino bei der EU“ in der Rue de Pascale 45-47 in Brüssel leitet, werden schwerwiegende Vorwürfe erhoben.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Innsbruck hat gegen den ehemaligen EU-Parlamentarier Anklage wegen schweren Betruges erhoben. Laut der Anklageschrift soll Richard Seeber in seiner Zeit als EU-Parlamentarier Scheinverträge mit externen Dienstleistern vorgelegt. Zudem soll er auch Scheinrechnungen zu nie erbrachten Leistungen abgerechnet haben. Die Gelder wurden dann auf das Konto eines jetzt ebenso angeklagten rumänischen Bekannten und Beraters Seebers überwiesen. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Gesamtschaden mit 409.956,84 Euro.
 

Das Dreiecksgeschäft

 
Anfang dieser Woche hat Markus Wilhelm einen noch dreisteren Vorfall aufgedeckt.
Es ist eine Geschichte, die auch die Tiroler Volkspartei arg in Bedrängnis bringt. Der Grund: Eine der Hauptfiguren ist der amtierende Landesgeschäftsführer der Tiroler ÖVP Martin Malaun.
 
.
Richard Seeber hat als EU-Abgeordneter 2005 einen Dienstleistungsvertrag mit dem damaligen PR-Agentur-Besitzer Malaun abgeschlossen. Laut den Rechnungen, die Wilhelm publiziert hat, erhielt der heutige Landessekretär der Volkspartei 10.500 Euro im Monat.
Genau 80 Prozent dieser Summer flossen aber an die Ehefrau von Richard Seeber zurück. Malaun nahm die in Brüssel wohnhafte Übersetzerin Christine Seeber unter Vertrag. Sie erhielt so allein im Oktober 2005 für 120 Stunden „Informationsbeschaffung und Internetrecherche“ zu verschiedenen EU-Themen 8.400 Euro.
Martin Malaun hat inzwischen die Fakten bestätigt. Gegenüber der TT spricht der ÖVP-Hauptgeschäftsführer von einer „saublöden Optik", aber alles sei korrekt gewesen. „Ich selbst habe vorgeschlagen, dass Seebers Ehefrau mir helfen könnte“, meint der Malaun. Zudem habe die Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits vor Jahren dazu ermittelt, jedoch kein Verfahren eingeleitet.
 

Politischer Druck

 
In den vergangenen Tagen wurde der öffentliche Druck auf die Tiroler Landesregierung und Verwaltung aber immer stärker.
Am Mittwoch erklärte die FPÖ in einer Aussendung dass die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Ehepaar Seeber und dem Tiroler ÖVP-Hauptgeschäftführer Martin Maiaun restlos offengelegt werden müssen. Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger forderte klare Konsequenzen. Noch deutlicher wurde FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer: „Derartige Verstrickungen sind höchst ungewöhnlich und haben einen schalen Beigeschmack. Im Sinne des Ansehens der Politik in der Bevölkerung, um das es ohnehin nicht zum Besten steht, wäre die Tiroler ÖVP gut beraten, Dr. Seeber von seinem Job als Leiter des Tirol-Büros in Brüssel bis auf Weiteres abzuziehen.
 
 
Ins selbe Horn bläst auch die Tiroler „Liste Fritz“. Der Liste Fritz-Landtagsabgeordnete Markus Sint:Günther Platter ist doppelt gefordert, erstens als Landeshauptmann und Dienstgeber von Richard Seeber und zweitens als Parteichef der Tiroler Volkspartei. Er hat für volle Aufklärung und Transparenz zu sorgen und dafür, dass die Mitarbeiter im Tirol-Büro in Brüssel ungestört ihrer Arbeit nachgehen können.
Nachdem in den vergangenen Tagen der Ruf nach einer Suspendierung Seebers immer lauter wurde, haben der Landeshauptmann und die Landesregierung am Freitag die Handbremse gezogen. Offiziell auf Vorschlag des Beschuldigten.
Ich habe beim Land Tirol meine Suspendierung als Leiter der Tiroler Vertretung in Brüssel bis zum Ende des Verfahrens beantragt", erklärte Richard  Seeber gegenüber der TT.
Der Grund: Um Schaden von seiner Familie und dem Land Tirol abzuwenden.