Ambiente | Ahrntal

Streitobjekt Lahneralm

Der Landesregierung wird vielfach vorgeworfen, Spielball von Interessensverbänden zu sein. Im Falle der Lahneralm waren die Umweltverbände offenbar erfolgreicher.
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Foto: Gemeinde Prettau
„Was mich am meisten ärgert, ist der mangelnde Respekt vor der Meinung der lokalen Bevölkerung“, erklärt Robert Steger. Der Bürgermeister der Gemeinde Prettau spricht damit die Entscheidung der Landesregierung an, das Projekt zur Erschließung der Lahneralm abzulehnen. Wie berichtet haben der Dachverband für Natur- und Umwelt, der AVS, CAI, der Heimatpflegeverband Südtirol, der Grüne Gemeindepolitiker aus Bozen, Rudi Benedikter (übrigens ein Nach-Cousin des Alm-Besitzers), wie auch die Biologenvereinigung in ihren Presseaussendungen das Projekt zur Erschließung der Alm im Naturpark Rieserferner heftig kritisiert. Konkret geht es dabei um den Bau einer 850 Meter langen Zufahrtsstraße zur Lahneralm, die vom Vollerwerbsbauern Hermann Benedikter vom Auerhof aus Prettau bewirtschaftet wird. Bereits seit Jahrzehnten versucht Benedikter, eine Erschließung der Lahneralm durch eine moderate Zufahrtsstraße zu erreichen. Nach dem Nein der Landesregierung hat Benedikter angekündigt, die Milchwirtschaft auf der Lahneralm aufzugeben, bereits im heurigen Sommer will er die Lahneralm nicht mehr bewirtschaften.
 
 
 
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Robert Alexander Steger, Bürgermeister der Gemeinde Prettau: „Der Alpenverein wird sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass er den Sektionen vorort kein Gehör schenkt, sondern ausschließlich das Grundprinzip ‚Wir sind gegen neue Straßenbauten‘ vertritt.“ (Foto: Gemeinde Prettau)
 
 
Wie Bürgermeister Steger berichtet, hätten sich der Führungsausschuss des Naturparkes, die Fraktionsverwaltung als betroffener Grundbesitzer und weitere lokale Institutionen für die Umsetzung dieser Almerschließung ausgesprochen. Zudem lag ein positives Gutachten seitens der Sektion Bauwesen der Gemeindekommission für Raum und Landschaft vor. Das Natura 2000 Verträglichkeitsgutachten war positiv und auch die hydrogeologische Situation wurde positiv bewertet. Der Gemeinderat habe das eingereichte Projekt ebenfalls eingehend begutachtet und es mehrheitlich befürwortet, so Steger.
Auf die Kritik seitens der verschiedenen Umweltverbände angesprochen, erklärt der Prettauer Bürgermeister, dass sogar der Vorstand der lokalen Sektion Ahrntal des AVS das Projekt einstimmig gutgeheißen habe. Bedauerlicherweise haben sich sämtliche anderen Vereine und Verbände, die sich mit ihrer Kritik lautstark aus der Landeshauptstadt zu Wort gemeldet haben, nicht direkt vor Ort erkundigt bzw. haben auch nicht das Gespräch mit der Gemeindeverwaltung gesucht. „Der Alpenverein wird sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass er den Sektionen vorort kein Gehör schenkt, sondern ausschließlich das Grundprinzip ‚Wir sind gegen neue Straßenbauten‘ vertritt“, so Steger, der seinem Ärger darüber, dass die Meinung der lokalen Bevölkerung ignoriert wird, deutlich Luft macht. Auch dem Heimatpflegeverband Südtirol wirft der Prettauer Bürgermeister vor, auf einem Auge blind zu sein.
 
 
Die Haltung des Heimatpflegevereins, der einem Vollerwerbsbauer die Erschließung seiner Alm verwehrt, gleichzeitig aber im Falle der privaten Nutzung der Brugger Alm schweigt, finde ich nicht korrekt.
 
 
Denn während die Erschließung der Lahneralm nach Meinung des Heimatpflegevereins ein unverzeihlicher Umweltfrevel darstellt, sei die Erschließung der Brugger Alm, die sich ebenfalls auf dem Gemeindegebiet von Prettau befindet, vor einigen Jahren kein Problem gewesen. Die Erschließung dieser Alm konnte zwar technisch einfacher umgesetzt werden, trotzdem wird sie bis heute nicht bewirtschaftet, sondern dient der privaten Nutzung. Sinnbildlich dafür stehe auch die Verwendung des alten Viehstalles als Garage. „Die Haltung des Heimatpflegevereins, der einem Vollerwerbsbauer die Erschließung seiner Alm verwehrt, gleichzeitig aber im Falle der privaten Nutzung der Brugger Alm schweigt, finde ich nicht korrekt“, wird Steger mehr als deutlich.
 
 
Wenn ein Mountainbiker die Grenze überqueren will, dann nimmt er den Weg über den Krimmler-Tauern-Pass. Der Abstieg von der Birnlücke auf Salzburger Seite ist dafür zu gefährlich.
 
 
Auch den Vorwurf der Biologenvereinigung, die eine touristische Erschließung hinter dem Projekt vermutete, weist der Prettauer Bürgermeister entschieden zurück. Zum einen gebe es kein Joch, sondern nur die Birnlücke, und dieser Übergang sei zu abschüssig und zu hoch gelegen, als dass der Bau eines Mountain-Bike-Fahradweges sinnvoll sei, was auch jeder Ortskundige bestätigen könne, so Steger. „Wenn ein Mountainbiker die Grenze überqueren will, dann nimmt er den Weg über den Krimmler-Tauern-Pass. Der Abstieg von der Birnlücke auf Salzburger Seite ist dafür zu gefährlich“, so der Prettauer Bürgermeister, der betont, dass jene Personen, die Gegenteiliges behaupten, offenbar keine Ahnung von den örtlichen Gegebenheiten hätten. Durch Vorspielung falscher Tatsachen sei ein falsches Bild in der Öffentlichkeit erzeugt worden, wozu auch die angeblichen Erschließungsosten von 400.000 Euro zählten. „Dabei handelt es sich um eine reine Phantasie-Summe. Ich habe mit dem Projektanten gesprochen und bis heute gibt es keine Kostenschätzung“, so Steger, der sich enttäuscht darüber zeigt, dass die Landesregierung trotz aller positiven Gutachten und trotz der Befürwortung in der lokalen Bevölkerung offenbar dem Druck seitens der Öko-Lobby nachgegeben hat.
 
 
 
 
 
Die Vereinigung der Südtiroler Biolog:innen ist, so scheint es zumindest, inzwischen auf der Hälfte der Strecke wieder zurückgerudert. War in der der ersten Presseaussendung noch die Rede von Kosten in Höhe von 400.000 Euro für den Bau der Straße, so sind es in der aktuellen Presseaussendung plötzlich nur mehr 280.000 Euro, allerdings wiederum ohne Angabe, wie diese Summe zustande kommt. Auch der Hinweis auf den Mountainbike-Trail fehlt im heutigen Schreiben von Norbert Dejori, Vorsitzender der Südtiroler Biolog:innen, der sich jedoch sichtlich darüber freut, dass die Landesregierung „das umstrittene Projekt einer Zufahrtsstraße zur Lahner Alm im Ahrntal“ abgelehnt habe. „Sie ist damit den negativen Fachgutachten sowohl der Dienststellenkonferenz als auch jener der zuständigen Ämter gefolgt und hat die Entscheidung aufgrund sachlicher Überlegungen und fachlich fundierter Expertisen gefällt. Das ist erfreulich und löblich, war doch der Druck von Seiten der politischen Vertreter aus dem Ahrntal, die das Projekt auf alle Fälle realisieren wollten, erheblich“, so Dejori. Offenbar war der Druck seitens der Umweltverbände jedoch größer, die laut eines Berichts in der Tageszeitung (Ausgabe vom 1./2. Juni 2023) die Entscheidungsträger regelrecht erpresst hätten und im Vorfeld bereits Drohungen ausgesprochen hatten, in alle Richtungen dagegen vorzugehen.
Was den Besitzer der Alm betrifft, so wartet Hermann Benedikter die Übermittlung des Beschlusses der Landesregierung ab und wird sich weitere Schritte vorbehalten. „Die lokale Bevölkerung des Ahrntales und die Gemeindeverwaltung werden ihn dabei jedenfalls im Interesse des strukturschwachen ländlichen Raumes unterstützen“, erklärt der Prettauer Bürgermeister abschließend.