Ambiente | Fossile Energie

„Schmutzige“ Kohle

Verglichen mit Erdöl und Gas verursacht Kohle die meisten CO2 Emissionen. Während der Kohleverbrauch in den OECD-Ländern sinkt, steigt die Nachfrage in China und Indien.
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Bis in die Nachkriegszeit war Kohle weltweit der wichtigste Energieträger, bevor das Erdöl die dominierende Rolle im Energiesektor übernahm. Doch auch 2020 rangiert Kohle mit 27% Anteil am weltweiten Energieverbrauch nach Erdöl an zweiter Stelle. Kohle hat, verglichen mit Erdöl und Gas, mit Abstand die schlechteste CO2-Bilanz unter den fossilen Energien. Bei der Verbrennung von Kohle werden auch diverse gesundheitsschädliche Stoffe, wie Stickoxid, Schwefeldioxid und Schwermetalle ausgestoßen.

Die Länder mit den größten Kohlereserven sind die USA, Russland, Australien, China und Indien, diese 5 Länder verfügen zusammen verfügen über 75% der weltweiten Kohlereserven. Bei der Kohleproduktion und beim Kohleverbrauch steht China mit 50,7%, bzw. mit 54,3% mit großem Abstand an erster Stelle. Unter den 10 größten Kohleproduzenten rangiert Polen als einziges europäisches Land an 9. Stelle mit lediglich 1,1% an der weltweiten Kohleproduktion. Beim weltweiten Kohleverbrauch liegt Deutschland an 10. Stelle mit 1,2% des weltweiten Verbrauchs.

Entwicklung des Kohleverbrauchs

Während der weltweite Kohleverbrauch von 1965 bis zum Anfang des Millenniums nur geringe Wachstumsraten erreichte, stieg der Kohleverbrauch in den ersten 15 Jahren des neuen Millenniums stark an, danach kam es zu einer leichten Verringerung des Kohlekonsums. Das starke Wachstum fand ausschließlich in den Nicht-OECD Ländern statt, vor allem in China und Indien. Einerseits brauchen die wirtschaftlich stark wachsenden Schwellenländer immer mehr Energie, um ihre Fabriken und Stahlwerke mit billiger Energie zu versorgen und andererseits verfügen sie über große Kohle-Reserven. Der hohe Kohleverbrauch in China ist der Hauptgrund, weshalb China der größte CO2-Emittent der Welt ist. 2020 kam es weltweit wegen der COVID-Krise zu einem Rückgang des Kohleverbrauchs, vorläufige Daten für 2021 zeigen wieder eine wachsende Nachfrage nach Kohle, vor allem in China und Indien, was zu stark steigenden Kohlepreisen geführt hat.

Die meisten OECD-Länder haben ihren Kohlekonsum in den vergangenen 10 Jahren beträchtlich verringert. In der EU wurden Kohlekraftwerke durch Wind- und Solarstrom ersetzt, in den USA wurden, als Folge der steigenden Gasproduktion und der günstigen Gaspreise, anstelle von Kohlekraftwerken viele Gaskraftwerke errichtet.

Wofür wird Kohle verwendet?

Kohle wird in erster Linie als Brennstoff in Kraftwerken zur Stromerzeugung verwendet. Weltweit macht der Kohleverbrauch im Elektrizitätsgewinnungssektor über zwei Drittel des gesamten Kohleverbrauchs aus.  Im Jahr 2020 betrug der Stromanteil aus Kohlekraftwerken an der weltweiten Stromerzeugung 35%, kein anderer Energieträger hat einen so hohen Anteil im Stromgewinnungssektor. Je nach Land variiert der Kohleanteil bei der Stromerzeugung allerdings stark. In China belief sich 2020 der Anteil auf 63% und in Indien sogar auf 72%, in den USA wurden noch 20% der Elektrizität in Kohlekraftwerken generiert, während in der EU der Anteil nur mehr 13,5% betrug. In Italien machte 2020 Kohlestrom nur knappe 6% der gesamten Stromerzeugung aus. Gründe für diese großen Unterschiede sind einerseits die hohen Kohlereserven mancher Länder, die billige Energie liefern, andererseits sind die Bemühungen zur Verringerung der CO2-Emissionen nicht in allen Ländern gleich intensiv oder es fehlen die finanziellen Mittel, um rasch auf erneuerbare Energien umzusteigen. Die EU spielt mit ihrem „Green Deal“ eine Vorreiterrolle und plant im kommenden Jahrzehnt die Kohlekraftwerke abzuschalten und durch erneuerbare Energien zu ersetzen.

Ein beträchtlicher Teil des Kohlekonsums fällt im Industriesektor an. Koks-Kohle (metallurgische Kohle) wird bei der Stahl-Herstellung verwendet, um die Hochöfen zu befeuern. Auch bei der Zementproduktion wird Kohle genutzt.

Kohle wird auch als Rohstoff in der chemischen Industrie verwendet, zum Beispiel zur Herstellung von Kunststoffen und Farbstoffen.

In manchen Ländern wird Kohle auch als Brennstoff zum Heizen verwendet.

Kohleverflüssigung (CTL=coal to liquids) ist ein Prozess, bei dem Kohle in flüssiges Kohlenwasserstoffgemisch umgewandelt wird und zu flüssigen Brennstoffen oder chemischen Rohstoffen weiterverarbeitet wird. Die CTL-Technologie ist nicht neu, wird aber weltweit nur in sehr wenigen Ländern angewendet, da es eine sehr teure Technologie ist und zudem hohe CO2-Emissionen freisetzt.

Zukunftsaussichten für Kohle

Kohlestrom galt lange Zeit als günstig, doch die hohen Folgekosten durch Klimaschäden und Luftverschmutzung wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Kosten für Strom aus erneuerbarer Energie sind in den vergangenen Jahren stark gesunken und sind inzwischen in vielen Anlagen niedriger als die Kosten für Kohlestrom. Sinkende Rentabilität der Kohlekraftwerke, fallende Kosten für erneuerbare Energien, sowie die Einhaltung der Pariser Klimaziele werden in Zukunft  zu einer starken Reduzierung des Kohleverbrauch führen. Immer mehr Länder legen ihre Kohlekraftwerke still, allen voran die EU-Länder, aber auch in den USA nimmt Strom aus Kohlekraftwerken ab. Nur China und Indien bauen immer noch neue Kohlekraftwerke.

Um bis 2050 das „Null-Emissions-Ziel“* zu erreichen, müsste laut Internationaler Energiebehörde (IEA) der weltweite Kohleverbrauch bis zum Jahre 2050, verglichen mit 2020, um 90% sinken. Die noch verbleibenden Kohlekraftwerke müssten mit der Technologie der CO2-Abspaltung/Lagerung und Nutzung (CCS** = carbon capture and sequestration, CCU**= carbon capture and utilisation) ausgestattet sein. Diese ambitionierten Ziele werden wohl nicht bis 2050 erreicht werden, vor allem weil China*** und Indien nicht bereit sein werden so schnell ihre vielen Kohlekraftwerke stillzulegen und auch im Stahlsektor nicht so rasch Kohle durch saubere Energieträger oder alternative Technologien zu ersetzen.

Anmerkung: Kohledaten enthalten Steinkohle und Braunkohle.  1 Exajoule entspricht 40 Millionen Tonnen Steinkohle oder 95 Millionen Tonnen Braunkohle

*Die Internationalen Energieagentur (IEA) veröffentlichte im Mai 2021 den Bericht „Net Zero by 2050“, in welchem sie eine drastische Transformation der weltweiten Energieversorgung fordert, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Die Studie wurde auf Antrag der britischen Regierung, die bei der diesjährigen UNO-Klimakonferenz in Glasgow im November den Vorsitz hat, erstellt.

https://www.salto.bz/de/article/10062021/naht-das-ende-des-fossilen-zeitalters

**Eine Möglichkeit, die CO2-Bilanz von Kohle zu verbessern, besteht darin das bei der Verbrennung produzierte CO2 abzufangen und in unterirdische Lagerstätten zu pumpen, so dass es nicht in die Atmosphäre entweichen kann. Diese Technologie wird CO2-Sequestrierung (engl. Carbon Capture and Sequestration= CCS) genannt. Eine umweltfreundlichere Methode ist, das bei der Verbrennung abgefangene CO2 als Rohmaterial zu verwenden (CCU= Carbon Capture and utilisation), so können zum Beispiel  Kunststoffe aus CO2 gewonnen werden.

***Laut Präsident Xi Jinping strebt China an ab 2026 seinen Kohleverbrauch zu reduzieren.

 

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Gianguido Piani Ven, 09/10/2021 - 13:13

CO2-Sequestrierung - leider existiert diese Technologie noch nicht. Es wurden bisher nur einige Versuchsanlagen gebaut, die nicht besonders zufriedenstellend arbeiten. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Schwarze_Pumpe#Pilotanlage_zur_…
In einem nahe verwandtem Bereich, dem Verkehr, wird seit den 1990er Jahren eine Minderung des Autoverkehrs prognostiziert bzw verlangt. Ausgerechnet in diesen Tagen steht fest, dass der Verkehr in ST neue Höhenzahlen erreicht hat, Tendenz steigend. Mit den Kohlenkraftwerken wird es auch etwa so sein. Warum sollten Chinesen und Inder auf Billigstrom verzichten, wenn der Westen als erster nicht bereit ist zu sparen?

Ven, 09/10/2021 - 13:13 Collegamento permanente