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„Nachdenken darüber, was sich gehört“

Verena Tröger, vor Kurzem zur SVP-Obmann-Stellvertreterin aufgestiegen, findet klare Worte zur derzeitigen Situation und in welche Richtung sich die SVP entwickeln muss.
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Foto: Privat
Mit großer Mehrheit wurde auf der SVP-Landesversammlung am vergangenen Samstag (3. September) nicht nur Parteiobmann Philipp Achammer in seinem Amt bestätigt, sondern auch Verena Tröger, Bürgermeisterin der Gemeinde Laas, mit 55,16 Prozent der Stimmen zur Obmann-Stellvertreterin gewählt – neben Landesrätin Waltraud Deeg, die 38,27 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte.
 
Salto.bz: Frau Tröger, Sie haben bei den SVP-Wahlen mehr als nur einen Achtungserfolg erzielt.
 
Verena Tröger: Ich war selbst unglaublich überrascht und habe überhaupt nicht mit diesem Ergebnis gerechnet. Aber natürlich freut es mich – vor allem für den Vinschgau, für uns Frauen, aber auch für mich persönlich.
 
 
 
 
Der Vinschger Parlamentarier Albrecht Plangger hat seine Niederlage gegen Dieter Steger, als es darum ging, den SVP-Kandidaten für den Listenführer in der Kammer zu nominieren, als Katastrophe bezeichnet. Ist Ihre Wahl nun eine Art Wiedergutmachung?
 
Bei meiner Rede auf der SVP-Landesversammlung habe ich bereits darauf aufmerksam gemacht, dass es politisch nicht klug ist, wenn die kleinen Bezirke in unserem Land ihre politischen Vertreter in der Partei verlieren und dadurch die Anbindung. Das möchte ich auch hier nochmals betonen. Die Delegierten haben diesen Appell mit ihren Stimmen bestätigt.
 
Sie sind amtierende Bürgermeisterin von Laas. Spiegelt das Ergebnis auch den Versuch wieder, die Parteibasis wieder stärker miteinzubinden?
 
Ich bin der Meinung, dass man der Basis auf alle Fälle starkes Gehör schenken und die Gemeinden eng einbinden muss. Die Gemeinden sind der operative Arm und die Mitglieder der Ortsgruppen Meinungsbildner vor Ort.
 
Wurden Ihrer Meinung nach die Basis und die Gemeinden in der Vergangenheit zu wenig berücksichtigt?
 
Ja, dieser Eindruck ist in Vergangenheit oft entstanden. Wir leben in einer Zeit, in der vieles von einer schnellen und häufig auch oberflächlichen Kommunikation bestimmt wird. Die Mitglieder und Organisationen vor Ort entnehmen ihre Informationen bereits der Presse, bevor sie die Parteirundschreiben erreichen. Da entsteht schnell das Gefühl, dass man nicht wichtig ist. Das schadet dem Zugehörigkeitsgefühl.
 
 
Wir leben in einer Zeit, in der vieles von einer schnellen und häufig auch oberflächlichen Kommunikation bestimmt wird.
 
 
Alle Augen sind in Zeiten von Krisen auf den Obmann gerichtet. Welche Aufgabe kommt den Stellvertretern zu?
 
Es ist wichtig, dass der Stellvertreter und die Stellvertreterinnen zusammen mit dem Obmann Verantwortung übernehmen. Um eine Krise zu bewältigen, braucht es immer das verantwortungsvolle Zusammenspiel mehrerer. Wir werden uns in den kommenden Tagen zusammensetzen und gemeinsam einen Fahrplan entwickeln.
 
Gibt es Ihrerseits bereits bestimmte Vorschläge und Ideen?
 
Ja. Mir ist es wichtig, dass wir als Führungsteam eine gute Bestandsaufnahme und Analyse der Gesamtsituation machen, um dann die richtigen Schritte zu setzen. Es gibt aber auch gar einiges, wo wir relativ zügig handeln müssen: Die Teuerung und die Inflation, die unsere Bürgerinnen und Bürger belasten, und es stehen Wahlen vor der Tür, die unter Umständen großen Einfluss auf unser Land und unsere Autonomie haben werden.
Immer wieder gibt es Momente, in denen die moralische Integrität einzelner Funktionäre nicht den Wertvorstellungen entspricht, die man sich eigentlich von der Politik erwartet. Das führt zu einem enormen Vertrauensverlust bei den Menschen in unserem Land. Auf dieses Problem müssen wir als Führungsteam eingehen und zusammen mit allen Ebenen unserer Partei eine Antwort finden.
 
Die Frauen sind zur Stelle, wenn es darum geht, die Scherben zusammenzukehren und aufzuräumen …
 
… zu motivieren und ein Ziel zu verfolgen, mit Empathie und Umsicht aufzubauen und immer wieder für Ausgleich zu sorgen. Das sind Dinge, von denen wir Frauen viel verstehen.
 
 
 
 
 
Sie können auf eine umfangreiche und langjährige Tätigkeit als Gemeindepolitikerin verweisen. Welche Erfahrungen bringen Sie in Ihr neues Amt als Obmann-Stellvertreterin ein?
 
Von 2003 bis 2020 war ich im Gemeindeausschuss von Laas vertreten. 2020 wurde ich dann zur Bürgermeisterin gewählt. Natürlich ist man als Gemeindepolitikerin sehr nahe an den verschiedenen Bedürfnissen der Menschen. Politik muss sich um die Sorgen und Ängste der Menschen kümmern und Antworten finden, die die Gemeinschaft stärken – ohne dabei Eigeninteressen zu verfolgen und Ämter zu bekleiden, damit man „Jemand“ ist.
 
 
Man spürt die Existenzangst mancher Bürger, die sich die Frage stellen, wie es weitergehen soll.
 
 
Welche Sorgen plagen die Bürger?
 
Man spürt die Existenzangst mancher Bürger, die sich die Frage stellen, wie es weitergehen soll oder wie die Zukunft ihrer Kinder aussieht. Hinzu kommt die Sorge, dass die Politik sich nicht ernsthaft mit den Problemen beschäftig, sondern die Probleme benutzt, um auf populistische Art und Weise Stimmen zu ergattern und damit Wahlen zu gewinnen.
 
Wo sehen Sie die SVP in fünf Jahren?
 
(Lacht) Eine schwierige Frage. Die traditionellen politische Parteien verlieren in allen Ländern an Kraft. Die SVP ist seit vielen Jahrzehnten die Partei, die die Verantwortung für die Entwicklung in unserem Land trägt. Gerade deshalb steht sie auch dauernd unter starker Beobachtung und oft auch in der Kritik. Trotzdem ist die SVP für die Menschen in Südtirol seit Jahrzehnten der Garant für Entwicklung und Sicherheit. Das soll und wird so bleiben, wenn es uns gelingt, die Visionen für unser Land in den Mittelpunkt zu stellen und für unsere Kinder und deren Zukunft Verantwortung zu übernehmen. Wenn wir dabei nicht vergessen, immer wieder darüber nachzudenken, was sich gehört und was sich nicht gehört, dann schaffen wir es, dieser Garant zu bleiben.

 

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△rtim post Mer, 09/07/2022 - 14:22

Das lässt für die SVP hoffen!
Wer braucht denn schon diese bisherige Politik der ständigen Ankündigungen von Reformen und des neuen Durchstartens?
Das hören wir ja jetzt bereits schon seit mindestens 15 Jahren, zuerst von Elmar Pichler Rolle, seit 10 Jahren von Arno Kompatscher und von Philipp Achammer auch schon seit 8 Jahren.
Es braucht neues Personal.
Was zählt, ist letztendlich das, was bei den Menschen ankommt und als Ergebnis herauskommt.

Mer, 09/07/2022 - 14:22 Collegamento permanente